WEG installiert Wärmepumpe in Mehrfamilienhaus von 1890 in Konstanz

Unser Haus ist nur teilsaniert (Dachdämmung, 3-fach Verglasung), eine Fassadendämmung wurde aus optischen Gründen nicht umgesetzt. Trotzdem beheizen wir das Gebäude erfolgreich per Wärmepumpe.

  • Mehrfamilienhaus mit 3 Wohngeschossen
    Fassade des Gebäudes, Quelle: Christoph Lukas
  • Außengerät einer Wärmepumpe vor einem Gebäude. Im Gerät zwei Lüfter, auf dem Gerät und in der Umgebung liegt 10 cm Schnee.
    Wärmepumpe Außengerät, Quelle: Christoph Lukas
  • Links im Bild: 200 l Pufferspeicher, rechts 300 l Brauchwasserspeicher, dazwischen die Gaszusatztherme
    Wärmepumpen Installation im Keller, Quelle: Christoph Lukas
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Angaben zum Projekt

Das Gebäude ist ein Mehrfamilienhaus von 1890 mit 3 Wohneinheiten, steht in Konstanz am Bodensee und gehört einer Wohneigentümergemeinschaft (WEG). Wir versuchen den gesamten Energiebedarf in den Sektoren Strom, Heizung und Mobilität möglichst vollständig über Erneuerbare abzudecken.

Vor dem Heizungstausch war eine alte Gasheizung im Einsatz, der Jahresverbrauch lag bei ca. 55.000 kWh. Für die Heizung waren keine Ersatzteile mehr verfügbar.

Die Entscheidung bei der neuen Anlage fiel zugunsten eine Wärmepumpen-Gas-Hybrid-Anlage. Die Gründe waren CO2-Reduktion und Zukunftsfähigkeit (Erfüllung Anforderungen Gebäudeenergiegesetz). Da aufgrund des Alters von Gebäude und Heizungsanlage die nötigen Vorlauftemperaturen und Heizlasten nicht einfach zu bestimmen waren, haben wir uns für die Hybridlösung entschieden.

Besondere Herausforderungen lagen in der alten Hydraulik und dem aktuell verbauten Mix aus Radiatoren und Flächenheizkörpern. Es war eine Herausforderung, unter diesen Umständen eine gleichmäßige Wärmeverteilung im Gebäude und damit niedrige Vorlauftemperaturen zu erreichen.

Aufgrund der schwierigen Liefersituation wurde zuerst nur die alte Gasheizung durch den kleineren Gasbrennwertkessel der Hybridanlage ersetzt. Damit konnten schon erste Optimierungen vorgenommen werden. Im Folgejahr wurde die Wärmepumpe installiert und hat in der folgenden Heizperiode über 99 % der Heizlast übernommen.

Im Ergebnis haben wir in den ersten 12 Monaten bei einem Stromverbrauch der Wärmepumpe von ca. 8.800 kWh eine Jahresarbeitszahl von 3,8 erreicht. Die Energiekosten für die Heizung konnten wir von 5.500 € auf ca. 2.100 € pro Jahr senken.

Projekteinreichende*r Christoph Lukas (Miteigentümer) https://energiewende-einfach-machen.net/
Kooperationspartner Krack Heizungsbau, Konstanz

Eckdaten Gebäude

PLZ Gebäudestandort 78464
Ort Gebäudestandort Konstanz
Gebäudeart Mehrfamilienhaus
Baujahr bis 1945
Sanierungsstand Altbau teilsaniert
Beheizte Fäche 293 m²

Wärmeversorgung vor Einbau Wärmepumpe

Heizungsart alt Gasheizung
Art Brauchwassererwärmung Zentral
Art der Raumwärmeübergabe Heizkörper
Energieverbrauch 55.000 kWh pro Jahr
Vorlauftemperatur (vorher) 56-60 °C
Leistung Wärmeerzeuger 46 kW
Spezifischer Heizenergieverbrauch 188 kWh/m²a

Herausforderungen

Als klar war, dass die alte Heizung auszutauschen ist, war die erste Herausforderung in der WEG, die unterschiedlichen Varianten (Gas, Wärmepumpe) mit ihrem Zukunftspotential, ihren Folgekosten und den Fördermöglichkeiten konstruktiv zu besprechen. Insbesondere die zukünftigen Kostenentwicklungen aufgrund des CO2-Preises und dem Rückbau der Gasnetze haben Aufklärungsarbeit erfordert.

Technisch war schwer abzuschätzen, wie weit die Wärmepumpe allein in der Lage ist, das Gebäude zu heizen und ob es möglich ist, die Vorlauftemperaturen auf unter 55 °C zu senken.

Zusätzlich schwierig war die alte Hydraulik im Gebäude, die schon mit der alten Gasheizung zum Teil unschöne Pfeifgeräusche erzeugt hat.

Lösungsansatz

Da zuerst nur die Gasbrennwerttherme der Hybridanlage geliefert und montiert werden konnte, gab es in der ersten Heizperiode die Chance, die Heizkurve und damit die Vorlauftemperaturen stückweise zu reduzieren und Erfahrungen zu sammeln.

In der ersten Heizperiode mit Wärmepumpe waren trotzdem einige Herausforderungen zu lösen:

- Auslesung aller Betriebsparameter der WP über den Steuerungsbus, um das Verhalten der Anlage zu verstehen: Die Minimal-Parameter aus dem Display waren hierbei nicht ausreichend.

- Änderung des Heizverhaltens: Durchheizen statt Nachtabsenkung, da in unserem Fall die Reserven der WP für ein Wiederaufheizen zu klein sind und außerdem die WP in einem ineffizienten Leistungsbereich arbeiten müsste.

- Thermischer Abgleich nach realen Raumtemperaturen, statt berechneter hydraulischer Abgleich. Öffnung der Heizungsthermostate in allen Wohnräumen und Anpassung des Thermostatventileinstellungen, sodass gleichmäßige Temperaturen in allen Wohnungen entstehen.

Erfahrungen und Ausblick

Das Projekt ist ein voller Erfolg, das Gebäude ist fast vollständig mit der Wärmepumpe beheizbar. Die Vorlauftemperaturen steigen bei -5 °C Außentemperatur nur auf 48 °C.

Wir monitoren die Anlage kontinuierlich und haben diverse eigene Steuerungen implementiert: Höhere Warmwassertemperatur im Sommer für weniger Taktung, Anpassung der Wärmepumpenleistung an Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung, Legionellenschaltung ohne Zusatzheizung.

Insofern hat die Umsetzung unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Die jährlichen Heizkosten sind von 5.100 € auf 2.200 € zurückgegangen.

Wir haben im Zuge der Installation die am schwächsten dimensionierten Heizkörper in 2 Räumen durch größere ersetzt.

Tipps für Dritte

Meine Empfehlungen sind:

Bestehende Gasheizungen sind oft extrem überdimensioniert. Wir hatten eine 46 kW Gasheizung und heizen jetzt mit einer 12 kW Wärmepumpe. Auf keinen Fall die Leistung 1:1 nachbauen.

Falls noch eine Heizperiode vor Austausch der alten Heizung zur Verfügung steht, sollte versucht werden, die bestehende Anlage auf niedrige Vorlauftemperaturen zu optimieren, um Erfahrungen zu sammeln.

Unbedingt einen gründlichen hydraulischen (oder thermischen) Abgleich vornehmen. Viele Heizungsbauer finden dies nicht unbedingt notwendig, es half uns aber ungemein.

Das Sammeln vieler Betriebsdaten schon vor Einbau der Wärmepumpe hilft sehr, um später zu verstehen, wo optimiert werden muss.

Im Nachhinein würde ich nicht mehr eine Wärmepumpen-Gas-Hybrid-Lösung verbauen, sondern auf eine Kombi aus Heizstab und Wärmepumpe setzen. Deutlich einfacher und günstiger.

Steckbrief Wärmepumpe

Datum Inbetriebnahme der Wärmepumpe
Dauer der Umsetzung Start der Planung: März 2022, Abschluss der Arbeiten: Juli 2023
Wärmequelle
  • Außenluft
Thermische Leistung 12 kW
Elektrische Leistung 5 kW
JAZ laut Planung 3,7
Saisonale Leistungszahl SCOP 3,65
Maßnahmen Heizsystem
  • Hydraulischer Abgleich
  • Heizkörpertausch
  • Pufferspeicher
Erläuterungen zum Heizsystem Die JAZ wurde berechnet und beinhaltet die Stromaufnahme der Wärmepumpe sowie Heizkreis- und Trinkwarmwasserpumpe.
Bauliche Maßnahmen
  • Dämmung oberste Geschoßdecke / Kellerdecke
  • Fenstertausch

Betriebsdaten Wärmepumpe

Vorlauftemperatur (neu) 50 °C
Stromverbrauch Wärmepumpe 8.800 kWh pro Jahr
JAZ Wärmepumpe 3,8
Erläuterungen Die JAZ wurde berechnet und beinhaltet die Stromaufnahme der Wärmepumpe sowie Heizkreis- und Trinkwarmwasserpumpe.

Kosten

Kosten Wärmepumpe (inkl. Einbau):
25.000 €
Gesamtkosten (inkl. begleitender Maßnahmen):
38.000 €
Fördermittel:
12.500 €

Weiterführende Links

Kontaktdaten

Christoph Lukas
Deutschland
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