Renaturierung im Einklang mit der Land- und Forstwirtschaft

Foto: Drei Kühe stehen auf einer Wiese direkt an einem Gewässer.zum Vergrößern anklicken
Gewässerentwicklung und landwirtschaftliche Nutzung

Natürliche Fließgewässer verändern sich und ihr wirtschaftlich genutztes Umfeld ständig. Wenn man die Interessen der Land- und Forstwirtschaft bei Renaturierungsprojekten frühzeitig berücksichtigt, können Konflikte vermieden werden.

Quelle: Olha Rohulya / Fotolia

Land- und Forstwirtschaft sind unverzichtbar für einen partnerschaftlichen Gewässerschutz. Berührungspunkte sind insbesondere die Flächenbereitstellung für Renaturierungsprojekte, die gewässerschonende Bewirtschaftung und die Reduzierung von Stoffeinträgen in Flüsse und Bäche.

Inhaltsverzeichnis

Der überwiegende Anteil der Flüsse und Bäche in Deutschland fließt durch land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen. Hier treffen die Interessen der Landbewirtschaftung und einer ökologischen ⁠Gewässerentwicklung⁠ aufeinander. Begegnen sich Wasser-, Land- und Forstwirtschaft auf Augenhöhe, lassen sich Fließgewässerrenaturierungen im Umfeld von Weiden, Ackerflächen und Forsten konfliktarm und lösungsorientiert realisieren (DVL & ⁠UBA⁠ 2010).

 

Kooperation mit der Landwirtschaft für Flächenbereitstellung

Renaturierungsmaßnahmen beanspruchen oftmals landwirtschaftlich genutzte Flächen. Um Konflikten entgegenzuwirken bieten sich z. B. Flächenerwerb, Flächentausch, Pacht oder Einbeziehung der Land- und Forstwirtschaft in Pflegemaßnahmen an. Mehr dazu: Flächenbereitstellung für Gewässerrenaturierungen, Kooperatives Flächenmanagement als Erfolgsfaktor für Renaturierung der Ahr

Die größten Chancen für eine konstruktive Zusammenarbeit bestehen dann, wenn Land- und Forstwirtschaft frühzeitig in die Planung der Renaturierungsmaßnahmen einbezogen werden. Voraussetzung hierfür ist ein vorausschauendes und langfristig angelegtes Flächenmanagement. Dieses kann z. B. die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der Tausch von Flächen oder die Neuordnung von Wirtschaftswegen im Rahmen einer Renaturierung für die landwirtschaftlichen Betriebe vorteilhaft organisiert werden. Mehr dazu: Effektive Umsetzung durch langfristig angelegtes Flächenmanagement an der Nebel, Flächenankauf als Grundvoraussetzung für langfristige Entwicklung der Wümmeniederung, Landwirtschaft gibt Flächen ab für Renaturierung der Wern

Insbesondere bei langfristigen und großräumigen Vorhaben bewähren sich projektbegleitende Arbeitsgruppen, bei denen die landwirtschaftlichen Interessengruppen in Entscheidungen eingebunden sind (LWK-NRW 2014 & 2017). Für konfliktarme Lösungen können gemeinsame Rahmenvereinbarungen geschlossen werden , in denen die Bedingungen einer Kooperation von Landwirtschaft und Wasserwirtschaft definiert sind (Beispiel: "Kooperativer Wasserschutz" in Nordrhein-Westfalen). Mehr dazu: Frühe Einbindung der Landwirtschaft verhindert Missverständnisse an der Hase

Foto: Im Vordergrund Fließgewässer mit deutlich erkennbarer Ufererosion. Direkt dahinter ein Traktor, der ein Feld bearbeitet.
Kooperation mit der Landwirtschaft bei Renaturierungen

Eine naturnahe Gewässerentwicklung beansprucht oftmals landwirtschaftlich genutzte Flächen. Deshalb sind Land- und Forstwirtschaft frühzeitig in die Planung der Renaturierungsmaßnahmen einzubeziehen.

Quelle: Paul Vinten / Fotolia
 

Freiwillige Maßnahmen der Landwirtschaft honorieren

Die Honorierung freiwilliger Leistungen landwirtschaftlicher Betriebe ist ein zentraler Baustein für einen kooperativen Gewässerschutz. Sie kann z.B. in Form von Agrarumweltprogrammen und anderen Umweltförderprogrammen erfolgen. Diese bieten die Bundesländer, meist mit finanzieller Unterstützung der EU und des Bundes an. Mehr dazu: Finanzierung und Förderung von Gewässerrenaturierungen und Fachliche Unterstützung für Gewässerrenaturierungen

 

Gewässerschutzberatung ausbauen

Landwirtschaftliche Betriebe sehen sich einer immer größeren Fülle an gesetzlichen Vorgaben und Anforderungen gegenüber. Gewässerschutz ist für sie nur einer von vielen Aspekten. Eine gute Beratung, die zielgerichtet Hilfe und Information liefert, wird deshalb immer wichtiger. Die Beratung zur gewässerschonenden Landbewirtschaftung bietet Chancen für beide Seiten. Landwirtschaftliche Betriebe entwickeln ein besseres Verständnis für die Ziele des Gewässerschutzes. Beratende Institutionen erhalten Einblicke in die Situation der landwirtschaftlichen Betriebe.

Für die Umsetzung der Beratung können Gewässerschutzberatende der Bundesländer ebenso kontaktiert werden wie Teammitglieder von Landschaftspflegeverbänden, in denen Landwirtschaft und Naturschutz bereits auf regionaler Ebene zusammenarbeiten (siehe z. B. Labertalprojekt und Fachliche Unterstützung für Gewässerrenaturierungen).

Foto: Getreidefeld, das bis an die Uferkante eines sehr geradlinig verlaufenden Baches heranreicht.
Landwirtschaft und Gewässerentwicklung im Einklang

Insbesondere im Gewässernahbereich ist eine Abstimmung der verschiedenen Nutzungsinteressen wichtig.

Quelle: leningrad1975 / Fotolia
 

Gewässerschutz mit der Land- und Forstwirtschaft

Renaturierungen, die auf die Verbesserung der ⁠Gewässerstruktur⁠ abzielen, sind nur erfolgreich, wenn auch alle anderen Faktoren berücksichtigt werden, die die Tier- und Pflanzenwelt eines Gewässers beeinträchtigen können (z.B. übermäßiger Eintrag von Nährstoffen, also Stickstoff- und Phosphorverbindungen, aus landwirtschaftlichen Flächen). Kleine Fließgewässer in Wald und Flur sind nicht automatisch naturnah. Land-und forstwirtschaftlich genutzte Flächen sind Produktionsstätten, dabei bleibt die Beeinträchtigung von Fließgewässern nicht aus (FVA 2004). Im Zuge von Renaturierungen ist es deshalb häufig sinnvoll, die landwirtschaftliche Nutzung in Gewässernähe zu extensivieren. Mehr dazu: Hase: Kooperation mit Landwirtschaft zur Auenrevitalisierung

Gewässerschutz kann nur gemeinsam mit der Landwirtschaft erfolgreich sein. Die ⁠UBA⁠-Broschüre "Gewässerschutz mit der Landwirtschaft" (2010) will für einen breiteren Einsatz gewässerschonender Maßnahmen werben und aufzeigen, dass Gewässerschutz nicht mit Ertragseinbußen einhergehen muss und letzten Endes allen Beteiligten zugutekommt. In manchen Fällen wirken sich Renaturierungsmaßnahmen positiv auf die Landwirtschaft aus, z. B. weil sie Weideflächen vor Dürreschäden schützen.

Gewässerrandstreifen⁠ - Eintrag von ⁠Totholz⁠ fördern

Totholz, also abgestorbene Bäume oder deren Teile, entsteht durch natürliche Absterbeprozesse der Gehölze im Gewässerrandstreifen, aber auch durch forstliche Eingriffe. Wenn es die Abflussverhältnisse zulassen, ist es vorteilhaft, Totholz in den Fließgewässern zu belassen, denn durch Totholz wird die Vielfalt von Gewässerstrukturen, Lebensräumen und Arten gesteigert. Das Nahrungsangebot für aquatische Organismen wird erhöht und Totholz trägt durch seine Wasserrückhaltung zum dezentralen Hochwasserschutz bei. Mehr dazu: Gehölzmanagement im Gewässerrandstreifen der Wern bei Zeuzleben

Gewässerumfeld im Wald – Standorttypische Laubbäume statt Fichten

Aus gewässerökologischer Sicht sind Fichten keine geeigneten Bäume für ufernahe Standorte:

  • Nadelstreu nachteilig für Nährstoffsituation im Gewässer - Fichtennadeln sind von zersetzenden Organismen im Wasser schlecht zu verarbeiten. Sie tragen somit nicht zur Nahrungskette bei.
  • Lichtmangel – Durch sehr dicht bis ans Ufer gepflanzte Fichten kommt kaum noch Licht an das Gewässer. Das Pflanzenwachstum im Gewässer verringert sich und ein Teil der Nahrungskette fällt aus (BUND 2013).
  • Wassermangel – Fichten haben einen hohen Wasserbedarf, der eine übermäßige Austrocknung des Gewässerumfeldes hervorruft und die dort ansässigen Lebensgemeinschaften beeinträchtigt.
  • Barrierewirkung – Zahlreiche Insektenarten durchlaufen einen Lebenszyklus, der als Larve im Wasser beginnt und als Fluginsekt endet. Im Wasser werden die Tiere bachabwärts "verdriftet". Viele Insekten gleichen diese Drift durch einen bachaufwärts gerichteten Kompensationsflug aus. Geschlossene Fichtenbestände behindern diese Aufwärtswanderung, weil sie die Sicht- und Temperaturverhältnisse entlang der Fließgewässer verändern und so die Orientierung der Insekten stören (Bönecke 2002).

Im Zuge von Durchforstungen sollten Fichten daher aus dem Uferbereich der Waldbäche entfernt werden. An ihre Stelle können Laubholzarten wie Schwarzerle, Esche, Traubenkirsche, Baum- und Strauchweiden treten, die natürlicherweise im Uferbereich vorkommen. Mehr dazu: Anlage von breiten Gewässerrandstreifen an der Helme

Gewässerschonendes Wirtschaften in der ⁠Aue

Durch gewässerschonende Praktiken können Beeinträchtigungen von Fließgewässern in land- und forstwirtschaftlichen Flächen vermieden werden:

  • Innerhalb von Bachauen sollte auf den Einsatz von Großmaschinen (z. B. Vollernter) verzichtet werden, um Bodenschäden an Ufer und Aue zu vermeiden.
  • Beim Neubau von Wirtschaftswegen sollte die Bachaue gemieden werden.
  • Bei Kreuzungen von Bächen und Wirtschaftswegen sollte auf die Durchgängigkeit der Gewässer geachtet werden. Brücken oder Furten sind günstiger als Verrohrungen (Keuneke 2011).
  • Es sollten naturnahe bachbegleitende Streifen mit standorttypischen Gehölzen entwickelt und der Laubholzanteil erhöht werden.
<>
 

Literaturangaben

Links Landwirtschaft

Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Fließgewässer  Renaturierung  Kulturlandschaft  Ackerbau  Grünland  Wald  Forst