Hintergrund und Ziele
Auf der 8. trilateralen Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres in Stade (1997) wurde vereinbart, eine Untersuchung über die möglichen Folgen eines beschleunigten Meeresspiegelanstiegs durchzuführen. Auf der Basis dieser Untersuchung sollen Vorschläge für künftige integrierte Strategien zum Küsten- und Naturschutz erarbeitet werden. Im Jahre 1998 wurde zu diesem Zweck die trilaterale Expertengruppe "Coastal Protection and Sea Level Rise" (CPSL) einberufen, die sich aus Vertretern der Küstenschutz- und Naturschutzverwaltung der drei Wattenmeer-Anrainerstaaten zusammensetzt. Die Resultate wurden auf der 9. trilateralen Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres in Esbjerg (Dänemark) im Jahr 2001 präsentiert. Im Bewusstsein der hohen Aktualität und Dringlichkeit von nachhaltigen Strategien für den Küstenschutz vereinbarten die Minister, die Arbeiten von CPSL fortzusetzen. In dieser zweiten Phase (CPSL II: 2003 bis 2005) konzentriert sich die Arbeit auf die Entwicklung von integrierten Lösungsstrategien. Die dritte Phase wurde 2010 mit dem dritten Bericht abgeschlossen: Schwerpunkt der Untersuchungen war die Rolle der räumlichen Planung und des Sedimentmanagements.
Die integrierten Lösungsstrategien werden auf folgende Punkte geprüft:
- Sicherheitsstandard;
- Umweltverträglichkeit ("Best Environmental Practice");
- Kosten-Nutzen-Verhältnis;
- Akzeptanz in der Bevölkerung;
- rechtliche Aspekte;
- Konflikte mit anderen Interessen im Wattenmeer (z.B. Tourismus).
Weiterhin sollte sichergestellt werden, dass eine Lösung in einem Teil des Wattenmeeres nicht in einer anderen Region negative Folgen nach sich zieht. Da die optimale Lösung stark davon abhängt, wie sich das Wattenmeer in Zukunft entwickelt, werden zwei geomorphologische Szenarien entwickelt und untersucht. Die Resultate von CPSL II dienen als Grundlage für die 10. Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres im Jahr 2005.
Erstes Ziel der Expertengruppe ist die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnis der wichtigsten Abläufe im Wattenmeer über Geomorphologie, Biologie und Küstenschutz. Darauf aufbauend werden für Szenarien des Meeresspiegelanstiegs die Auswirkungen auf ausgewählte physische, biologische und sozioökonomische Parameter untersucht. Als nächstes werden dann nachhaltige Küstenschutzmaßnahmen (sog. "Best Environmental Practices") ausgewählt, mit denen die heutigen Sicherheitsstandards auch in Zukunft gewährleistet werden können.
Laufzeit
bisUntersuchungsregion/-raum
- Dänemark
- Deutschland
- Niederlande
- Niedersachsen
- Schleswig-Holstein
- Küste
- Nordwestdeutsches Tiefland
Schritte im Prozess zur Anpassung an den Klimawandel
Schritt 1: Klimawandel verstehen und beschreiben
Es werden drei Szenarien für den Meeresspiegelanstieg verwendet: +10 cm, +25 cm und +50 cm. Für die zukünftige Entwicklung des Wattenmeers werden zwei geomorphologische Szenarien aufgestellt.
- Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten
- mittelfristig = bis 2050
Schritt 2a: Risiken erkennen und bewerten (Klimafolgen/-wirkungen)
Es werden die Auswirkungen des Klimawandels auf ausgewählte physische, biologische und sozioökonomische Parameter des Wattenmeers analysiert. Charakteristische Element des Wattenmeers mit seinen tidalen Einzugsgebieten sind Barriereinseln, Seegats, Ebb-Deltas, Tiderinnen, Wattflächen und Salzwiesen, zwischen denen ein ständiger Sedimentaustausch stattfindet.
Für das Szenario +25 cm Meeresspiegelanstieg bis zum Jahre 2050 sind z.B. keine signifikanten Änderungen im Ökosystem Wattenmeer (Geomorphologie und Biologie) zu erwartet. Die Kosten für den Küstenschutz könnten aber um 5 bis 15% ansteigen.
Für das Szenario +50 cm Meeresspiegelanstieg bis zum Jahre 2050 könnte die Kapazität des Wattenmeeres, Änderungen im System durch Materialumlagerungen auszugleichen, überschritten werden. Dadurch könnten sich die tidalen Einzugsgebiete zu Küstenlagunen mit großen, ständig überfluteten Flächen entwickeln. Eine solche geomorphologische Entwicklung würde die biologischen Systeme signifikant beeinflussen und verändern. Zusätzlich könnten sich in diesem Szenario die Kosten für den Küstenschutz zur Aufrechterhaltung der heutigen Sicherheitsstandards verdoppeln.
Describe here, which approach for the vulnerability analysis, risks and/or chances is/was used within your project and which results emerged from it or are expected
Vulnerabilitätskonzept beinhaltet nur die (natürliche) Resilienz und Anpassungskapazität der Ökosysteme im Wattenmeer; die gesellschaftliche Anpassungskapazität wird nicht betrachtet.
Das Wattenmeer ist durch eine starke natürliche Dynamik gekennzeichnet und hat eine hohe natürliche Resilienz (im Sinne von Widerstandskraft) gegenüber Änderungen. Allerdings sind aufgrund der hohen natürlichen Dynamik Trends schwer zu erkennen und über sog. "break-points" von Wattenmeereinzugsgebieten, bei deren Überschreitung sich neue Ökosystem- und Biotoptypen etablieren, besteht noch Unklarheit.
Anpassungskapazität: Es wird erwartet, dass sich zwischen dem +25 cm und dem +50 cm-Szenario für den Meeresspiegelanstieg bis 2050 eine Grenze für die Belastbarkeit befindet, an der die Anpassungskapazität der tidalen Einzugsgebiete überschritten wird. Wo sich diese Grenze in Anhängigkeit von der Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs befindet, variiert zwischen den einzelnen Einzugsgebieten.
Die Dringlichkeit für Anpassungsmaßnahmen hängt v.a. von der Geschwindigkeit und Höhe des Meeresspiegelanstiegs ab.
Schritt 3: Maßnahmen entwickeln und vergleichen
Es werden als Anpassungsmaßnahmen nachhaltige Küstenschutzmaßnahmen (sog. "Best Environmental Practices") ausgewählt, die geeignet sind, den heutigen Sicherheitsstandards auch in Zukunft zu gewährleisten. Da sich die betrachteten Maßnahmen z.B. hinsichtlich ihrer technischen Effektivität stark unterscheiden wird deutlich, dass es nicht eine Lösung geben kann, die alle Anforderungen im gesamten Wattenmeer erfüllt. Daher werden von der Expertengruppe insbesondere die Maßnahmen empfohlen, die zur Erfüllung der Küstenschutzanforderungen dienen und dabei die ökologischen Konsequenzen beachten.
Folgende Punkte sollten in Küstenschutzmaßnahmen bzw. -strategien beachtet werden:
- In Raumplänen für die Küste sollten Puffer- und Überflutungsgefahrenzonen ausgewiesen werden (Beachtung der Prinzipien eines IKZM). Küstenschutz und Klimawandel sollten im Zusammenhang betrachtet werden. Der Nutzen solcher Pläne sollte von einer Gruppe untersucht werden, die Experten aus Naturschutz, Raumplanung und Küstenschutz beinhaltet.
- Sandvorspülungen sollten soweit möglich angewandt werden, um Erosion an sandigen Küsten zu verhindern und zu begrenzen.
- Es sollte eine Studie durchgeführt werden, in der untersucht wird, in wie weit Sandaufspülungen das Sedimentdefizit in den Wattenmeertidebecken bei steigendem Meersspiegel ausgleichen können.
- Regionale Managementpläne sollten für Salzmarschen und Salzwiesen etabliert werden, um die Ansprüche von Naturschutz und Küstenschutz zu harmonisieren.
- Eine Evaluation der Küstenschutzmaßnahmen zur Beibehaltung des gegenwärtigen Sicherheitsstandards unter Berücksichtigung ihrer Durchführbarkeit und ihrer ökologischer Konsequenzen sollte durchgeführt werden.
- 2011–2040 (nahe Zukunft)
- 2021–2050 (nahe Zukunft)
Konflikte existieren v.a. zwischen Küstenschutz, Naturschutz und Tourismus. Nachhaltige Küstenschutzmaßnahmen, die die IKZM-Prinzipien beachten, können zur Konfliktminderung beitragen.
Schritt 4: Maßnahmen planen und umsetzen
Betrachtung der Kosten für Küstenschutzmaßnahmen zur Erhaltung des heutigen Sicherheitsstandards.
Wer war oder ist beteiligt?
Common Wadden Sea Secretariat (CWSS) mit den drei Staaten Niederlande, Deutschland und Dänemark
Common Wadden Sea Secretariat (CWSS)
trilaterale Expertengruppe aus Vertretern der Küstenschutz- und Naturschutzverwaltung der drei Wattenmeer-Anrainerstaaten Niederlande, Deutschland und Dänemark mit folgenden Institutionen:
Kystdirektoratet (Dänemark), Sønderjyllands Amt (Dänemark), Rijkswaterstaat - Directie Noord-Nederland (Niederlande), Rijksinstituut voor Kust en Zee (Niederlande), Expertisecentrum LNV (Niederlande), Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer (Deutschland), Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (Deutschland), Innenministerium Schleswig-Holstein (Deutschland)
Common Wadden Sea Secretariat (CWSS) - Gemeinsames Wattenmeersekretariat
Virchowstrasse 1
D-26382 Wilhelmshaven