DAS-Handlungsfeld Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung können die Anpassung an den Klimawandel in zwei wesentliche Richtungen unterstützen. Zum einen können sie auf den jeweiligen Planungsebenen gezielt die Risikovorsorge fördern und die Flächennutzung so steuern, dass bestehende oder zu erwartende Klimarisiken beispielsweise durch extreme Wetter- und Witterungsereignisse und ihre Folgen gemindert werden. Zum Beispiel können mit den verschiedenen Planwerken die Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung in risikoarme Bereiche gelenkt, Überschwemmungsbereiche als Retentionsräume gesichert oder Freiräume als klimatische Ausgleichsbereiche oder für die Vernetzung von Lebensräumen geschützt werden.
Zum anderen können Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung dazu beitragen, Nutzungsansprüche und -erfordernisse, die sich als Folge des Klimawandels verändern, untereinander und mit den sich ändernden landschaftlichen Potenzialen planerisch in Einklang bringen.
Der Klimawandel trifft Deutschland nicht überall gleich. Die Auswirkungen der meteorologischen Veränderungen hängen unter anderem von regionalspezifischen Einflussfaktoren und Vulnerabilitäten ab. Die Regionen müssen sich ihren individuellen Herausforderungen stellen und die erwarteten Folgen möglichst frühzeitig und umfassend in ihren Planungsprozessen berücksichtigen. Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung selbst sind den Einflüssen von Wetter und Witterung allerdings weder unmittelbar ausgesetzt noch von diesen abhängig und insofern nicht direkt von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Aus diesem Grund werden im DAS-Monitoring keine Aussagen zu Klimawandelfolgen für das Handlungsfeld getroffen.
Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung sind in der Klimawirkungs-und Risikoanalyse 2021 als ein gemeinsames Querschnittsfeld geführt. Klimawirkungen wurden für das Handlungsfeld in der KWRA daher nicht beschrieben und entsprechend auch keine Klimawirkungsbewertungen durchgeführt. Mit ihren Planungsinstrumenten geben Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung auf der jeweiligen Ebene vor allem die planerischen Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Anpassungsprozessen vor. Nach den Ergebnissen der im Rahmen der KWRA durchgeführten Erhebung ist es wichtig, Anpassungsmaßnahmen in Regionalplanungsprozessen umfassender zu berücksichtigen. Dies kann unter anderem durch eine Stärkung der Klimaanpassung als expliziten Abwägungsgrund gelingen. Angesichts der für die Zukunft in Deutschland angenommenen Klimarisiken besteht insbesondere Bedarf an der Abwägung von Nutzungsinteressen natürlicher Ressourcen (Wasser, Boden).
Landes- und Regionalplanung setzen die Anpassung an den Klimawandel explizit oder implizit in den raumordnerischen Zielen und Grundsätzen sowie in zeichnerischen Festlegungen der überörtlichen Planwerke für ihren jeweiligen Geltungsraum um. Die Inhalte der Planwerke sind im Raumplanungsmonitor RoPlaMo des BBSR erfasst und erlauben Auswertungen zum Stand der Klimaanpassung in der Raumplanung.
Städten und Gemeinden kommt die zentrale Aufgabe zu, Klimaanpassung vor Ort unter Berücksichtigung der planerischen Vorgaben umzusetzen. Als Planungsinstrumente stehen ihnen hierfür der Flächennutzungsplan als Bindeglied zur überörtlichen Raumordnung und der Bebauungsplan für kleinräumigere Teilbereiche zur Verfügung. Einen Überblick, inwieweit die Kommunen die bestehenden Handlungsmöglichkeiten einsetzen, gibt es aber nicht. Einer Auswertung aus dem Jahr 2020 zufolge finden kommunale Klimaanpassungsmaßnahmen in diesen Plänen zwar zunehmend Berücksichtigung, dennoch verbleiben auf beiden Planungsebenen unausgeschöpfte Potenziale.218 Die Auswertung von Flächennutzungs- und Bauleitplänen ist aufgrund des damit verbundenen großen Aufwands schwierig. Sie erfordert eine umfassende qualitative Analyse einer Vielzahl von Plänen. Mit Blick auf das DAS-Monitoring stehen derzeit keine ausreichenden quantitativen Daten zur Verfügung, um die Berücksichtigung von Klimaanpassung in der Bauleitplanung in einem Indikator abzubilden. Datenlücken bestehen ebenso in Bezug auf die Integration des Aspekts Vulnerabilität in Planungskonzepte oder die Einbeziehung von Klimaschutz und -anpassung in umweltbezogene raumordnerische Instrumente wie zum Beispiel die Umweltverträglichkeitsprüfung.
Wird Klimaanpassung in der Regional- und Bauleitplanung berücksichtigt, bleibt unklar, welche Wirksamkeit die getroffenen Festlegungen in der Praxis entfalten. Der aktuelle rechtliche Rahmen führt beispielsweise zu einer Stärkung der Klimaanpassung als Abwägungsbelang. Es gibt allerdings keine Informationen dazu, inwieweit diese Belange im Rahmen von Abwägungsprozessen tatsächlich ins Gewicht fallen.
Ein zentrales raumordnerisches Instrument, um Klimarisiken und Schadenspotenziale zu reduzieren, ist die Festlegung spezifischer Flächennutzungen. Unter anderem fördert die Regionalplanung durch die Flächensicherung für Natur und Landschaft die Erhaltung der Biodiversität (siehe Indikator RO-R-1): Der Biotopverbund stellt sicher, dass Tier- und Pflanzenarten ihr jeweiliges Verbreitungsgebiet an die sich ändernden klimatischen Bedingungen anpassen können. Die gezielte Ausweisung von zweckspezifischen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten unterstützt darüber hinaus den Hochwasserschutz (siehe Indikator RO-R-3) und trägt dazu bei, in Zeiten häufiger auftretender Hitze und Trockenheit die Grund- und Trinkwasserreserven zu sichern (siehe Indikator RO-R-2) oder in betroffenen Regionen, insbesondere in sich aufheizenden Städten, bioklimatische Belastungen zu reduzieren (siehe Indikator RO-R-4). Die Ausdehnung einiger der berücksichtigten Flächenkategorien in den letzten Jahren ist ein Indiz für eine zunehmende Verankerung der Thematik in aktuellen Planungsprozessen.
Neben der gezielten Sicherung von ökologisch oder klimatisch wertvollen Flächen ist entscheidend, die Neuinanspruchnahme von Flächen für Nutzungen zu reduzieren, die deren Potenzial zur Klimaanpassung beeinträchtigen. Der Fokus liegt vor allem darauf, den Zuwachs von Siedlungs- und Verkehrsfläche zu begrenzen (siehe Indikator RO-R-5). Trotz einer insgesamt immer langsamer wachsenden Siedlungs- und Verkehrsfläche über die letzten Jahre sind erhöhte Anstrengungen erforderlich, um beispielsweise durch Flächenrecycling oder Nachverdichtung ihre Ausdehnung zukünftig weiter zu verringern, ohne dabei aber bioklimatische oder sonstige Erfordernisse der Klimaanpassung zu vernachlässigen. Problematisch bleibt zudem, dass neue Wohnflächen aufgrund des hohen Siedlungsdrucks nach wie vor in Überschwemmungsgebieten entstehen (siehe Indikator RO-R-6). Regional- und Bauleitplanung müssen ihre Steuerungsfunktion konsequent für die Freihaltung von Überschwemmungsgebieten und Gebieten anderer Gefahren, beispielsweise Geogefahren, einsetzen.
Förderprogramme von Bund und Ländern unterstützen die Klimaanpassung in der Regionalplanung und besonders auch in der nachhaltigen Stadtentwicklung. Die Städtebauförderung von Bund und Ländern unterstützt Städte und Gemeinden, städtebauliche Missstände zu beseitigen und lebenswerte Quartiere zu schaffen. Klimaschutz und Anpassung sind dabei Fördervoraussetzung und als Querschnittsaufgaben programmübergreifend förderfähig. Das Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ fördert eine klimaangepasste (Weiter-)Entwicklung von Grün- und Freiflächen, etwa von Park- und Grünanlagen, sowie Entsiegelung und Begrünung von Frei- und Verkehrsflächen. Das „Weißbuch Stadtgrün“ formuliert dazu ebenso wie weitere Materialien des Bundes konkrete Maßnahmenvorschläge und Empfehlungen für die Integration städtischen Grüns in urbanen Räumen.219
Die Maßnahmen und Empfehlungen des Bundes stützen sich auf die Ergebnisse verschiedener Forschungsvorhaben. Das BBSR betreut unter anderem das Aktionsprogramm „Modellvorhaben der Raumordnung“ (MORO), in denen das Spannungsfeld zwischen wachsenden Raumansprüchen und der immer begrenzteren Ressource Raum auf Ebene der Regionalplanung im Fokus steht. Weitere Projekte widmen sich der Forschung zu klimaresilientem Stadtumbau oder Techniken einer wassersensiblen Stadtentwicklung. Die Erkenntnisse aus der Klimaanpassungsforschung des Bundes wurden im Rahmen der „Querauswertung zentraler Verbundvorhaben des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel mit Fokus Stadt- und Regionalentwicklung“220 zusammengefasst und in Form von Berichten und Leitfäden für Kommunen und Regionen aufbereitet.
Da Klimawandelfolgen über Landesgrenzen hinweg auftreten, ist eine intensive und vernetzte Kommunikation ein Schlüssel für eine nachhaltige Regionalentwicklung. Hier unterstützt seit 2021 das ZKA. Zu seinen Aufgaben zählt die Beratung von Kommunen in allen Phasen der Entwicklung und Umsetzung von Klimaanpassungskonzepten. Darüber hinaus informiert das Zentrum zu passenden Fördermöglichkeiten.
218 - Huber B., Dunst L. 2021: Klimaanpassung in der Bauleitplanung. Zum Integrationsstand klimaanpassungsrelevanter Maßnahmen in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen mittelgroßer Städte Deutschlands. Raumforschung und Raumordnung, 79, 5, 501-517. doi: 10.14512/rur.34.
219 BMUB – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit(Hg.) 2017: Weißbuch Stadtgrün – Grün in der Stadt – Für eine lebenswerte Zukunft. Berlin: 42ff. https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/downloads/Webs/BMWSB/DE/publikationen/wohnen/weissbuch-stadtgruen.html
220 - BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hg.) 2023: Forschungsprojekt: Querauswertung zentraler Verbundvorhaben des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel mit Fokus Stadt- und Regionalentwicklung – Ergebnisse. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/weitere/anpassung-klimawandel-massnahmen/querauswertung/01_Start.html?pos=2