Mit Hilfe einer Literaturauswertung, je einem Fachgespräch mit internen und externen Expert/innen sowie einem explorativen Praxistest kommt die Machbarkeitsstudie zu einem ersten Vorschlag, wie das Umweltbewusstsein verlässlich, sinnvoll interpretierbar und zeitgemäß erhoben werden kann.
Der Vorschlag enthält drei Komponenten (Pressure, State und Response) mit jeweils zwei bis sieben Unterskalen, um alle relevanten Dimensionen des Umweltbewusstseins abzudecken. Weiterhin umfasst er ein Verrechnungsmodell, um die drei Komponenten zunächst für sich zusammenzufassen sowie um zu einem Gesamt-Indikator zu gelangen.
- Die „Pressure“-Komponente umfasst das Wissen um ökologische Risiken, die subjektiv wahrgenommene Bedrohlichkeit von Umweltrisiken sowie die Einschätzung der Relevanz von Nachhaltigkeitsherausforderungen.
- Die „State“-Komponente beinhaltet verschiedene umweltbezogene Einstellungen sowie die Einstellung zu sozialen Innovationen (Teilen, Tauschen, gemeinsam nutzen etc.).
- Innerhalb der „Response“-Komponente wurde ein breites Spektrum möglicher, ökologisch sinnvoller bzw. umweltrelevanter Verhaltensweisen abgefragt.
Eine empirische Testerhebung mit 450 Personen, die einen guten Querschnitt der deutschen Bevölkerung abbildet, zeigt im Ergebnis eine grundsätzliche Eignung des vorgeschlagenen Indikatorensets und der berechneten Kenngrößen, um den Stand des Umweltbewusstseins valide darzustellen.
Die Entwicklung des Indikatorensets wurde unter anderem deswegen angestoßen, weil eine in der Vergangenheit häufig als zentrale Kenngrößen für das Umweltbewusstsein aufgefasste Frage sich zunehmend als problematisch erwies. So kam dem Prozentanteil der Befragten, die Umweltaspekte als eines der beiden „wichtigsten politischen Problemen, denen sich unser Land derzeit gegenübersieht“ nannten, vielfach eine prominente Rolle zu. Die Interpretation einer solchen offenen Frage als Indikator für den Stellenwert, den die Umweltthematik in der öffentlichen Wahrnehmung hat, ist aber aus mehreren Gründen problematisch.
Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Antworten auf derartige Fragen hochgradig von der jeweiligen „Problemkonjunktur“ abhängig sind. Bestimmte Ereignisse, die zum Zeitpunkt der Umfrage beispielsweise in den Medien besonders präsent sind, tendieren dazu, sich im Bewusstsein der Bevölkerung (zeitweise) in den Vordergrund und andere grundsätzlich ebenso wichtige Probleme (und sei es nur vorübergehend) in den Hintergrund zu drängen. Andere Umfragen, die diese Frage in ähnlichem Format ebenfalls regelmäßig erheben, zeigen entsprechend eine starke Volatilität der Antworten und des Anteils der Angaben, die auf den Umweltbereich entfallen.
Zum anderen ist es als problematisch anzusehen, dass ein geringer bzw. sinkender Prozentanteil von Personen, die Umwelt als aktuell wichtiges politisches Problem benennen, als sinkendes Umweltbewusstsein (fehl-) interpretiert wird. Eine geringere Wahrnehmung von Umweltproblemen könnte auch zustande kommen, weil Problemlösungen Erfolge zeigen. Nicht zwangsläufig muss ein niedrigerer Wert deshalb bedeuten, dass die Umwelt in der Bevölkerung an Relevanz verliert.
Durch ein geeignetes Set an zentralen Kenngrößen des Umweltbewusstseins kann dieser problematische Indikator perspektivisch abgelöst werden.