Die Diskussion über die Umweltwirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) und autonome Systeme dreht sich aktuell vor allem um Energieverbrauch und CO₂-Ausstoß. Doch die eigentlichen ökologischen Herausforderungen liegen tiefer: Algorithmenbasierte Entscheidungssysteme (algorithmic decision systems, ADS) greifen als „Technosteuerung“ in gesellschaftliche Prozesse ein – sie beeinflussen, wie Warenströme gelenkt, Felder bewässert oder Konsumangebote platziert werden. Damit entstehen neue, sozio-technisch vermittelte Umweltwirkungen, die das bestehende Recht bisher kaum erfasst.
Der Bericht „Umweltrechtliches Regulierungskonzept für algorithmenbasierte Entscheidungssysteme“ analysiert, wie das Umweltrecht auf diese Entwicklungen reagieren kann. Das vom Öko-Institut e.V. (Dr. Peter Gailhofer) geleitete Forschungsteam unter Beteiligung des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen (UfU e.V.)., der Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse (sofia) und mit Unterstützung von Experten des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), der Jade Hochschule und IOW Rostock zeigt: Der bestehende Rechtsrahmen – von der EU-KI-Verordnung, über das Produkt- und Haftungsrecht bis zu unterschiedlichen umweltrechtlichen Instrumenten – bildet die ökologischen Herausforderungen von ADS bislang nicht hinreichend ab.
Der Bericht liefert eine innovative, umweltrechtliche Perspektive auf Risiken und Potenziale. ADS werden nicht allein als Gefahrenquelle betrachtet, sondern als Technologien, die ökologisch positive wie negative Wirkungen haben können und die rechtlich gestaltbar sind. Es ist deshalb dringend geboten, Risiken von KI und ADS nicht nur zu bewerten, sondern vorsorglich zu steuern und Potenziale wirklich nachhaltiger Innovationen aktiv zu fördern.
Die Autoren plädieren für ein lernfähiges Regulierungssystem, das frühzeitig ansetzt, noch bevor technologische Pfadabhängigkeiten oder Lock-in Effekte entstehen. Statt einer neuen Querschnittsregelung schlägt der Bericht gezielte Erweiterungen bestehender Umweltgesetze vor: etwa, um Pflichten zur Verbesserung von Transparenz und Sorgfalt, sowie Verfahren zur vorsorglichen Bewertung von Umweltwirkungen ökologisch relevanter KI-Anwendungen, ergänzt durch partizipative Elemente und umweltbezogene Regeln für eine Daten-Governance. Die konkreten Vorschläge schaffen einen „Instrumentenkasten“ zur zukunftsfähigen Regulierung digitaler Systeme. Gleichzeitig ergeben sich Impulse für Politik und Recht, die ökologische und digitale Transformation gemeinsam zu gestalten: als echte Twin Transition.