Klima-Werkstatt – Klimaschutz- und Anpassungspotenziale einer Region und ihre Erschließung

Hintergrund und Ziele

Die ⁠Klima⁠-Werkstatt ist eine aktive Gemeinschaft, die die Chancen des Klimawandels erschließen möchte. Sie besteht aus Bürgern, Initiativen, Unternehmen und Kommunen, die bei der Nutzung der Energie, dem Tourismus sowie der Land- und Wassernutzung Chancen ergreifen wollen - für sich und für die Region.

Das Ziel der Klima-Werkstatt ist es, am Beispiel der Region Chiemgau - Inn - Salzach - Berchtesgadener Land eine breite Bevölkerung für ⁠Klimaschutz⁠ und -anpassung zu sensibilisieren und in die Gesellschaft als Ganzes hinein zu wirken. Dies soll durch folgende Unterziele erreicht werden:

  • Sich selbst tragende Netzwerkstrukturen aufbauen: Die regionalen Akteure im Hinblick auf die Ziele Klimaschutz und -anpassung bündeln und Möglichkeiten für Austausch schaffen.
  • Die Chancen des Klimawandels nutzen: In Modellprojekten die regionale Wertschöpfung für klimaschonende Produkte und Dienstleistungen aktiv erschließen.
  • Die Region spürbar mobilisieren: Engagement für Klimaschutz- und Anpassung ausweiten.
  • Übertragbares Modellbeispiel schaffen: Chiemgau - Inn - Salzach - Berchtesgadener Land als Vorbild.

Laufzeit

bis

Untersuchungsregion/-raum

Land
  • Deutschland
Bundesland
  • Bayern
Naturräumliche Zuordnung
  • Alpen
  • Alpenvorland
Räumliche Auflösung / Zusatzinformationen 

Chiemgau, Inn, Salzach, Berchtesgadener Land

Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel

Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben

Ansatz und Ergebnisse 

Um die Auswirkungen des Klimawandels für die Modellregion und für das Projekt bewerten zu können, erarbeitete das Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Bereich atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) Klimaszenarien für mögliche Klimaänderungen in der Region Chiemgau-Inn-Salzach-Berchtesgadener Land von 2070 zum Jahr 2099.

Schon jetzt sind erste Veränderungen des Klimas zu beobachten. Seit Beginn der Temperaturmessungen im Jahr 1860 ist die globale mittlere Jahrestemperatur um 0,9°C gestiegen. Diese Zahl erlangt eine besondere Brisanz, wenn man sich ins Bewusstsein ruft, dass die Temperaturschwankungen zwischen der letzten Eiszeit und der heutigen Warmzeit nur gerade einmal 4°C betragen. Auch in Deutschland lässt sich ein Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um bis 2°C feststellen. Hinzu kommt eine saisonale Umverteilung des Niederschlags mit einem Anstieg im Frühjahr und im Spätwinter und einer Abnahme um bis mehr als 20% im Sommer, jedoch mit großen regionalen Unterschieden. Zusätzlich lässt sich ein Anstieg der Anzahl und Intensitäten von meteorologischen Extremereignissen (u. a. Starkniederschlag, Trockenheit, Hitzewellen, Sturm) in Deutschland verzeichnen.

Vergleicht man die Zeiträume 1960–89 und 2070–2099 miteinander, so ist mit einem Anstieg der mittleren Jahrestemperatur von ca. 3°C in der Region Chiemgau–Inn–Salzach–Berchtesgadener Land zu rechnen. Besonders die Sommer werden heißer werden. Zusätzlich muss mit einer deutliche Abnahme des Sommerniederschlages um bis 30% gerechnet werden. Das heißt es wird zukünftig längere und intensivere Trockenperioden geben. Ebenfalls werden die Starkniederschläge in der Region zunehmen.

Parameter (Klimasignale)
  • Hitzewellen
  • Veränderte Niederschlagsmuster
  • Höhere mittlere Temperaturen
  • Starkniederschlag (inkl. Hagel, Schnee)
  • Sturm
  • Trockenheit

Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)

Analyseansatz 

Auswirkungen der Klimaänderungen:

  • Durch die Zunahme der Sturmereignisse werden höhere Schadenssummen zu verzeichnen sein, besonders durch Windbruch, Ernteeinbußen, Gebäudeschäden.
  • Hochwassersituationen (v. a. in kleine Fließgewässern und für Wohngebiete) werden sich durch Intensivierung der Niederschlagsereignisse und Wechsel von Schnee in Regen häufen.
  • Die naturnahen und land- bzw. forstwirtschaftlich genutzten Ökosysteme werden sich u. a. durch Dürren, Waldbrände, Schädlinge, veränderte ⁠Vegetationsperiode⁠ verändern.
  • Die Wasserverfügbarkeit und ⁠Grundwasserneubildung⁠ wird abnehmen mit Auswirkungen auf Trinkwasserversorgung, Wasserkraft, Kühlwasser für Kraftwerke und die Landwirtschaft.

Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen

Maßnahmen und/oder Strategien 

Das Projekt bestand aus drei Handlungsfeldern, für die zum Teil auch Anpassungserfordernisse betrachtet worden sind:

1) Energie und Handwerk:

Ziel in diesem Handlungsfeld war es, regionale Ansätze zu erforschen und zu entwickeln, um die im Chiemgau vorhandenen erneuerbaren Energieressourcen verstärkt und effizienter zu nutzen und unabhängiger vom Erdöl zu werden. Drei Gemeinden des westlichen Chiemgaus (Bad Endorf, Griesstätt, Vogtareuth) wurden bei der Planung, Erstellung und beim Betrieb von kommunalen Biomasseheizwerken unterstützt. Ein weiteres Projekt war das Chiemgauer Sonnenhaus, das über die Möglichkeiten des Heizens mit der Sonne informierte.

2) Landwirtschaft und Wasser:

Ziel in diesem Handlungsfeld war es, durch die Vernetzung von regionalen Akteuren Maßnahmen zu entwickeln und zu unterstützen, die den Interessen von Wasserversorgung, Landwirtschaft, Verarbeitern und Tourismus gleichermaßen gerecht werden.

Für die Stärkung des Grünlands zur Sicherung seiner multifunktionellen Wirkungen für Ressourcenschutz und Gesellschaft wurden folgende Modellprojekte und Aktionen verfolgt:

– Fortbildung und Vernetzung der regionalen Wasserschutzberater und der trinkwassersensiblen Kommunen zur Vorbereitung auf den ⁠Klimawandel⁠;

– Informationsveranstaltungen und Arbeitskreise zur Möglichkeit der Erhöhung der Grünfutterqualität durch Grastrocknung mit Hackschnitzelheizwerken;

– Informationsveranstaltungen und Aktionen über den Mehrwert von grünlandbasierten Fleisch- und Milchprodukten für Verbraucher und Verarbeiter;

– Fortbildung landwirtschaftlicher Betriebe;

Auf diese Weise konnte eine regionale Strategie zur Konfliktprävention zum Klimawandel erarbeitet werden.

3) Mobilisierung:

Im Handlungsfeld "Mobilisierung der Verbraucher/Bevölkerung" sollten die regionalen Akteure in den Bereichen Beteiligungsmanagement, Social Marketing und Öffentlichkeitsarbeit in einem Teilnetzwerk gebündelt werden. Darüber hinaus sollten verschiedene Kommunikations- und Beteiligungsmethoden konzipiert und erprobt werden, um die Chancen und Risiken des Klimawandels der Bevölkerung und den Verbrauchern dauerhaft bewusst zu machen und diese Gruppen für vorsorgende Klimaschutzmaßnahmen zu mobilisieren.

Bei dem Projekt "Testverbraucher" wurden die Lebensgewohnheiten ausgewählter Verbraucher aus der Region Südostoberbayern genauer analysiert. Die teilnehmenden Haushalte wurden gezielt zu den Themen Heizen, Auto fahren, Stromverbrauch, Einkaufen und Ernährung beraten und informiert und für jeden Teilnehmer eine persönliche Klimabilanz erstellt. In verschiedenen Gruppentreffen und Infoveranstaltungen, stets in einer Kombination von Information, Erleben und Schmecken, erfolgte eine weitere Beratung und Sensibilisierung. Es fand eine große Abschlussveranstaltung statt, bei der auch die Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt wurden. Zu diesem Anlass wurden die Studienteilnehmer als Anerkennung für ihre Leistungen und ihr Engagement im Bereich des Klimaschutzes als "Klimahelden" gekürt.

Es zeigt sich, dass die stärksten Verhaltensänderungen sich mit Maßnahmen erzielten lassen, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Alleine durch einfache Maßnahmen, wie z.B. bewusstes Lüften, Wechsel zu Ökostromanbietern, Bevorzugung von regionalen Waren und Verzehr von weniger, aber dafür qualitativ hochwertigen Fleischprodukten aus der Region, kann der persönliche ⁠CO2⁠-Ausstoß eines Durchschnittsbürgers um 13 % reduziert werden.

Allerdings reicht es nicht aus, Menschen über den Klimawandel und seine Auswirkungen zu informieren und aufzuklären. Damit Verbraucher ihr Verhalten ändern, und sie Maßnahmen, wie z.B. den Einkauf von regionalen Lebensmitteln in ihre Alltagsroutinen integrieren, müssen sie begeistert werden. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Gemeinschaft zu. Es fällt dem Einzelnen leichter seinen Lebensstil zu verändern, wenn er sich nicht als Einzelkämpfer fühlt. In einer Gruppe Gleichgesinnter kann man sich über die erlebten Erfahrungen, Erfolge aber auch Rückschläge austauschen. Das motiviert und macht darüber hinaus auch noch Spaß.

Zeithorizont
  • 2071–2100 (ferne Zukunft)

Wer war oder ist beteiligt?

Förderung / Finanzierung 

Das Projekt wird durch die ⁠BMBF⁠-Fördermaßnahme klimazwei "Forschung für den ⁠Klimaschutz⁠ und Schutz vor Klimawirkungen" gefördert.

Projektleitung 

Technische Universität München

Beteiligte/Partner 

Zusätzlich zur TU München sind in dem Projekt noch eine Steuerungsgruppe, Praxispartner, ein Beirat und Kooperationspartner (IÖW: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und das Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), Forschungszentrum Karlsruhe, Garmisch-Partenkirchen) involviert.

Ansprechpartner

Technische Universität München.
Am Hochanger 4
D-85350 Freising

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Handlungsfelder:
 Biologische Vielfalt  Energieinfrastruktur  Landwirtschaft  Menschliche Gesundheit und Pflege  Raumplanung, Stadt- und Siedlungsentwicklung  Tourismuswirtschaft  Wald- und Forstwirtschaft  Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft