Hintergrund und Ziele
Der globale Klimawandel und die damit einhergehenden Auswirkungen zeichnen sich verstärkt regional ab. Mit dem bisherigen Kenntnisstand über sein Ausmaß und möglichen Auswirkungen stellen sich dringend zu lösende Herausforderungen an Klima- und Ökosystemforschung.
Wald, Grasland und Seen sind langlebige Ökosysteme, die stark vom Klimawandel betroffen sein werden. Diese Ökosysteme bedecken einen großen Teil Bayerns und haben für Bayern eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Mit dem Klimawandel wächst die Wahrscheinlichkeit, dass früher seltene klimatische Extremereignisse häufiger und mit größerer Intensität auftreten und neuartige hinzutreten. Um den sich aus diesen Entwicklungen ergebenden volkswirtschaftlichen Schaden zu begrenzen, müssen Anpassungsmaßnahmen baldmöglichst geplant und umgesetzt werden.
Mit dem „Klimaprogramm Bayern 2020“ hat das StMWFK in Zusammenarbeit mit bayerischen Universitäten und Fachbehörden ein Maßnahmenpaket erarbeitet, dass auf die spezifischen Verhältnisse in Bayern ausgerichtet ist. Eine dieser Maßnahmen ist der Forschungsverbund „Auswirkungen des Klimas auf Ökosysteme und klimatische Anpassungsstrategien“ (FORKAST), welcher 16 Teilprojekte sowie ein Koordinationsmodul umfasst. In diesem Forschungsverbund untersuchen Wissenschaftler verschiedener Universitäten und Forschungseinrichtungen Auswirkungen des Klimas auf Ökosysteme. Vereint wird der Großteil der beteiligten Projekte durch die Erwartung, dass extreme Klimaereignisse besonders schwerwiegende, „einschneidende“ Konsequenzen für ökologische Prozesse nach sich ziehen können. Diese Extremereignisse werden durch aktuelle meteorologische Prognosen in Aussicht gestellt genauso wie eine Zunahme der Variabilität des Wettergeschehens.
Im Zentrum der Forschung dieses Verbundes steht die Frage, wie sich extreme Klimabedingungen, wie beispielsweise Dürre und Starkregen, auf Ökosystemeigenschaften und –funktionen auswirken. Wie sind einzelne Funktionen, etwa die Produktion von Biomasse und die Interaktion zwischen Tier und Pflanze, betroffen? Wie belastbar sind unsere Ökosysteme? Wie stark ausgeprägt sind die Kapazitäten dieser Systeme für die Kompensation ökologischer Klimafolgen?
Forschungsergebnisse bieten die Voraussetzung um zu beurteilen, wie ökologische Serviceleistungen, zum Beispiel Hangstabilität, Bodenqualität oder land- und forstwirtschaftliche Produktion betroffen sein werden, und welche Anpassungsstrategien umgesetzt werden sollen. Sie stellen zugleich die Grundlage für effiziente Schadensabschätzung bzw. Schadensminimierung dar. Ferner sollten auch positive Entwicklungen erkannt und sich abzeichnende Entwicklungschancen frühzeitig genutzt werden.
Die Untersuchungsgebiete decken die wichtigsten Landnutzungsformen in Bayern ab und beinhalten Waldgebiete der Mittelgebirge (Fichtelgebirge, Bayerischer Wald), Wald- und Grünlandflächen in den Alpen bzw. im Alpenvorland, Moore, Grünland in Tieflagen und in Gebieten der Talauen.
Um die Fragestellungen bearbeiten zu können wird eine Vernetzung von innovativen Ansätzen zum Monitoring von Ökosystemzuständen (Fernerkundung, Indikationssysteme), zur experimentellen Simulation erwarteter Extremereignisse (Niederschläge, Temperaturen) sowie zur Modellierung erwarteter Entwicklungen von Lebensgemeinschaften (Ausbreitung neuer Arten, Biodiversität) geleistet. Eine große Stärke des Forschungsverbundes liegt in der guten Vernetzung der Projektpartner untereinander, so werden eingebrachte Forschungskompetenzen optimal genutzt und Synergieeffekte geschaffen.
Übergeordnete Ziele sind die Verbesserung des Verständnisses der Belastbarkeit und Resilienz von Ökosystemen unter neuartigen Umweltbedingungen. Daneben wird durch Analysen die Reaktion von Lebensgemeinschaften und ihrer Funktionalität im Hinblick auf ökologische Serviceleistungen und funktionelle Reaktionen (z.B. Produktivität, Phänologie, Bodenfruchtbarkeit) für die Gesellschaft untersucht.
Laufzeit
bisUntersuchungsregion/-raum
- Deutschland
- Bayern
- Alb und nordbayerisches Hügelland
- Alpen
- Alpenvorland
- Erzgebirge, Thüringer und Bayrischer Wald
Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel
Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben
Prognosen zukünftiger Entwicklungen der untersuchten Ökosysteme in einigen Teilprojekten im Gesamtverbund anhand von Analysen, Simulationen und Modellierungen. Diese Untersuchungen basieren auf den WETTREG- bzw. REMO-Datensätzen. Die Auswertungen erfolgen zumeist unter Berücksichtigung des A1B-Szenarios, werden aber in Einzelfällen ausgedehnt, um die daraus resultierende Variabilität der Anfälligkeit darzulegen.
- Veränderte Niederschlagsmuster
- Höhere mittlere Temperaturen
Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)
Durch das weite Forschungsspektrum der beteiligten Partner im Verbund können verschiedenste Auswirkungen des Klimas untersucht werden. Das Hauptaugenmerk des Forschungsverbundes liegt in der Abschätzung der Beeinträchtigung der Stabilität sowie der Untersuchung der Resilienz von bestimmten Ökosystemen.
Einige Teilprojekte führen ihre Untersuchungen an aktuellen, langfristig angelegten, interdisziplinären Freilandexperimenten durch. Durch zunehmende Trockenheit beispielsweise wird die Gefahr von Trockenstress für die Pflanzen erhöht und damit Wachstum und Entwicklung beeinflusst. Neben der verminderten Produktivität sind die betroffenen Pflanzen gleichfalls anfälliger gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Um diese Folgen untersuchen zu können werden beispielsweise Experiment mit verschiedenen Heide- und Grünlandgemeinschaften durchgeführt an denen sich verschiedene Teilprojekte im Verbund beteiligen. Reaktionen auf Dürre und Starkniederschlag werden untersucht, wie auch Stickstoff-Umsetzungsprozesse und den Netto-CO2-Austausch oder die Zusammensetzung und Qualität der organischen Bodensubstanz. Daneben sollen ebenso die Enzymaktivität und genetische Diversität in ausgewählten Pflanzengesellschaften analysiert werden. Die Manipulationen simulieren in einem der Experimente örtliche 100-jährige Extremereignisse, die in Zukunft wiederholt werden, um zunehmende Frequenz der Extremereignisse darzustellen.
Waldwachstum wie auch die Regeneration von Wäldern könne sehr sensibel auf Klimaänderungen reagieren. Neben der Veränderung bzw. der Abnahme der Biodiversität werden in bestimmten Projekten invasive Arten untersucht. Einige Projekte beschäftigen sich mit möglichen Beeinträchtigungen von ökologischen Netzwerken und Blüte-Bestäuber-Netzwerken. Ein weiterer wichtiger untersuchter Baustein im Verbund sind phänologische Verschiebungen und die dadurch bewirkte Veränderung im Ökosystem. Die Untersuchungen zur Phänologie erfassen wiederkehrende Erscheinungen im Wachstum und der Entwicklung von Pflanzen und Tieren, um den Einfluss veränderter Umweltbedingungen, z.B. Änderungen von Witterung und Klima aufzuzeigen.
Des Weiteren laufen Untersuchungen zum Stoffhaushalt bzw. Stoffflüssen in Böden, dies wird unter natürlichen wie auch experimentellen Bedingungen geprüft, um Aussagen zu Bodenqualität und Bodenökologie in Zukunft treffen zu können.
Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen
Die Forschungsergebnisse sollen als Grundlage dienen, Strategien zu entwickeln, die die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur und für die Gesellschaft minimieren. Daneben können die Forschungsergebnisse als Entscheidungshilfen für die Politik und die Wirtschaft bzw. für andere Interessensverbände herangezogen werden. Basierend auf den Forschungsergebnissen sollen standortbezogene Handlungsempfehlungen unter anderem für Waldbau und Naturschutz abgeleitet werden.
Beispielsweise werden sich die Wuchsbedingungen in Bayern innerhalb dieses Jahrhunderts dramatisch verändern. Angesichts dieser Klimaveränderung ist es für Schlüsselarten (vorherrschende und hochstete Pflanzenarten) ausdauernder Ökosysteme dringend erforderlich zu wissen, wie sie auf den Klimawandel, und insbesondere auf klimatische Extremereignisse, reagieren werden. Ein Teilziel ist es, Herkünfte für ausgewählte Schlüsselarten zu identifizieren, die einen Beitrag zum Erhalt dieser Ökosysteme leisten können, ohne sie durch fremdländische Arten ersetzen zu müssen. Ein weiterer Punkt ist die Identifizierung von Indikatorarten für Klimafaktoren (Blütenpflanzen, Flechten, Pilze, Vögel, Insekten, Schnecken). Ziel in diesem Projekt ist die Risikoabschätzung für Baumarten in Abhängigkeit vom Temperaturverlauf und forstlich relevanter Schadinsekten (Borkenkäfer) und Pilze (Hallimasch und Feuerschwämme).
Weitere Teilziele sind: anhand langzeitiger Prognosen abzuleiten, inwieweit Klimabedingungen Ecosystem Services (Bodenfruchtbarkeit, Kohlenstoffspeicherung) natürlicher Standorte verändern und wie entsprechend Nutzungsanforderungen in der Zukunft gestaltet werden müssen.
Andererseits soll mit den Ergebnissen die Prognose und Modellierung zukünftiger Veränderungen in den untersuchten Ökosystemen besser abgeschätzt werden können. Mit den erhobenen Daten werden prognostische Modelle parametrisiert, mit deren Hilfe die Auswirkungen von langfristigen klimatischen Trends und Extremereignissen, z.B. auf die Stabilität von Pflanze-Bestäuber-Netzwerken abgeschätzt und besonders gefährdete Arten identifiziert werden. Sie sind von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung und Validierung von prozessorientierten Modellen zur Vorhersage, z.B. der Veränderung der Kohlenstoff- und Stickstoff-Speicherung und des Biosphäre-Atmosphäre-Austauschs von Spurengasen oder der Vulnerabilität der ökologischen Serviceleistungen unter sich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen.
Auswahl an Teilzielen im Verbund: Identifikation geeigneter Herkünfte ausgewählter Schlüsselarten und Indikatorarten für Klimafaktoren und Ableitung anhand langzeitiger Prognosen, inwieweit Klimabedingungen Ecosystem Services (Bodenfruchtbarkeit, Kohlenstoffspeicherung) natürliche Standorte verändern und wie entsprechend Nutzungsanforderungen in der Zukunft gestaltet werden sollten.
- 2071–2100 (ferne Zukunft)
Wer war oder ist beteiligt?
gefördert wird dieser Forschungsverbund aus Mitteln des „Klimaprogramms Bayern 2020“ vom bayerischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Lehrstuhl Biogeografie, Universität Bayreuth
Universität Bayreuth
Lehrstuhl für Biogeografie
Universitätsstraße 30
D-95440 Bayreuth