Trends zur Verbreitung von Munitionsresten in der Meeresumwelt

Kontamination von Meeresfrüchten durch Kontakt mit freiliegenden Sprengstoffen aus durchrostender Munitionzum Vergrößern anklicken
Kontamination von Meeresfrüchten

durch Kontakt mit freiliegenden Sprengstoffen aus durchrostender Munition

Quelle: Institute of Toxicology and Pharmacology for Natural Scientists/ UKSH/ Kiel

In Nord- und Ostsee wurden große Mengen chemischer Kampfstoffmunition und konventioneller Munition versenkt. Die Sprengstofftypischen Verbindungen (STV) sind toxisch und krebserregend. In welchem Ausmaß die Organismen in Nord- und Ostsee bereits mit STV belastet sind und ob Meeresfrüchte noch von Menschen verzehrt werden können, wurde in dem Projekt TATTOO untersucht.

Im TATTOO Projekt wurden von dem Institut für Toxikologie und Pharmakologie für Naturwissenschaftler des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel verschiedene biologische Proben (u.a. Muscheln und Fische, aber auch marine Säuger) sowie Sedimente auf verschiedene Sprengstofftypische Verbindungen (STV) sowie ihre ⁠Metabolite⁠ untersucht und die gewonnenen Daten toxikologisch bewertet. Die Ergebnisse wurden im Abschlussbericht und in einem UMID online Artikel veröffentlicht.

Dazu wurden in vier Arbeitspaketen die zeitliche Anreicherung von STV in Muscheln und Fischen, die räumliche Verteilung von STV in Muscheln und Sediment, die Anreicherung von STV im Nahrungsnetz und die Belastung mit chemischen Kampfstoffen untersucht und bewertet:

Arbeitspaket 1: zeitliche Anreicherung von STV

Das Umweltbundesamt stellte für das Projekt tiefgefrorene Miesmuschel- und Aalmutterproben von zwei Nordsee- und einem Ostseestandort mit jährlichen Proben über die letzten 30 Jahre zur Verfügung. Diese Proben wurden auf das Vorkommen von Trinitrotoluol (TNT) und seine Metaboliten analysiert und bewertet. Die Ergebnisse sind wissenschaftlich publiziert. Dazu wurde die Probenaufbereitung optimiert um die ⁠Nachweisgrenze⁠ für die Schadstoffe zu verringern, um kleinste Mengen nachzuweisen.

Arbeitspaket 2: räumliche Verteilung von STV

Das Umweltbundesamt hatte die Umweltämter der Küstenländer von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gebeten, im Rahmen des jährlichen Schadstoffmonitorings in Biota, für das TATTOO Projekt zusätzliche Muschel- und Sedimentproben von den Monitoringstationen in den Küstengewässern der Nord- und Ostsee zur Verfügung zu stellen. Diese Proben wurden vom UKSH auf Trinitrotoluol (TNT) und seine Metabolite analysiert und bewertet. Die Ergebnisse sind wissenschaftlich publiziert.

Arbeitspaket 3: Anreicherung von STV in der marinen Nahrungskette

Das Umweltbundesamt stellte dem UKSH 30 weitere Biota-Proben (vorwiegend Prädatoren am oberen Ende des Nahrungsnetzes) zur Verfügung, die aus Sammlungen Dritter stammen. Dazu vermittelte das Umweltbundesamt die Bereitstellung von Gewebeproben von marinen Säugern (Robben und Schweinswalen) und Eiderenten u.a. vom Meeresmuseum in Stralsund und der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Die Proben wurden vom UKSH auf den Gehalt an STV untersucht, um festzustellen, ob „höhere“ Organismen die STV vermehrt in ihrem Gewebe anreichern und abzuschätzen, ob letztendlich auch der Mensch durch den Genuss von marinen Nahrungsmitteln gefährdet sein könnte. Die Ergebnisse zu STV Gehalten in Eiderenten wurden wissenschaftlich publiziert.

Arbeitspaket 4: Belastung mit chemischen Kampfstoffen

Neben konventioneller Munition wurden auch chemische Kampfstoffe wie Tabun, Sarin, Soman und VX (Organophosphate) in Nord- und Ostsee versenkt. Chemische Kampfstoffe zerfallen durch Hydrolyse relativ schnell, so dass der Nachweis dieser Stoffe besonders schwierig ist. Das UKSH vergibt einen Auftrag zur Analyse von ca. 20 Verdachtsproben aus der Nähe von Versenkungsgebiete.

Eine Arsenbelastung in Wasser, Sediment und Biota kann auf das Vorhandensein chemischer Kampfstoffe hinweisen, da Arsen Bestandteil von Lewisit, Adamsit, Clark 1 und Clark 2 ist. Dazu hat das UKSH über 5.000 Messwerte überwiegend von Arsen im Sediment von Nord- und Ostsee aus der Meeresumweltdatenbank des ⁠UBA⁠ sowie die Zeitreihen der Umweltprobenbank von Arsen in Blasentang, Miesmuscheln, Aalmuttern und Silbermöwen aus Nord- und Ostsee ausgewertet. Eine toxikologische Abschätzung zur Arsenbelastung durch chemische Kampfstoffe muss berücksichtigen, dass die Ursache für eine mögliche Arsenbelastung neben den chemischen Kampfstoffen auch geogen freigesetztes Arsen sein kann.

Die Ergebnisse können dem Abschlussbericht entnommen werden.

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 Meer  Munition im Meer  Schadstoffe  konventionelle Munition  Nordsee  Ostsee  chemische Kampfstoffe  Sprengstoff typische Verbindungen