Der Tourismus ist als Wirtschaftszweig und Wachstumsbranche sowohl angebots- und nachfrageseitig abhängig vom Wetter, da eine Vielzahl von touristischen Aktivitäten im Freien stattfindet. Dementsprechend wird der Tourismus auch von klimatischen Veränderungen beeinflusst. Diese betreffen touristische Angebote und Regionen in sehr unterschiedlicher Weise.
Auswirkungen des Klimawandels auf den Wintertourismus
Klimaszenarien für verschiedene Destinationen prognostizieren bis 2050 einen Anstieg der Temperatur im Winter um 1.8°C gegenüber 1990. Zudem werden in mittleren Höhenlagen Niederschläge häufiger in Form von Regen statt Schnee fallen. In Folge wird die Schneefallmenge sinken, was sich wiederum auf die Schneebedeckung und die Anzahl der Schneetage auswirken wird. Dies bewirkt letztlich eine Abnahme der natürlichen Schneesicherheit, die eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg einer wintertouristischen Urlaubsregion darstellt.
Der Skitourismus (z.B. Alpinski, Snowboard, Langlauf) ist die vom Klimawandel am stärksten betroffene touristische Winteraktivität. Der Wegfall der natürlichen Schneesicherheit kann mit deutlichen Einschränkungen des Skiangebots und teilweise mit dessen Wegfall einhergehen. In niedrigen Lagen bewirkt der Klimawandel einen späteren Saisonstart und ein früheres Saisonende und führt somit insgesamt zu einer kürzeren Saisondauer. Dies kann zu wirtschaftlichen Einbußen führen. Auch der Skilanglauf unterliegt dem Risiko von wenig oder gar keinem Schneefall in einzelnen Jahren, was die Aktivität auf lange Sicht unmöglich machen kann.
Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird erwartet, dass alpiner Wintersport in den Mittelgebirgen nicht mehr möglich sein wird. Vermutlich wird es auch Ende des 21. Jahrhunderts bei entsprechender Ausstattung mit Beschneiungsanlagen noch schneesichere Skigebiete geben. Dies ist jedoch mit einem deutlich höheren Beschneiungsaufwand verbunden. Für andere Aktivitäten (z.B. winterliche Spaziergänge, Wanderungen) ist Schnee hingegen lediglich eine Bedingung, die zur Attraktivität eines Urlaubsortes beiträgt. Eine Reduzierung der natürlichen Schneesicherheit führt somit auch nicht direkt zur Einschränkung dieser Angebote. In Küstenregionen ist das Vorhandensein einer „Winteratmosphäre“ mit niedrigen Temperaturen für den Tourismus förderlich.
Der Sommertourismus wird im Wesentlichen von den Klimafaktoren Lufttemperatur, Wassertemperatur, Sonnenscheindauer und Niederschlag beeinflusst. Geht man von vorhandenen Szenarien aus, so zeigt sich durch steigende Temperaturen, geringere Niederschläge sowie eine Verlängerung der Sommersaison grundsätzlich eine Verbesserung der klimatischen Bedingungen für den Sommertourismus. Die einzelnen Typen des Sommertourismus unterscheiden sich dabei in ihren klimatischen Ansprüchen und der Stärke der Abhängigkeit. Zudem hängen die Auswirkungen stark von der geographischen Lage der Urlaubsregion ab.
Der Bade- und Strandtourismus dürfte von steigenden Lufttemperaturen, einer höheren Sonnenscheindauer, geringeren Sommerniederschlägen, einer Verlängerung der Sommerperiode sowie einem Anstieg der Oberflächenwassertemperaturen profitieren. Negativ könnte sich eine damit einhergehende Verschlechterung der Wasserqualität der Badegewässer auswirken (z.B. durch „Algenblüten“). Längerfristige Badeverbote würden dem Bade- und Strandtourismus schaden. Risiken ergeben sich zudem durch eine Zunahme an Hitzetagen, die zu einer Hitzebelastung von vulnerablen Personengruppen (z.B. ältere Menschen, Kleinkinder) führen kann. Durch längere Trockenperioden kann der Wasserstand in Badebereichen beeinflusst werden und so die Bademöglichkeiten einschränken. Die Intensivierung touristischer Nutzung kann zudem zu einer erhöhten Belastung sensibler Küstenökosysteme führen.
Die Aktivitäten Wandern, Nordic Walking und Spazierengehen werden von vielen Erholungssuchenden in ihrem Sommerurlaub ausgeübt. Über das gesamte Jahr hinweg werden sich die klimatischen Rahmenbedingungen für diese Aktivitäten insgesamt verbessern. Insbesondere die Frühjahrs- und die Herbstsaison werden attraktiver. Hierfür ist vor allem die Erhöhung der Sonnenscheindauer verantwortlich. Aufgrund des angenehmen Klimas in den Bergen wird mit einer Zunahme des Gebirgs- und Alpintourismus (z.B. Bergwandern, Klettern, Hochgebirgstouren) gerechnet. Davon profitieren werden die Gast- und Beherbergungsbetriebe. Beeinträchtigungen können bei ausgedehnten Wanderungen durch schwere Gewitter eintreten. Eine Bedrohung für das Berg- und Hochgebirgswandern und Klettern stellt die Zunahme von Naturgefahren wie Lawinen, Steinschläge und Erdrutsche dar, hervorgerufen durch starke Niederschläge und das Auftauen des Permafrosts in höheren Gebirgslagen. Zudem können hierdurch Wanderwege, Steige, Berghütten sowie Seilbahn- und Liftanlagen geschädigt werden.
Viele der in Deutschland aus Naturschutzsicht geschützten Landschaftsteile (z.B. Nationalparks, Biosphärenreservate, Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete) besitzen eine hohe Bedeutung für den Tourismus und bieten besondere Naturerlebnisangebote (z.B. Führungen, Lehrpfade) an. Im Hinblick auf den Klimawandel wird erwartet, dass dieser Schutzgebietstourismus durch die Temperaturerhöhung und einer verlängerten Saison ebenfalls verbesserte Rahmenbedingungen vorfindet, die den Aufenthalt in der Natur begünstigen werden. Negative Effekte werden hier u.a. durch den Verlust an Biodiversität sowie Beeinträchtigungen der Naturerlebnisse durch Wetterextreme erwartet.
Der Radtourismus (Radfahren, Mountainbiken) gehört neben dem Bade- und Wandertourismus zu den beliebtesten Urlaubsarten im Sommer. Auch hier wirkt sich eine Verlängerung der Saison grundsätzlich positiv aus. Insbesondere die Frühjahrs- und Herbstsaison werden attraktiver. Radtourist*innen können durch Starkregenereignisse und längere Hitzeperioden betroffen sein. So können Hitzetage die üblichen Streckenabschnitte pro Tag einschränken und zu gesundheitlichen Problemen führen. Beim Mountainbiken kommen bei starken Niederschlägen zudem Gefahren durch Erdrutschungen und Steinschlag hinzu.
Für Wassersportaktivitäten (Kanusport, Wildwasserfahren und Segeln) ist der Einfluss des Klimawandels auf die Gewässer und insbesondere die Wassertiefe von besonderer Relevanz. Da alle Flüsse und Seen nur bei geeigneten Wasserständen befahren werden, gefährdet ein niedriger Wasserstand durch eine Abnahme der Sommerniederschläge die Sportausübung insgesamt. In flachen Gewässern steigt zudem die Gefahr der Grundberührung oder der Sedimentaufwirbelung, wodurch es vermehrt zu ökologischen Belastungen kommen kann.
Bei den Auswirkungen des Klimawandels auf den Golftourismus wird davon ausgegangen, dass sich durch den Klimawandel voraussichtlich die Golfsaison insgesamt verlängert. Je nach Region wird allerdings mit erheblichen Problemen durch Trockenheitsstress gerechnet, wodurch erhebliche Schäden an der Rasenvegetation auftreten können. Der Wasserbedarf der Rasenflächen ist in heißen Sommerperioden dementsprechend hoch.
Beim Gesundheitstourismus handelt es sich um Reisen, bei denen medizinische Behandlungen und Gesundheitsdienstleistungen den Schwerpunkt bilden. Zweck des Aufenthalts sind die physische und psychische Prävention oder die Wiederherstellung der Gesundheit. Die Angebote konzentrieren sich auf Kurorte, Heilbäder sowie Fitness- und Wellnesseinrichtungen. Zu deren Angeboten zählen u.a. Vorsorge- und Rehabilitationskuren, Kompaktkuren und Anschlussrehabilitationsmaßnahmen, Gesundheits- und Wellnessurlaub, Erholung, Sport und Freizeit. Dem Gesundheitstourismus wird in Deutschland generell ein hohes Zukunftspotenzial zugeschrieben, u.a. aufgrund des gestiegenen Gesundheitsbewusstseins. Auf die vielfältigen Facetten des Gesundheitstourismus können die erwarteten klimatischen Veränderungen sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Der Gesundheitstourismus könnte durch den Klimawandel gestärkt werden, da die Mehrzahl der Angebote Indoor-Angebote sind und hier die Klimarisiken für Menschen deutlich geringer sind, insbesondere gegenüber der Hitzebelastung. Auf der anderen Seite können im Sommer aber auch Wellnessangebote, die auf Hallen- und Thermalbädern beruhen, aufgrund der steigenden Temperaturen an Attraktivität verlieren, beispielsweise gegenüber anderen angebotenen Aktivitäten, wie Baden, Radfahren oder Wanden. Gleichzeitig ist eine räumliche Verschiebung der Nachfrage in höhere und damit kühlere Lagen bzw. eine Wiederbelebung der klassischen „Sommerfrische“ möglich, eine Entwicklung, von der die Sparte der alpinen Wellnessanbieter bei Bereitstellung attraktiver Angebote, die auf die Bedürfnisse „hitzegeplagter“ Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner ab- gestimmt sind, profitieren würde. Bei den Outdoor-Aktivitäten des Gesundheitstourismus zu möglichen Einschränkungen für Tourist*innen durch die Zunahme von Hitzetagen oder durch abrupte Wetterwechsel kommen. Insbesondere ältere, gesundheitlich vorbelastete aber auch sportlich aktive Menschen können bei Hitzeperioden in den Sommermonaten oder abrupten Witterungswechseln gefährdet sein. Weitere den Gesundheitstourismus betreffende klimatische Einflüsse hängen mit der Wasserqualität an Meeresstränden und Binnengewässern zusammen, die bestimmten Hygieneanforderungen genügen müssen. Ferner können bioklimatische Faktoren wie UV-Belastung oder Lufthygiene durch den Klimawandel beeinflusst werden, beispielsweise durch die Veränderung von Strahlungsintensitäten und Pollenflugzeiten. Die Ausbreitung von Allergenen, wie diverse Heuschnupfen- und/oder Asthma-auslösende oder -verschlimmernde Pollenarten könnte sich auf den Gesundheitstourismus angebotseinschränkend auswirken.
Schäden an touristischen Infrastrukturen und Betriebsunterbrechungen
Extremwetterereignisse wie Starkregen, Stürme, Sturmfluten, Hoch- und Niedrigwasser können zu Schäden an touristischen Infrastrukturen (z.B. Wander- und Radwege, Straßen, Wasser- und Wintersportinfrastrukturen) und zu Unterbrechungen des Betriebs von touristischen Einrichtungen (z.B. Beherbergungsbetriebe, Wirtshäuser) führen. Dies betrifft alle Tourismusregionen und -typen in Deutschland. In den Küstenregionen können starke Stürme und Sturmfluten zu Betriebsunterbrechungen als auch zu Schäden an Hafen- und Strandinfrastrukturen, Strandsperrungen bis hin zum Verschwinden ganzer Strände führen. Starkregenereignisse begünstigen Erdrutsche an Steilküsten, die ebenfalls zu Schäden an touristischen Infrastrukturen führen können. Unterbrechungen von Badeaktivitäten können aufgrund gesundheitsschädlicher Mikroorganismen auftreten, deren Wachstum von hohen Wassertemperaturen und Nährstoffgehalten profitiert. In Folge von Flusshochwasser können in Überflutungsgebieten Einschränkungen des Betriebs und Schäden an Rad- und Wanderwegen, Hotels und Gaststätten sowie Straßen und Gleisen auftreten. Überdies kann Niedrigwasser punktuell zu Einschränkungen des touristischen Schifffahrtsbetriebes sowie des Wassersports führen. In Folge von Sturmschäden kann es zu Warnungen und zu Sperrungen von Wegen durch Wälder und Forsten kommen. In diesem Zusammenhang sind außerdem Waldbrände als Risikofaktoren zu nennen. In den Bergregionen können durch Lawinen und Hangrutsche wichtige Infrastrukturanlagen des Wintertourismus wie Masten von Skiliften, Bergbahnstationen, Lawinenverbauungen und Verkehrswegen beschädigt werden. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen können Betriebsunterbrechungen und Schäden an Infrastrukturen bei laufenden Kosten existenzbedrohend sein.
Auswirkungen auf die Nachfrage
Ändern sich das Klima und das Wettergeschehen in einer Tourismusregion, kann dies langfristig und kurzfristig zu Änderungen der Nachfrage nach bestimmten touristischen Dienstleistungen führen. Schnelle Reaktionen auf langfristige klimatische Veränderungen sind derzeit nicht zu erwarten. Kurzfristig wirken sich eine höhere Variabilität des Wetters und häufigere Extremwetterereignisse, die mit Betriebsunterbrechungen einhergehen können, tendenziell senkend auf die Nachfrage aus. Je nachdem, auf welche Weise das Wettergeschehen die Entscheidung für eine Urlaubsreise beeinflusst, können kurz- bis mittelfristige klimatische Änderungen dazu führen, dass eine Reise verschoben wird (zeitliche Verlagerung der Nachfrage), die Reise in eine andere Urlaubsregion stattfindet (räumliche Verlagerung der Nachfrage) oder dass ein alternatives touristisches Angebot wahrgenommen wird (segmentale Verschiebung der Nachfrage). So kann beispielsweise ausbleibender natürlicher Schneefall mit langfristig abnehmenden Zeiträumen mit Schneebedeckung in bestimmten Regionen die touristische Nachfrage nach Skifahren verringern. Skitourist*innen haben nunmehr folgende Optionen: Skifahren nur in Saisonzeiten mit ausreichend Schnee, Wahl eines anderen Skigebiets oder Wahl einer anderen Aktivität statt Skifahren.
An den deutschen Küsten und an Binnengewässern könnte die Zunahme der Luft- und Wassertemperatur, insbesondere in den frühen und späten Sommermonaten, kurz- bis mittelfristig zu einer steigenden Nachfrage nach Strand- und Badetourismus führen. Stattdessen können sich hier langfristig der Meeresspiegelanstieg sowie die Überschneidung von Zeiten hoher Sturmintensität mit der Urlaubssaison negativ auf die touristische Nachfrage auswirken. Angesichts der projizierten Zunahme der Hitzebelastung im Sommer kommt es in der heißesten Jahreszeit tendenziell zu einer Zunahme der Nachfrage nach touristischen Angeboten in kühleren Regionen, wodurch neben den Küstenregionen auch die Mittelgebirge profitieren könnten. In Zusammenhang mit Attraktivitätsverlusten der klassischen Badeziele in der Mittelmeerregion durch Sommertemperaturen von z.T. über 40°C kann es zu einer Verlagerung des Sommertourismus aus südlichen Regionen nach Deutschland kommen.
Angesichts der Komplexität von Reiseentscheidungen sind Aussagen zu zukünftigen Änderungen der Nachfrage auf Grund des Klimawandels mit großen Unsicherheiten verbunden. Im Zusammenspiel aller Einflussfaktoren (z.B. ökonomische Situation, Reisemotive, Präferenzen der Urlaubenden, Angebotsveränderungen Mobilitätsauflagen und –kosten) auf die touristische Nachfrage wird der Einfluss des Klimawandels in den kommenden Jahren eine eher nachgeordnete Rolle spielen.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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