Wärme- & Kälteversorgung eines Nichtwohn-Bestandsgebäudes auf Basis von Abwasserwärmenutzung

Im Haus der Statistik entsteht eines der bisher größten Energieprojekte der Berliner Stadtwerke. Auf Basis von Abwasserwärme wird das moderne Stadtquartier nachhaltig mit Wärme und Kälte versorgt.

  • „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke
    „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke, Quelle: Berliner Wasserbetriebe/Sven Bock
  • „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke - Verlegung Rohrleitungen
    „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke - Verlegung Rohrleitungen, Quelle: Berliner Stadtwerke/Mathias Kersten
  • „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke - Verlegung Rohrleitungen
    „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke - Verlegung Rohrleitungen, Quelle: Berliner Stadtwerke/Mathias Kersten
  • „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke - Verlegung Rohrleitungen
    „Haus der Statistik“ Energieprojekt der Berliner Stadtwerke - Verlegung Rohrleitungen, Quelle: Berliner Stadtwerke/Mathias Kersten
<>

Angaben zum Projekt

Der Gebäudekomplex entstand von 1968 - 1970 und war Sitz der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik der DDR, der nach der deutschen Wiedervereinigung von verschiedenen bundesdeutschen Behörden genutzt wurde. Seit dem Jahr 2008 steht er leer.

Die Nichtwohngebäude werden aktuell durch das Land Berlin, vertreten durch die Berliner Immobilienmanagement GmbH, generalsaniert und zukünftig als Büro- und Gewerbestandort genutzt. Für die Wärme- und Kälteversorgung wurde durch die Berliner Stadtwerke ein nachhaltiges Energieversorgungskonzept auf Basis von Abwasserwärmenutzung entwickelt, geplant und umgesetzt. Es werden Wärmepumpen zur Wärme- und Kälteversorgung der Gebäude eingesetzt, die das Abwasser als Wärmequelle nutzen. Dafür wird im Abwasserkanal ein Wärmeübertragersystem installiert, welches dem Abwasser Wärme entziehen oder zuführen kann. Diese thermische Energie wird über ein ungedämmtes, multifunktionales Anergienetz (kaltes Nahwärmenetz) an drei Wärmepumpenzentralen im Bestandsgebäude geleitet.

Das Anergienetz ist ein Wärmeversorgungsnetz, das mit niedrigen Temperaturen arbeitet und gleichzeitig zur Wärme- und Kälteversorgung genutzt werden kann. In den drei Wärmepumpenzentralen wird die Temperatur aus dem Anergienetz mithilfe von Wärmepumpen auf ein geeignetes Temperaturniveau zum Heizen angehoben bzw. zur Kühlung abgesenkt. Im Winter nutzen die Wärmepumpen die Wärme des Abwassers aus dem Anergienetz, um die gewünschte Heiztemperatur von 45 °C bereitzustellen. Im Sommer entziehen die Wärmepumpen den Gebäuden Wärme und geben diese an das Anergienetz und weiterführend an das Abwasser ab. An besonders kalten Wintertagen unterstützen drei Elektroheizungen (130 kW, 170 kW, 210 kW) die Wärmeversorgung. Die Wärme- und Kältespeicher puffern die Wärmeenergie kurzzeitig, um Lastspitzen auszugleichen. Auf den Dächern werden Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung errichtet und runden den Aufbau einer klimafreundlichen Energieversorgung im Bestandsgebäude ab.

Projekteinreichende*r Berliner Stadtwerke KommunalPartner GmbH http://www.berlinerstadtwerke.de
Kooperationspartner Berliner Immobilien Management GmbH
UHRIG Energie GmbH Energieanlagen Nord GmbH
HOSCH Gebäudeautomation GmbH
Megawatt Ingenieurgesellschaft mbH
ECO.S Energieconsulting Stodtmeister

Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Die Förderung erfolgt im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI).

Eckdaten Gebäude

PLZ Gebäudestandort 10178
Ort Gebäudestandort Berlin
Gebäudeart Nichtwohngebäude
Baujahr 1946-1976
Sanierungsstand Altbau vollsaniert
Beheizte Fäche 39.000 m²

Wärmeversorgung vor Einbau Wärmepumpe

Heizungsart alt andere
Art Brauchwassererwärmung Zentral
Art der Raumwärmeübergabe Heizkörper
Energieverbrauch 6.000.000 kWh pro Jahr
Vorlauftemperatur (vorher) 61-70 °C
Spezifischer Heizenergieverbrauch 154 kWh/m²a

Herausforderungen

Eine Machbarkeitsstudie zeigte die Möglichkeiten einer umweltfreundlichen Wärme- und Kälteversorgung mit einem hohen Anteil Erneuerbarer Energien. Die Entscheidung fiel auf die Energieversorgung auf Basis von Abwasserwärme ergänzt durch Photovoltaikanlagen, realisiert durch die Berliner Stadtwerke. Leicht zugängliche Abwasserkanäle mit Abwasser aus Haushalten, Industrie und Gewerbe stellen Wärmequellen für Wärmepumpen dar. Je größer der Kanal, desto leichter der Einbau von Wärmeübertragern. Deren Anbindung und die Rohrverlegung im öffentlichen Raum stellten durch die zentrale Lage eine Herausforderung dar. Weitere Herausforderungen waren die Errichtung der Wärmepumpenzentralen aufgrund des begrenzten Platzes für die Heizungszentralen, Schallschutzanforderungen und die Auslegung der Verbraucherseite, um das optimale Temperaturniveau für den Wärmepumpenbetrieb sicherzustellen. Die gleichzeitige Bereitstellung von Wärme und Kälte erfordert eine komplexe Hydraulik und Regelung der Anlagen.

Lösungsansatz

Für die Abwasserwärmenutzung wurde eine einjährige Messung in den Abwasserkanälen am Standort durchgeführt. Der Einbau der Abwasserwärmenutzungsanlage im Kanal konnte aufgrund der Größe der Kanäle ohne große Schwierigkeiten erfolgen.

Im Heizfall wird die dem Abwasser entzogene Wärme über ein kaltes Nahwärmenetz (Anergienetz) im Quartier zu den einzelnen Energiezentralen verteilt. Im Kühlfall ist es weiterhin möglich, die überschüssige Wärme aus dem Quartier an das Abwasser abzugeben. Dadurch wird das Aufheizen der Umgebungsluft, wie es bei herkömmlichen Kälteanlagen geschieht, vermieden.

In Abstimmung mit dem Gebäudeeigentümer wurde der Platz für die zu errichtende Anlagentechnik geschaffen.
Die Schallschutzmaßnahmen am Gebäude und an der Anlagentechnik wurden in enger Abstimmung zwischen den Planern entwickelt.

Erfahrungen und Ausblick

Die Inbetriebnahme der Wärmpumpenanlagen steht noch aus und wird für Ende 2024 erwartet. Die Überprüfung der Effizienz im späteren Betrieb erfolgt kontinuierlich.

Tipps für Dritte

Für den Aufbau einer Energieversorgung auf Basis der Abwasserwärmenutzung ist eine Abwassermessung sinnvoll. Die Genehmigung der Rohrtrassenführung im öffentlichen Raum bedarf besonderer Voraussetzungen, die ggf. in den Bundesländern variieren können. Querungen und Überschneidungen mit bereits vorhandenen Erdleitungen können den Verlauf der Leitungsführung stark beeinflussen. Eine frühzeitige Berücksichtigung bei der Planung ist hilfreich.
Arbeiten im Bestand mit teilweise unbekannten Schadstoffvorkommen können zu erheblichen Bauzeitenverschiebungen führen. Je nach Belastbarkeit der Bausubstanz muss ggf. ein umfassendes Halterungskonzept für die Installation der Rohrleitungen in der Heizzentrale entwickelt werden.

Steckbrief Wärmepumpe

Datum Inbetriebnahme der Wärmepumpe
Dauer der Umsetzung 2020 - 2025
Wärmequelle
  • Abwasser
Thermische Leistung 1.390 kW
Elektrische Leistung 302 kW
Erläuterungen zum Heizsystem Die dargestellte thermische Leistung von 1.390 kW verteilt sich auf folgende Einzelgeräte:
5 x 171 kWth + 2 x 270 kWth
Die dargestellte elektrische Leistung von 302 kW verteilt sich auf folgende Einzelgeräte:
5 x 36 kWel + 2 x 61 kWel

Betriebsdaten Wärmepumpe

Vorlauftemperatur (neu) 45 °C

Kosten

Kosten Wärmepumpe (inkl. Einbau):
3.000.000 €
Gesamtkosten (inkl. begleitender Maßnahmen):
6.000.000 €
Fördermittel:
1.800.000 €

Kontaktdaten

Deutschland
Artikel:
Drucken Top