Globale Bestandsaufnahme zeigt Klimaschutzlücken und -lösungen

H.E. Dr. Sultan Al Jaber, Präsident der COP28 und andere Teilnehmende auf der Bühne während des Abschlussplenums der UN Climate Change Conference COP28 in Expo City Dubai am 13. Dezember 2023zum Vergrößern anklicken
Abschlussplenum der UN-Klimakonferenz COP28 in Dubai am 13. Dezember 2023
Quelle: Christopher Pike / COP28

Die Globale Bestandsaufnahme bewertet alle fünf Jahre die weltweiten Fortschritte beim Erreichen der Ziele des Übereinkommens von Paris. Die erste Globale Bestandsaufnahme hat gezeigt: Es gibt große Lücken aber auch klare Lösungswege zum Erreichen der internationalen Klimaschutzziele. Im Auftrag des UBAs analysierten Forschende die Beiträge der Vertragsstaaten.

Die erste Globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake – GST) war ein zweijähriger Prozess, in dem die nationalen Klimaschutzpläne (Nationally Determined Contributions – NDCs) sowie Fortschritte zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠, zur Ausrichtung von Finanzströmen an Klimaschutzziele, zur Unterstützung und zur internationalen Zusammenarbeit beim ⁠Klimaschutz⁠ kollektiv ausgewertet wurden. Die Ergebnisse des GST wurden auf der Klimakonferenz in Dubai im Dezember 2023 (COP28) in einem Beschluss (1/CMA.5) der Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris zusammengefasst. Im Auftrag des Umweltbundesamtes haben Forschende des Öko-Instituts, Wuppertal-Instituts, NewClimate Instituts und von DLR Projektträger die Globale Bestandsaufnahme fachlich begleitet und Klimaschutzlücken sowie Handlungsoptionen für ambitioniertere Minderungsmaßnahmen aufgezeigt.

Globale Bestandsaufnahme: Lücken und Lösungen

Eine Analyse der nationalen Klimaschutzpläne und wichtigsten internationalen Berichte kam zu drei zentralen Ergebnissen: Die derzeitigen NDCs reichen nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, die Vertragsparteien werden die Ziele ihrer Klimaschutzpläne mit den gegenwärtig durchgeführten und geplanten Minderungsmaßnahmen insgesamt nicht erreichen, und Technologien zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sind in jedem Sektor verfügbar und ihre Kosten sind erheblich gesunken.

Um die Lücken beim Klimaschutz zu schließen, beschlossen die Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris als Ergebnis des GST konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Dazu zählen die Verdreifachung der Kapazität an erneuerbaren Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz, beides bis 2030, sowie die Abkehr von fossilen Brennstoffen bis 2050. Der Beschluss fordert außerdem, die Entwaldung und Schädigung der Wälder bis 2030 zu stoppen und umzukehren und zu nachhaltigen Lebensstilen, Verbrauchs- und Produktionsmustern sowie Kreislaufwirtschaftskonzepten überzugehen.

Neues Tool macht Fortschritte beim Klimaschutz detaillierter sichtbar

Die Globale Bestandsaufnahme hat den Auftrag, den kollektiven, und nicht den individuellen, Fortschritt der Länder bei der Erreichung der Ziele des Übereinkommens von Paris zu bewerten. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde daher das „Performance Distributions Tool“ entwickelt, das Möglichkeiten bietet, den kollektiven Fortschritt zur Verringerung der Treibhausgasemissionen differenzierter zu bewerten. Bei einer „Performance Distribution“ (Leistungsverteilung) handelt es sich um ein Histogramm, das Länder auf der Grundlage eines bestimmten Indikators gruppiert – zum Beispiel den Treibhausgasemissionen pro Kopf, oder nach bestimmten Sektoren. So können, außerhalb des GST-Prozesses, auch einzelne Vorreiter und Nachzügler sowie Raum für ambitionierte Maßnahmen aufgezeigt werden.

Transformative Minderungsmaßnahmen im Überblick

Die Ergebnisse der Globalen Bestandsaufnahme dienen den Vertragsparteien auch als Grundlage für die Ausarbeitung ihrer neuen nationalen Klimaschutzpläne, die 2025 fällig sind. Sie sollen bei der Formulierung neuer und besserer Klimaschutzmaßnahmen und der Unterstützung der Vertragsparteien berücksichtigt werden sowie zu einer besseren internationalen Zusammenarbeit beitragen. Basierend auf verfügbaren Veröffentlichungen, wie Forschungspapieren und ⁠IPCC⁠-Berichten, wurde ein knapper Überblick über die wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen erstellt. Ein kürzlich veröffentlichtes UBA-Diskussionspapier zeigt auf, welche dieser Minderungsmaßnahmen im Rahmen der Globalen Bestandsaufnahme beschlossen wurden und erörtert, wie sie in die neuen NDCs einfließen können.

Gerechtigkeitsfragen bei der Globalen Bestandsaufnahme

Das Prinzip der Gerechtigkeit spielt bei der Globalen Bestandsaufnahme eine wichtige Rolle. Denn ehrgeizige kollektive Klimaschutzmaßnahmen, die den Schutz zukünftiger Generationen berücksichtigen, sind nur dann möglich, wenn alle ihren fairen Beitrag leisten. Eine Analyse der vier Gerechtigkeitskonzepte Verantwortung, Fähigkeiten/Möglichkeiten, Egalitarismus und Genügsamkeit, die im Rahmen des Forschungsprojekts erstellt wurde, hat gezeigt, dass gerechte und ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen das Anwenden mehrerer Konzepte erfordert. In allen Bereichen des Klimaschutzes ist es von entscheidender Bedeutung, die von Land zu Land und innerhalb der Länder unterschiedlichen Fähigkeiten zu berücksichtigen. Dabei sollten alle verfügbaren Möglichkeiten für mehr Klimaschutz genutzt und ausgeweitet werden.

Und jetzt? Die Ergebnisse des Global Stocktake nutzen

Ein im Auftrag des UBAs erstellter Bericht kommt zum Schluss, dass erhebliche Koordinierungs- und Kommunikationsanstrengungen unternommen werden müssen, um die Ergebnisse der Globalen Bestandsaufnahme für verstärkte Klimaschutzmaßnahmen nutzen zu können. Die nationalen Regierungen sind zwar verpflichtet, die Ergebnisse des GST aufzugreifen, aber viele von ihnen sind möglicherweise nicht in der Lage oder bereit, dies zu tun. Interessierte Akteure sollten daher differenzierte Strategien entwickeln, um die verschiedenen Phasen der Ausarbeitung der neuen nationalen Klimaschutzpläne (NDC) zu beeinflussen. Dabei sollten auch die unterschiedlichen Zielgruppen, Kanäle, Botschaften und Tonalitäten berücksichtigt werden, um eine effektive Kommunikation für jede Phase zu gewährleisten. Koalitionen aus gleichgesinnten Akteuren aus Politik, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen und Forschung können hier unterstützen. Sie sollten sich auf positive Botschaften konzentrieren, Chancen hervorheben, die sich aus ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen ergeben, und sich von anderen Ländern inspirieren lassen.

Im Vorfeld der zweiten Globalen Bestandsaufnahme, die in einem zweijährigen Prozess von 2026 bis 2028 stattfindet, wird es besonders interessant sein, die Kommunikation und den Einfluss der Ergebnisse der ersten Globalen Bestandsaufnahme auf die nächste Runde der NDCs zu beobachten und zu bewerten.

Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Globale Bestandsaufnahme  Klimaschutz  Übereinkommen von Paris  Klimarahmenkonvention  Klimapolitik