Bakterielle Resistenzen in Klärschlamm

Ein Foto der Kläranlage Pirmasens. Bei der Abwasserbehandlung entsteht Klärschlamm, der neben überschüssigen Nährstoffen auch viele Schadstoffe und Bakterien enthält.zum Vergrößern anklicken
Kläranlage Pirmasens

Bei der Abwasserbehandlung entsteht Klärschlamm, der neben überschüssigen Nährstoffen auch viele Schadstoffe und Bakterien enthält (Kläranlage Pirmasens).

Quelle: Andrea Roskosch / UBA

Klärschlamm enthält eine Vielzahl an Stoffen, die in der Umwelt unerwünscht sind. Sie werden bei der Abwasserbehandlung in den Klärschlamm überführt. Die Qualität des Schlamms hängt u.a. von ortsabhängigen Faktoren ab. Die neue Studie zeigt, dass die Ausbaugröße einer Kläranlage keinen Einfluss auf das Vorkommen von Resistenzgenen oder resistenten Bakterien sowie Schadstoffen im Klärschlamm hat.

Ergebnisübersicht

  • Die Kläranlagengröße hat keinen entscheidenden Einfluss auf die Belastung von Klärschlamm mit bakteriellen Resistenzen und Schadstoffen (Schwermetalle, Antibiotika, Desinfektionsmittel).
  • Die Erarbeitung allgemeiner umweltverträglicher Anforderungen für eine mittelfristige Fortführung der bodenbezogenen Verwertung von Klärschlämmen aus Kläranlagen < 50.000 EW ist schwierig.
  • Ein weitergehendes Verbot der bodenbezogenen Nutzung von Klärschlamm reduziert den Eintrag von Resistenzgenen, mobilen genetischen Elementen und anderen unerwünschter Stoffe in die Umwelt.

Abwasserbehandlungsanlagen gelten aufgrund der dortigen Bedingungen als „hotspot“ für die Entwicklung, Anreicherung und Verbreitung resistenter Bakterien. Neben guter Nährstoffverfügbarkeit liegen in Abwasser und Faulschlamm Antibiotika und eine hohe Bakteriendichte vor. Die resistenten Bakterien lassen sich auch im Klärschlamm nachweisen, der über die bodenbzogene Verwertung, d. h. über Landwirtschaft oder Landschaftsbau, in die terrestrische Umwelt eingebracht wird. Im Oktober 2017 trat die novellierte Klärschlammverordnung in Kraft. Diese gibt vor, dass ab 2029 nur noch Abwasserbehandlungsanlagen <100.000 bzw. ab 2032 < 50.000 Einwohnerwerten (EW) Klärschlämme bodenbezogen verwerten dürfen. Vor dem Hintergrund, dass in Klärschlämmen bakterielle Resistenzen und eine Vielzahl weiterer bedenklicher Stoffe aus der Abwasserbehandlung zu finden sind, war Ziel des Vorhabens herauszufinden, ob sinnvolle Standards für die mittelfristige Fortführung der bodenbezogenen Klärschlammverwertung aus kleineren Anlagen erarbeitet werden können.

In der vorliegenden Studie des Julius-Kühn-Instituts wurden Schwermetalle, ausgewählte Antibiotika und Desinfektionsmittel in Klärschlämmen aus 12 Kläranlagen zwischen < 10.000 EW und > 100.000 EW (10 Anlagen < 50.000 EW) analysiert und bakterielle Resistenzen untersucht. Dazu wurde die Häufigkeit von Resistenzgenen sowie von mobilen genetischen Elementen (als wichtiger ⁠Indikator⁠ für potentiellen horizontalen Gentransfer) in Klärschlämmen aus Kläranlagen verschiedener Ausbaugröße und Böden nach Klärschlammverwertung quantitativ erfasst.

Die meisten der untersuchten Zielgene wurden gleichermaßen in Klärschlämmen verschiedener Kläranlagen detektiert. In allen untersuchten Klärschlämmen waren multiresistente Bakterien und Colistin-resistente coliforme Bakterien enthalten. Die Bestimmung erfolgte mittels qPCR. Die-Ergebnisse zeigen, dass in den Klärschlämme aus den kleineren Kläranlagen Resistenzgene und mobilen genetischen Elemente in gleicher Größenordnung vorhanden waren, als in Klärschlämmen aus den größeren Anlagen. In allen Klärschlämmen konnten Antibiotika nachgewiesen werden. Vor allem die Konzentrationen an Fluorochinolonen war besonders hoch (212 µg bis 2,49 mg pro kg Trockenmasse (TM) für Levofloxacin und 576 µg bis 6,75 mg pro kg TM für Ciprofloxacin). Fluorochinolone, Doxycylin, Triclosan, Kupfer und Zink korrelierten in den durchgeführten Untersuchungen positiv mit der Abundanz vieler der untersuchten ⁠Resistenz⁠-Zielgene.  

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zeigen, dass Klärschlämme aus kleineren Abwasserbehandlungsanlagen eine ähnlich hohe Belastung an bakteriellen Resistenzen und Schadstoffen (Schwermetalle, Antibiotika, Desinfektionsmittel) aufweisen, als solche aus großen Anlagen. Die Erarbeitung allgemeiner umweltverträglicher Anforderungen für eine mittelfristige Fortführung der bodenbezogenen Verwertung von Klärschlämmen aus Abwasserbehandlungsanlagen < 50.000 EGW erscheint daher nicht möglich.

Die Qualität von Klärschlämmen wird von einer Vielzahl ortsabhängiger und aufeinander wirkenden Faktoren (u. a. ⁠Einzugsgebiet⁠, Einleiterzusammensetzung, Anteil Misch-/Trennkanalisation) beeinflusst. Die durchgeführten Untersuchungen reichen nicht aus, um darauf basierend allgemeingültige Anforderungen zu empfehlen, die sicher stellen, den Eintrag von bakteriellen Resistenzen auf ein Minimum zu begrenzen. Vielmehr verstärken die Ergebnisse den Eindruck, dass nur eine weiterführende Einschränkung oder ein grundsätzliches Verbot der bodenbezogenen Klärschlammverwertung ein Beitrag sein kann, die ⁠anthropogen⁠ verursachte Verbreitung von Resistenzgenen und mobilen genetischen Elementen sowie anderer unerwünschter Stoffe in die Umwelt zu reduzieren.

Weitergehend ist es wichtig, weitere Eintragsquellen aus dem Abwasserfahrt im Blick zu haben. So wird in anderen laufenden Forschungsvorhaben untersucht, welche Einträge an resistenten Bakterien und Schadstoffen über Abwasser und Abschläge aus der Mischwasserkanalisation in die aquatische Umwelt gelangen.