Bewertung der Rohwasserrelevanz von Chemikalien (REACH-VO)
Bewertung der Rohwasserrelevanz von Chemikalien im Geltungsbereich der REACH-VO
Bewertung der Rohwasserrelevanz von Chemikalien im Geltungsbereich der REACH-VO
Hintergrund
Rohwasser zur Trinkwassergewinnung wird in Deutschland vor allem aus Grundwasser, aus Oberflächenwasserspeichern oder mittels Uferfiltration aus Oberflächengewässern gewonnen. Sind die Gewässer mit Chemikalien belastet, kann es auch zu einer Kontamination des Rohwassers mit Chemikalien kommen. Bei der anschließenden Aufbereitung (z.B. Chlorung, Ozonung, UV-Bestrahlung) von Rohwasser werden trinkwasserrelevante organische Chemikalien häufig nicht oder nur unvollständig entfernt. Zusätzlich können aus ihnen durch die chemische Behandlung mit Chlor oder Ozon unerwünschte und teilweise toxische Transformationsprodukte entstehen.
Wasser ist ein existenzielles Lebensmittel und wir verbinden mit dem Begriff Trinkwasser ein Höchstmaß an Reinheit und den Ausschluss jeglichen gesundheitlichen Risikos. Zum vorsorglichen Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit ist gemäß Minimierungsgebot der TrinkwV 2011 der Eintrag potenziell rohwassergängiger Chemikalien in Oberflächengewässer und Grundwasser zu vermeiden oder wenigstens so gering zu halten, wie vernünftigerweise erreichbar (ALARA-Prinzip, englisch: As Low As Reasonably Achievable)). Demgegenüber greifen die REACH-Verordnung und deren Leitfäden bisher nur bei nachgewiesener Wirkung einer Chemikalie.
Zielsetzung des Umweltbundesamtes
Das Umweltbundesamt möchte den Trinkwasserschutz unter REACH stärken. Nur wenige Studien befassen sich bisher mit dem Eintrag von Chemikalien, die unter REACH registrierungspflichtig sind, von der Verwendung bis ins Roh- und Trinkwasser. Eine systematische Früherkennung aufgrund von Stoffeigenschaften und Verwendungen und anschließender vertiefter Risikobewertung rohwasserrelevanter Chemikalien ist bei einer Registrierung unter REACH bisher nicht explizit gefordert und findet sich bisher nicht in den Leitfäden für die Registrierungspflichtigen. Das Umweltbundesamt ist aber der Auffassung, dass der Eintrag rohwasserrelevanter Chemikalien in Oberflächengewässer und Grundwasser zum vorsorglichen Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit vermieden werden oder wenigstens so gering wie möglich gehalten werden sollte. Unter REACH sind für eine sichere Verwendung die registrierenden Unternehmen verantwortlich. Gesellschaftliche Folgekosten durch weitergehende Wasseraufbereitung, Mehrkosten im Gesundheitswesen und Umweltsanierungskosten dürfen nicht durch unsichere Verwendungen von rohwasserrelevanten Chemikalien billigend oder unwissentlich in Kauf genommen werden.
Das Umweltbundesamt möchte dazu beitragen für die registrierenden Unternehmen geeignete Leitlinien zu entwickeln, damit diese möglichst frühzeitig potentielle Rohwasserkontaminanten identifizieren und ggf. risikomindernde Maßnahmen bei der Verwendung durchführen können.
Klein, A.; Neumann, M.; Poster auf der GDCh-Tagung 2009
Bewertung trinkwasserrelevanter Chemikalien im Rahmen der REACH-VO
Neumann, M.; Klein, A.; Poster auf der SETAC Europe 21st Annual Meeting vom 15. bis 19. Mai 2011 in Mailand (Italien)
The protection of groundwater and drinking water within the REACH-system
Neumann, M.; Vortrag vor der 67. LAWA-AG Sitzung am 18. und 19.06.2012 in Lübeck
REACH ist anders oder Die Identifizierung regulierungsbedürftiger Stoffe zum Schutz der Umwelt
Neumann, M.; Vortrag auf der Gemeinsame Jahrestagung von SETAC GLB und der Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der GDCh vom 10. bis 13 September 2012 in Leipzig
Rohwasserrelevante Chemikalien mit Verwendung im Rahmen der REACH-Verordnung
Konzept für ein Screening nach rohwasserrelevanten Chemikalien
In den letzten Jahren hat das Umweltbundesamtes Vorarbeiten geleistet und zusammen mit dem Institut für Wasserforschung (IfW) ein erstes Konzept eines Screeningmodells zur Bewertung der Rohwassergängigkeit von Industriechemikalien entwickelt.
Das erste im Sommer 2010 abgeschlossene Sachverständigengutachten gibt einen Überblick über bereits bestehende Priorisierungsmodelle zur Bewertung der Rohwasserrelevanz. Dabei werden die Persistenz und Mobilität als die beiden wichtigsten Stoffeigenschaften herausgestellt, die das Umweltverhalten eines Stoffes und damit seine mögliche Trinkwasserbelastung bestimmen. Anhand einer Literaturrecherche konnten 151 Stoffe identifiziert werden, die bereits im Roh- oder Trinkwasser nachgewiesen wurden. Auf Basis derer Stoffeigenschaften wurde ein erstes Konzept für ein Screening nach rohwasserrelevanten Chemikalien erarbeitet.
Sachverständigengutachten FKZ 363 012 41
Definition und Bewertung von trinkwasserrelevanten Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung und Empfehlungen zum Screening nach potentiell kritischen Substanzen
Kurzfassung
Abschlussbericht
Kuhlmann, B., Skark, C., Zullei-Seibert, N., Klein, A., Fritzsche, E., Neumann, M.; Vom Wasser 109 (2011) 2, 31-70 S. 39-41
Bewertung der Trinkwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung
Verfeinerung und Validierung des Konzeptes für ein Screening nach rohwasserrelevanten Chemikalien
Das zweite im Winter 2011 abgeschlossene Sachverständigengutachten stellt für eine Reihe von Chemikalien im Geltungsbereich der REACH-Verordnung Daten zur Wasserlöslichkeit, Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient und Halbwertszeit (DT50) zusammen. Zusätzlich wurden weitere Kriterien, die die Rohwasserrelevanz beeinflussen – etwa die Verbrauchs- bzw. Produktionsmengen sowie die Art der Verwendung – recherchiert. Die Ableitung eines Indexsystems ermöglichte die Einteilung der Stoffe in solche mit geringer, mittlerer und hoher bis sehr hoher Rohwasserrelevanz. Eine abschließende Bewertung des Konzeptes für ein Screening nach rohwasserrelevanten Chemikalien war nicht möglich.
Sachverständigengutachten FKZ 360 010 59
Verfeinerung und Validierung des Screenings nach trinkwasserrelevanten Chemikalien im Geltungsbereich der REACH-Verordnung
Kurzfassung
Abschlussbericht
UBA-Fachgespräch „Bewertung der Rohwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung“
Auf dem ersten UBA-Fachgespräch „Bewertung der Rohwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung“ am 19.01.2011 wurde mit Fachleuten das weitere Vorgehen diskutiert und abgestimmt.
Vertreten waren vier Wasserversorger, vier Wasserforschungsinstitute, drei Universitäten und sechs Behörden. Bei den übrigen 28 Teilnehmern handelte es sich um Vertreter der Umweltbehörden der Länder Hessen und NRW sowie Fachkräfte aus den Bereichen der Wasserversorgung, Verfahrenstechnik, Umweltforschung und Umweltanalytik und Experten des Umweltbundesamtes aus FB II und IV.
Zu Beginn wurde die REACH-Verordnung (Rollenverteilung, Aufgaben und regulatorisches Instrumentarium) und die möglichen Strategien und Kriterien zur Identifizierung rohwasserrelevanter Stoffe und deren Verbreitungspotential vor. Die Diskussion wurde durch Vorträge über bekannte REACH-Chemikalien in Grund-, Oberflächen- und Trinkwasser sowie Methoden und Probleme bei der Analytik ergänzt. In der Abschlussdiskussion wurden die Ziele, Möglichkeiten, Grenzen und Notwendigkeit des Schutzes des Roh- und Trinkwassers vor anthropogenen Kontaminationen aufgezeigt.
Die wichtigsten Ergebnisse waren, dass die grundlegenden Prinzipien und Mechanismen der REACH-Verordnung (Eigenverantwortung der Unternehmen) immer noch zu wenig bekannt sind. Es war Konsens aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer das eine Vorhersage, aufgrund welcher Stoffeigenschaften und Verwendungen Chemikalien rohwasserrelevant sind auch im Geltungsbereich der REACH-Verordnung notwendig ist. Das Interesse an einer Zusammenarbeit im Rahmen der REACH-Verordnung zwischen den deutschen Akteuren bekundeten sowohl die Vertreter der Behörden als auch die der Wasserversorger und Wasserforschungsinstitute.
Agenda
Teilnehmer
Vorträge:
Bewertung der Trinkwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-VO (Neumann, M.; Klein, A.)
Bewertung der Trinkwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-VO (Kuhlmann, B.; Skark, C.; Neumann, M.; Klein, A.)
Ermittlung der Verweilzeiten des Sickerwassers als Maß für die intrinsische Verschmutzungsempfindlichkeit des Grundwassers (Hannappel, S.)
Abschätzung des Stoffeintrags bei der Uferfiltration (Scheytt, T.; Müller, B.; Zippel, M.; Hannappel, S.)
Trinkwasserrelevanz von chlorierten Organophosphaten (Flammschutzmittel) (Püttmann, W.)
Gesetzlich geregelte Analytik von Trinkwasser: - Scharfer Spürhund oder stumpfes Schwert? (Borchers, U.)
Industriechemikalien: Befunde und zukünftige Parameter (Brauch, H.)
Das zweite UBA-Fachgespräch „Bewertung der Rohwasserrelevanz von Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung“ ist für den Sommer 2013 geplant. Wenn wir sie einladen und informieren sollen schreiben Sie bitte an: Michael.Neumann(at)uba.de
Ausblick
Das Umweltbundesamt wird sicher weiter für den Trinkwasserschutz einsetzen. Dazu ist eine Studie geplant, die die bisherigen Erkenntnisse in ein auf REACH maßgeschneidertes Konzept zur Bewertung der Rohwasserrelevanz umsetzen und Leitlinien, Handlungsanweisungen und Bewertungstools für die registrierungspflichtigen Unternehmen erarbeiten soll. Die Ergebnisse werden auf einem Fachgespräch präsentiert und diskutiert. Das Vorhaben soll insgesamt auch eine Harmonisierung auf EU-Ebene initiieren.
UFOPLAN 2012 Vorhaben FKZ 371 265 416
Leitlinien für den vorsorglichen Schutz des Rohwassers zur Trinkwassergewinnung vor Kontaminanten durch Chemikalien im Rahmen der REACH-Verordnung
Bitte fordern Sie Informationen an: Michael.Neumann(at)uba.de
Weitere relevante Links
Technical Guidance Document zur Erstellung von Expositionsszenarien
ECHA (EUROPEAN CHEMICALS AGENCY, 2010): Guidance on information requirements and chemical safety assessment. Chapter R.16: Environmental exposure estimation. Helsinki. p. 101 ff.