Die EU-Kommission hatte vorgegeben, mit 40 Prozent der Gesamtmittel der neuen GAP zum Klimaschutz beizutragen. Den freiwilligen Öko-Regelungen der ersten Säule und den Agrarumweltmaßnahmen der zweiten Säule wurde sogar eine 100-prozentige Klimaschutzwirkung zugeschrieben. Ambitionierte Ziele, die schon seit längerem in der Kritik stehen.
Die Ergebnisse eines im Auftrag des Umweltbundesamtes vom Öko-Institut und der Universität Rostock durchgeführten Gutachtens bestätigen nun, dass die 1. Säule der GAP kaum dazu beiträgt, die Klimaziele zu erreichen:
- Insgesamt lassen sich durch die Maßnahmen und mit den bereitgestellten Mitteln der 1. Säule zusätzliche THG-Minderungen von 1,0 bis zu 1,4 Mio. t CO2e (CO2-Äquivalente) erzielen, davon ca. 0,9 Mio. t CO2e im Landwirtschaftssektor und 0,1 bis zu 0,5 Mio. t CO2 im LULUCF-Sektor. Werden auch Gelder der
2. Säule berücksichtigt, die zur Umsetzung der Öko-Regelung 3 "Agroforstsysteme" erforderlich sind, können Minderungswirkungen bei vollständiger Umsetzung der Flächenziele in Höhe von 1,2 bis 3,1 Mio. t CO2e erzielt werden. Insgesamt tragen die Maßnahmen der 1. Säule zu etwa 8 Prozent der bis 2030 notwendigen Treibhausgas-Minderungen im Sektor Landwirtschaft bei. Damit bleibt der Minderungsbeitrag der 1. Säule hinter ihren Möglichkeiten zurück. Außerdem ist die Umsetzung der Ökoregelungen freiwillig. Hier bleibt abzuwarten, wie diese von den Landwirtinnen und Landwirten angenommen werden. - Statt zu 100 Prozent – wie von der EU-Kommission vorgesehen – tragen die Gelder für Ökoregelungen nur zu gut 20 Prozent zum Klimaschutz bei.
- Erste Schätzungen zeigen, dass der Klimaschutzbeitrag der Direktzahlungen nur bei drei bis vier Prozent liegt.
- In der 2. Säule sind effektive Klimamaßnahmen denkbar, die langfristige Strukturveränderungen in der Landwirtschaft z.B. bei der Tierhaltung und für den Moorschutz einleiten könnten. Die Wirkung dieser Maßnahmen konnte bislang nur sehr oberflächlich geschätzt werden.
- Bezieht man auch die Mittel der zweiten Säule für den Umwelt- und Klimaschutz mit ein, beträgt der klimawirksame Anteil der GAP-Mittel zwischen 10 und 20 Prozent an den gesamten Ausgaben. Damit wird das Ziel 40 Prozent der GAP-Mittel für den Klimaschutz einzusetzen, nicht erreicht.
Die Empfehlungen des Gutachtens:
Die Bundesregierung sollte jetzt den nationalen Gestaltungsspielraum nutzen, um den Klimaschutz in der GAP zu stärken. Möglichkeiten bestehen u.a. in den folgenden Bereichen:
- Maßnahmen mit einer großen Klimaschutzwirkung werden bislang nicht (Tierbestand und Moore) oder nicht ausreichend (Stickstoffeffizienz) unter der ersten Säule adressiert. In diesen Bereichen sollten zusätzliche, klimawirksame Öko-Regelungen eingeführt und attraktiv vergütet werden.
- Die rund eine Milliarde Euro, die in der ersten Säule für Öko-Regelungen bereitstehen, sollten aufgestockt werden und könnten dann effektiver helfen die Klimaziele zu erreichen. Hierbei ist auf eine gute Abstimmung und Ergänzung der Programme der 2. Säule zu achten.
- Die 2. Säule ist eine bewährte Möglichkeit mehrjährige und zielorientierte Maßnahmen des Umwelt- und Klimaschutzes zu finanzieren. Sie ist jedoch unterfinanziert. Daher sollten die Möglichkeiten der Umschichtung von Geldern aus der ersten in die zweite Säule voll ausgeschöpft werden.
Die EU-Kommission sollte die Berechnungen der Klimawirksamkeit verbessern etwa indem maßnahmendifferenzierte Marker für die Öko-Regelungen angewendet werden. Die pauschale Zuordnung der Rio-Marker-Methode führt in letzter Konsequenz dazu, dass finanzielle Mittel für den Klimaschutz in der Landwirtschaft fehlen, da die Klimawirksamkeit der etablierten GAP-Instrumente deutlich überschätzt wird.
Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen des Policy Papers finden Sie hier.
Den Abschlussbericht des Gutachtens, der auf Grund einer methodischen Änderung im Juni 2023 in 2. Auflage erschienen ist, finden Sie hier.
Ein begleitendes Factsheet zum Thema Klimawirkung der Öko-Regelung zu Agroforstmaßnahmen - Aktualisierung der Wirkungsabschätzung für die aktuelle GAP-Förderperiode finden Sie https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/dokumente/klimawirkung_der_oeko-regelung_zu_agroforstmassnahmen.pdf