Hintergrund und Ziele
Das Projekt identifiziert die regionale Betroffenheit das Landes Baden-Württemberg durch den Klimawandel sowie relevante Wirkdimensionen, Akteure und Sektoren einschließlich ihrer Wechselwirkungen. Daraus erfolgt eine Ableitung des Anpassungs- und Handlungsbedarfs, der aufgrund der absehbaren Klimafolgen entsteht und der auch Konfliktpotenzial beinhaltet. Weiterhin wird eine kontinuierliche Beobachtung, Sammlung und Aufbereitung des Erkenntnisfortschrittes zu regionalen Klimawirkungen betrieben.
Das Projekt wird von einer Projektgruppe vorbereitet und begleitet, die die für Baden-Württemberg relevanten Themen analysiert und Hintergrundinformationen zum Klimawandel in Form eines Analyserasters vorgelegt hat. Das Analyseraster
- fasst den bei der wissenschaftlichen Begleitung und der Projektleitung vorliegenden Kenntnisstand über mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf Baden-Württemberg zusammen,
- schlägt eine vorläufige Rangfolge der möglichen Auswirkungen nach ihrer Relevanz für das Land und damit für die weitere Bearbeitung vor,
- formuliert darüber hinaus offene Fragen und Forschungsbedarf zur Konkretisierung der Problemlagen und zur Erarbeitung von Anpassungsstrategien und
- schlägt beispielhaft Anpassungsmaßnahmen gegen einzelne Klimafolgen vor.
Zentrales Ziel ist die Findung von Prioritäten für den Umgang betroffener Teilregionen und Wirtschaftssektoren mit den Klimafolgen und die Identifizierung von Anpassungsmaßnahmen zur Verminderung vorhandener Verwundbarkeiten. Dazu gehören die Abschätzung der möglichen Folgen des Klimawandels und die Erkennung des resultierenden Handlungsbedarfs sowie die Erfassung der Auswirkungen des Klimawandels, für die das Land Baden-Württemberg besonders anfällig ist. Die untersuchten Themenschwerpunkte umfassen die Analyse bestehender Verwundbarkeiten, die regionale Ausprägung des Klimawandels in Baden-Württemberg, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, auf die Landwirtschaft und den Weinbau, auf die Forstwirtschaft, auf den Tourismus, auf die Vogelwelt und den Naturschutz, auf Schifffahrt und Wasserkraftnutzung am Neckar sowie die Entwicklungen bei Extremereignissen mit großem Schadenspotenzial.
Laufzeit
bisUntersuchungsregion/-raum
- Deutschland
- Baden-Württemberg
- Alb und nordbayerisches Hügelland
- Alpenvorland
- Oberrheingraben
Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel
Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben
Die klimatischen Belastungen ergeben sich aus dem Vergleich des bisherigen Klimas (Basisszenario für den Zeitraum 1951 bis 2000) und einer zu erwartenden zukünftigen Klimaveränderung im Zeitraum 2001 bis 2055 (Zukunftsszenario). Dafür wird ein statistisches Regionalmodell verwendet, in dem durch ein "downscaling"-Verfahren generalisierte Informationen aus einem globalen Klimamodell mit regionalen Beobachtungsdaten verbunden werden. Die Berechnungen in den Klimamodellen erfolgen mit drei verschiedenen Ansätzen auf der Basis des SRES-Emissionsszenarios A1 des IPCC: a) REMO (dynamisches regionales Klimamodell des MPI für Meteorologie, Hamburg), b) GROWEL (statistisches Regionalmodell der Firma Meteo-Research) und c) STAR (statistisches Regionalmodell des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung).
Basisszenario: Temperaturzunahme zwischen 0,6 und 1,5°C, Niederschlagszunahme um im Mittel 90 mm pro Jahr (relative mittlere Zunahme um 9%), Veränderung von Schwellenwertereignissen: Zunahme der Sommertage mit maximalen Temperaturen über 25°C, Abnahme der Frosttage mit minimalen Temperaturen unter 0°C und Zunahme der Starkniederschlagstage mit Niederschlägen größer 10 mm.
Zukunftsszenario: weiterer mittlerer Temperaturanstieg von 1,2°C, geringfügige Abnahme des Niederschlags (im Westen und Norden Baden-Württembergs deutliche Zunahme der Niederschläge), saisonalen Verschiebung mit abnehmender Niederschlagsmenge im Sommer und zunehmender Niederschlagsmenge im Winter, Zunahme der Sommertage und Abnahme der Frosttage sowie regional unterschiedliche Trends bei den Starkniederschlagstagen.
- Veränderte Niederschlagsmuster
- Höhere mittlere Temperaturen
- Starkniederschlag (inkl. Hagel, Schnee)
2055
Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)
Klimafolgen im Bereich der menschlichen Gesundheit entstehen durch die Erhöhung der witterungsbedingte Mortalität, da es zu einem deutlichen Anstieg der Anzahl der Tage mit Wärmebelastung und einem Rückgang der Anzahl der Tage mit Kältestress kommen kann, wobei der Anstieg der Zahl der Tage mit Wärmebelastung relativ gesehen stärker ist.
In der Landwirtschaft sowie im Obst- und Weinbau können günstigere klimatische Bedingungen durch Temperaturanstieg und CO2-Düngung (z.B. im Maisanbau) positive Effekte verursachen. Geringfügige klimabedingte Ertragseinbußen können allerdings durch Trockenstress (Weizen) entstehen. Ein wärmeres und feuchteres Klima führt zu einem höheren Schaderregerdruck z.B. im Apfelanbau. Der Forstsektor wird durch die Klimaparameter Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte und Strahlung betroffen, welches Auswirkungen auf Produktivität, Trockenstress und Waldbrandgefahr hat.
Der Tourismussektor kann von günstigen Entwicklungen der baderelevanten Klimaparameter wie Maximaltemperatur, Bewölkungsgrad und tägliche Sonnenscheindauer profitieren, da die Anzahl der "potenziellen Badetage" wahrscheinlich zunimmt und sich die Badesaison verlängert. Im Gegensatz dazu sind für den Wintertourismus eher negative Effekte durch abnehmende Schneesicherheit wahrscheinlich.
Im Bereich Naturschutz kommt es zu deutlichen Auswirkungen auf das Zug- und Brutverhalten sowie auf die Artenzusammensetzung und das Verbreitungsgebiete der Vögel. Ein "konservierender" Naturschutz wird in Zukunft kaum noch möglich sein.
Im Bereich Wasserwirtschaft führt der Anstieg der mittleren jährlichen Abflussverhältnisse zu tendenziell günstigeren Bedingungen für die Wasserkraftnutzung. Die Anzahl der Tage mit eingeschränkter Schiffbarkeit aufgrund von Niedrigwasser kann sich ebenfalls erhöhen.
Hinsichtlich der Extremereignisse nimmt die Intensität von Gewittern mit Hagel zu. Weiterhin sind signifikante Veränderungen für einige Großwetterlagen seit Anfang der 70er Jahre zu beobachten, die im Zusammenhang mit dem Auftreten meteorologischer Ereignisse stehen, die ein großes Schadenspotenzial haben: Die beobachtete Zunahme der Dauer der "Westlage zyklonal" im Winter sowohl für schwere Winterstürme (z.B. Sturm "Lothar") als auch für Hochwasserereignisse ist dabei als sehr kritisch anzusehen.
Describe here, which approach for the vulnerability analysis, risks and/or chances is/was used within your project and which results emerged from it or are expected
Ziel ist die Benennung von Prioritäten für den Umgang betroffener Teilregionen und Wirtschaftssektoren mit dem Klimawandel und Identifizierung von Maßnahmen zur Verminderung der vorhandenen Verwundbarkeiten (Vulnerabilitäten). Die Analyse bestehender Vulnerabilitäten durch sog. Verwundbarkeitsanalysen soll auf mögliche Gefährdungen und Schwachstellen hinweisen und Handlungsoptionen aufzeigen. Bestandteile der Verwundbarkeitsanalyse sind:
- Die Belastungen durch klimabedingte Einwirkungen auf ein System (Region, Bauwerk, Anlage, Staat, Unternehmen etc.); Beispiel Gesundheit: Wärmebelastung der Bevölkerung in Ballungsgebieten während einer längeren Hitzeperiode;
- Die Sensitivität oder Empfindlichkeit, die das System gegenüber den Belastungen aufgrund seiner sozioökonomischen Struktur aufweist; Beispiel Gesundheit: Siedlungsdichte und ein Anteil älterer bzw. empfindlicherer Menschen;
- Die potenziellen Auswirkungen, die sich aus der Kombination von Belastung und Sensitivität ergeben können; Beispiel Gesundheit: wachsende Gesundheitsprobleme (Kreislauferkrankungen) und Mortalität;
- Das Anpassungspotenzial des Systems (Gesellschaft, Region, Wirtschaftssektor, Unternehmen). Darunter versteht man seine Fähigkeit zur Planung, Vorbereitung, Unterstützung und Implementierung von Handlungsmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel; Beispiel Gesundheit: Warn- und Notfallsysteme, Gebäudedesign und Stadtplanung;
- Die tatsächliche Verwundbarkeit, die sich erst aus der Kombination der vorherigen Faktoren ergibt. Sie kann mit Hilfe eines Bündels vorausschauender Anpassungsmaßnahmen, das aus unterschiedlichen Maßnahmen aus verschiedenen Sektoren besteht, reduziert werden (z.B. Vulnerabilität der Bevölkerung gegenüber thermischer Belastung als Produkt der Auftretenshäufigkeit einer thermischen Belastung mit der Sensitivität: Erhöhung durch Wärmebelastung über alle Landkreise gemittelt um ca. 20%, wobei landesweit mit jährlich 180 bis 400 zusätzlichen hitzebedingten Todesfällen gerechnet werden muss und die Abnahme der Vulnerabilität durch weniger Kältestress diesen Anstieg nicht kompensieren kann).
Bei solchen Verwundbarkeitsanalysen soll es nicht um die Darstellung von Katastrophenszenarien gehen. Vielmehr sollen die Ergebnisse auf mögliche Gefährdungen und Schwachstellen hinweisen und Handlungsoptionen aufzeigen. Die Analysen zeigen, dass eine regional- und sektorenspezifische potenzielle Verwundbarkeit besteht. Aus der Wahrnehmung der Verwundbarkeit kann die Gesellschaft Handlungsoptionen zur Durchführung gezielter Anpassungsmaßnahmen ableiten und implementieren.
Neben der Auftretenshäufigkeit thermischer Belastungen wurde die Sensitivität der Bevölkerung für diese Art von Stress bestimmt werden. Ergebnis ist, dass insbesondere die Bevölkerungsgruppe über 75 Jahre sensitiv auf thermische Belastung reagiert.
Von den die Verwundbarkeit bestimmenden Einflussfaktoren ist die Anpassungsfähigkeit von entscheidender Bedeutung im Hinblick auf die Notwendigkeit von Handlungsoptionen. Hier kommen auch am stärksten Interessenskonflikte zum Tragen. Die Anpassungsfähigkeit ist ein Maß für die Anzahl, Qualität und Durchführbarkeit der verschiedenen prinzipiell zur Verfügung stehenden Anpassungsmöglichkeiten. Sie muss im Hinblick auf mindestens drei Fragen spezifiziert werden: Welche administrativen Ebenen werden berücksichtigt? Welcher Sektor wird untersucht? Welche Klimaereignisse werden berücksichtigt? Hierzu sind zwei Ansätze denkbar:
1. ein objektivistischer Ansatz (top-down) mit "objektiven" Indikatoren, die aus Vorstellungen über die dem Anpassungsprozess zugrunde liegenden Mechanismen gewonnen werden und die die verschiedenen Aspekte des Anpassungsprozesses erfassen sollen und
2. ein subjektivistischer Ansatz (bottom-up) mit subjektiv wahrgenommenen Risiken und Anpassungsmöglichkeiten, die von Entscheidungsträgern über Fragebögen ermittelt werden. Zukünftige Veränderungen der Anpassungsfähigkeiten werden bisher meistens nicht berücksichtigt.
Die Akteure sollten sich v.a. mit den Auswirkungen des Klimawandels befassen, für die das Land besonders anfällig ist. Dabei sollten sektorale und gebietsbezogene Schwerpunkte von Risiken und Chancen gesetzt sowie Prioritäten der Risikovorsorge erstellt werden.
Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen
Anpassung ist der Schlüsselbegriff des Projekts, da es darum geht, Prioritäten für den Umgang betroffener Teilregionen und Wirtschaftssektoren zu finden und Maßnahmen zur Verminderung vorhandener Verwundbarkeiten zu identifizieren. Ziel ist die Beschreibung des Anpassungs- bzw. Handlungsbedarfs durch die Identifikation der regionalen Betroffenheiten, der relevanten Wirkdimensionen, Akteure sowie deren Interdependenzen. Dabei sollen vermeidbare Risiken der Klimaveränderung für Baden-Württemberg erkannt und mögliche Chancen der Landesentwicklung auch im Zeichen des Klimawandels genutzt werden.
Die Untersuchungen über Anpassung in der Landwirtschaft umfassen die Aspekte Fruchtfolge, Beregnung, Bodenbearbeitung, Düngung und Pflanzenschutz. Im Gebäude- und Infrastrukturbereich sind Aspekte der Bemessungsvorgaben und -verfahren, der technischen Auslegungen von Gebäuden sowie der Bauvorschriften und Baunormen zu nennen. Weitere Anpassungsmaßnahmen sind Innovationen zur Vermeidung sommerlicher Überhitzung, Weiterentwicklung der Bemessungsvorgaben für die Wasser- und Energieversorgungseinrichtungen, Hitzewarnsysteme, klimagerechte Stadtplanung und dynamische Naturschutzstrategien.
- 2036–2065
Untersuchung des Konfliktpotentials, das durch erforderlichen Anpassungs- und Handlungsbedarf entstehen kann.
Wer war oder ist beteiligt?
Umweltministeriums Baden-Württemberg
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
LUBW - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
Griesbachstraße 1
D-76185 Karlsruhe