Ziel der Studie
Entwicklung einer fundierten, übergeordneten Strategie zur Anpassung an den Klimawandel (Auswirkungen, Ziele, Maßnahmen)
Erscheinungsjahr
Untersuchungsregion/-raum
bei Klimaänderungen abhängig vom entsprechenden Modell; ansonsten gesamträumliche Aussagen für das Land Niedersachsen - teilweise auf Basis naturräumlicher Einheiten
Verwendete Klimamodelle / Ensembles
WETTREG, CLM, REMO
Niderschlag, Temperatur
2050
Klimawirkungen
- Boden
"Die Bodenfunktionen werden durch eine Vielzahl verschiedener Faktoren bestimmt und es muss mit regional unterschiedlichen Ausprägungen der Folgen des Klimawandels gerechnet werden. Die erwarteten Klimaänderungen werden sich deshalb regional differenziert auf den Bodenzustand, die Bodenfunktionen und die im Boden ablaufenden Prozesse auswirken.
Bodenwasserhaushalt: Die saisonalen Verlagerungen der Niederschläge (Zunahme im Winter, Rückgang im Sommer) bei gleichzeitigem Temperaturanstieg wie es von
verschiedenen Modellen projiziert wird [...] hätten durch die resultierende höhere Verdunstung eine abnehmende klimatische Wasserbilanz in der Hauptvegetationsperiode zur Folge, einhergehend mit einer stärkeren Ausnutzung der Bodenwasservorräte im Sommer. Es wird mit einer Zunahme von ausgedehnten Trockenperioden gerechnet. Als Folge steigen die Gefahr von Trockenstress für die Vegetation und Verschlechterung der Nährstoffverfügbarkeit. Sowohl die beregnungsbedürftige Fläche als auch die notwendige Beregnungswassermenge pro Beregnungsfläche nehmen zu. [...] Eine Verlängerung der Vegetationszeit, höhere Temperatursummen und gleichzeitig eine höhere CO2-Konzentration in der Atmosphäre ermöglichen aber auch höhere Biomasseerträge und andere Fruchtfolgen. Ein Zweitanbau kann auch in bisher ungünstigen Lagen möglich werden, allerdings nur, wenn eine gute Wasserversorgung gewährleistet ist, was im Zuge des Klimawandels zunehmend zur Herausforderung werden kann [...]. Für die Winterhalbjahre sind aber auch gegenläufige Verhältnisse möglich. Durch den zu erwartenden Anstieg der klimatischen Wasserbilanz im Winter kann es auch zu einer Erhöhung der durchschnittlichen jährlichen Sickerwasserrate kommen. Durch die projizierte Veränderung der Niederschlagsverhältnisse mit Zunahme der Winterniederschläge und Zunahme von Starkregenereignissen ist mit einem verstärkten Oberflächenabfluss zu rechnen. Eine zunehmende Bodenerosions- und Hochwassergefährdung wären die Folge. Durch einen Meeresspiegelanstieg sind außerdem Salzintrusionen für Böden in Küstennähe zu befürchten, welche erstmalig mit Salzwasser in Kontakt kommen.
Kohlenstoffhaushalt: Durch die zu erwartenden höheren Temperaturen und die erwartete verstärkte Sommertrockenheit können vor allem hydromorphe Böden (Moore, Marschen, Gleye) in den Sommermonaten stärker entwässern, so dass die durch Wasserüberschuss konservierte organische Substanz dem oxidativen Abbau ausgesetzt werden kann. Langfristig wären Humusabbau und CO2-Freisetzung die Folge. Gleiche Effekte würden dadurch bewirkt, dass sich aufgrund der projizierten Sommertrockenheit mehr Grünlandstandorte für eine Ackernutzung eignen und umgebrochen werden könnten.
Biodiversität: Klimaveränderungen, die die Bodentemperatur und -feuchte beeinflussen, können zu einer Veränderung der Bodenbiodiversität führen, mit Folgen
für die ökosystemaren Funktionen im Boden. Es besteht jedoch noch erheblicher Forschungsbedarf zu den Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Biodiversität im Boden und zu den ökologischen Folgen einer Veränderung der Bodenfauna.
Erosion: Feuchtere Winter sowie die Zunahme von lang andauernden Niederschlagsereignissen hätten einen verstärkten Oberflächenabfluss im Winter zur Folge.Vor allem für die Sommermonate wird damit gerechnet, dass die insgesamt abnehmenden Niederschläge häufiger als Starkregenereignisse eintreten. Auch dies hätte einen verstärkten
Oberflächenabfluss und damit eine Zunahme der Erosionsgefährdung zur Folge.
Natürliche Bodenfunktionen: Die mit dem Klimawandel einhergehenden Niederschlags- und Temperaturänderungen werden sich in verschiedener Weise auf die Bodenfunktionen auswirken, da sie in vielfältiger Wechselwirkung mit dem Wasser- und Stofftransport, den Stoffumwandlungs- und Speicherprozessen, dem Humusgehalt und der biologischen Aktivität stehen. Insofern wirken sich Klimaänderungen direkt auf die in §2 des Bundesbodenschutzgesetzes beschriebenen Bodenfunktionen aus. Insbesondere werden davon die natürlichen Bodenfunktionen betroffen sein, die von besonderer Bedeutung für den Naturhaushalt sind. Dies sind die Lebensraum-, Regulations- sowie Filter- und Pufferfunktion des Bodens. Über die Beeinflussung des Bodenwasserhaushaltes sind Auswirkungen aber auch auf die Nutzungsfunktionen (v.a. Standort für die Land- und Forstwirtschaft) zu erwarten." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 93 f.)
- Biologische Vielfalt
"Die projizierten Klimaänderungen [...] lassen auch für Niedersachsen einen Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur mit milderen Wintern und sommerlichen Trockenperioden, höheren Niederschlägen im Winterhalbjahr und gegebenenfalls einer Zunahme von Extremwetterereignissen (Starkregen, Hitzeperioden, Stürme) erwarten. Dies hat vielfältige direkte Auswirkungen auf den Naturhaushalt, zum Beispiel:
- Verlängerung der Vegetationsperiode bei gleichzeitiger Erhöhung der Spätfrostgefahr
- Verursachung oder Verstärkung von Wasserdefiziten im Sommer (Grundwasser, Oberflächengewässer)
- erhöhtes Wasserangebot im Winterhalbjahr
- erhöhter Oberflächenwasserabfluss, zunehmende Hochwässer, Erosion
- Veränderung des chemisch-physikalischen Zustands von Gewässern (z. B. Erwärmung, Sauerstoffdefizite [...])
- Änderung des Lokalklimas
- Beeinflussung der Bodenfunktionen [...]
Veränderung von Lebensräumen Veränderungen der Standortbedingungen und sich daraus ergebende Artenverschiebungen werden sich auf die Struktur und Zusammensetzung von Ökosystemen auswirken. Vor allem solche Lebensräume werden voraussichtlich negativ betroffen sein, die in hohem Maße wasserabhängig sind und/oder ein kühleres Klima benötigen. Hierzu zählen Moore, feuchte oder nasse Wälder, Sümpfe, feuchte Heiden und Feuchtgrünland sowie die Lebensräume der Mittelgebirgshochlagen (z. B. die Berghochmoore und Fichtenwälder in der natürlichen Fichtenwaldstufe im Harz). In Fließ- und Stillgewässerlebensräumen wird es voraussichtlich zu verlängerten Niedrigwasserperioden, Erwärmung des Wasserkörpers und damit einhergehend geringeren Sauerstoffspeicherkapazitäten und höheren Konzentrationen von Schad- und Nährstoffen kommen.
Stärkere Hochwässer können zu strukturellen Veränderungen in Fließgewässer und Aue führen. Auch die Küstenlebensräume, insbesondere das Wattenmeer, werden als besonders sensibel gegenüber den Folgen eines Klimawandels eingeschätzt, vor allem wird eine Verkleinerung der Vorlandlebensräume aufgrund verstärkter Kantenerosion durch Meeresspiegelanstieg und Sturmfluten projiziert. Besonders betroffen dürften auch einige kleinräumige Sonderstandorte sein, die allein aufgrund ihrer geringen Größe eine Änderung in den Standortbedingungen nicht
abpuffern können. Hierzu zählen z. B. temporäre Tümpel, die durch vermehrte Trockenheit im Frühjahr und Sommer so früh austrocknen könnten, dass die Jungtiere von hier laichenden Amphibien sich nicht mehr vollständig entwickeln können. Dagegen könnten sich Bedingungen für trockenheits- und wärmeliebende Lebensräume, die heute in der Regel in Niedersachsen selten sind, verbessern. Hierzu zählen vor allem trocken-warme Wälder und Gebüsche, trockene Magerrasen und Heiden sowie Felsfluren trocken-warmer Standorte.
Indirekte Auswirkungen des Klimawandels: Da der Klimawandel auch Schutz- und Anpassungsmaßnahmen in anderen Handlungsfeldern nach sich zieht, die sich auf die Landschaft auswirken, können dadurch zusätzliche indirekte Auswirkungen des Klimawandels für die biologische Vielfalt die Folge sein, z. B. durch:
- Flächenverbrauch (z. B. durch Windkraftanlagen, Freiflächen-Solaranlagen, technische Hochwasser- und Küstenschutzschutzmaßnahmen)
- Nutzungs- und Bewirtschaftungsänderungen (z. B. Verlust von Habitatbäumen und Totholz durch verstärkte Energieholzgewinnung, Anbau fremdländischer Baumarten, Umwandlung von Brachflächen oder Dauergrünland für den Anbau nachwachsender Rohstoffe)
- erhöhte Wasserentnahmen in Folge eines gestiegenen Bedarfs in Landwirtschaft und Gartenbau." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 87 f.)
- Bauwesen
"Klimafolgenforscher erwarten, dass sich der Klimawandel auch auf Gebäude sowie Bautätigkeit und Wohnkomfort auswirken könnte. Langanhaltende Hitzewellen im Sommer, zunehmende Starkregen und Überschwemmungen sowie möglicherweise stärkere Stürme können die Substanz von Gebäuden, Bauwerken und die zugehörige Infrastruktur wie die Straßen und die Kanalisation verändern. Auch häufiger auftretende feuchte Winter könnten Schäden an Bauwerken verursachen [...]. Städte und Ballungsräume heizen sich durch intensive Bebauung und fehlende Grünflächen bereits heute stärker auf als das Umland. Diese Stadtklimaeffekte könnten durch den Klimawandel verstärkt werden [...]. Länger anhaltende Hitzebelastungen in Gebäuden schaden der Gesundheit und beeinträchtigen den Wohnkomfort. Hiervon sind insbesondere ältere und pflegebedürftige Personen sowie Bewohner schlecht gedämmter Dachgeschosswohnungen betroffen. Mit steigenden Raumtemperaturen steigen auch Emissionen aus Bau- und Pflegeprodukten an, Gerüche und weitere unerwünschte Stoffe gelangen in die Raumluft. Die Konzentration von unerwünschten Fremdstoffen kann besonders ansteigen, wenn ein natürlicher Luftwechsel durch Tür- und Fensterfugen stark reduziert ist, zum Beispiel nach einer energetischen Sanierung. Die Minimierung thermischer Belastungen ist somit auch ein Schritt zur Minimierung von Innenraumemissionen. Darüber hinaus können sich die Baugrundverhältnisse durch den Klimawandel verändern. Es besteht besonderer Anpassungsbedarf beim Bauen in Hanglagen, in Gebieten mit quellfähigen Böden und Grundwassereinfluss sowie beim Bauen in hochwassergefährdeten Bereichen und in ehemaligen Bergbau-/ Tagebaugebieten. [...]
Der Klimawandel stellt durch erforderliche bauliche Anpassungsmaßnahmen eine Wachstumschance für das Bauwesen und insbesondere für die Gebäudetechnik dar. Das Baugesetzbuch benennt die Förderung der Klimaanpassung als ein Ziel der Bauleitplanung (§ 1 Abs. 5 BauGB). Im Bereich Klimaanpassung können sich für Unternehmen auch neue Aufgabenfelder ergeben durch neue Kühltechnologien wie solare Kühlung oder refl ektierende Fassaden und Dächer. Der Bedarf für die Gebäudekühlung in Europa und Deutschland wird zukünftig weiter ansteigen." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 103)
- Energiewirtschaft
"Durch die vorgesehene Abschaltung der Kernkraftwerke entfällt zukünftig auch deren Kühlwasserbedarf. Damit werden an deren bisherigen Standorten keine zusätzlichen Wärmeeinträge in die Fließgewässer mehr erfolgen oder im Falle eines zukünftigen Neubaus eines konventionellen Kraftwerks nach erfolgtem Rückbau der Kernkraftwerke die Einträge erheblich geringer ausfallen. Da auch der Anteil der Stromerzeugung aus konventionellen Kraftwerken schrittweise zurückgehen wird, sinkt auch deren Kühlwassergesamtbedarf. Bei den verbleibenden Kraftwerken können sich möglicherweise in Trockenperioden Kühlwasserversorgungsengpässe ergeben. Diese werden dazu führen, dass diese Kraftwerke ihre Leistung reduzieren müssen oder sogar zeitweise vom Netz genommen werden müssen (Gößling-Reisemann et al. 2012). [...] Für die Steinkohlekraftwerke, die ihren Brennstoff über Flüsse auf dem Wasserweg erhalten, stellen Hoch- und Niedrigwasser einen Versorgungsengpass dar, falls die verwendeten Wasserstraßen für einen längeren Zeitraum nicht schiffbar sein sollten und Halden und Schienenwege zur temporären alternativen Versorgung nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen. Eine weitere Gefährdung kann von Hochwasser und Sturmfluten ausgehen, die den Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung beeinträchtigen könnten [...]. Die Stromversorgungsstrukturen sind in Deutschland traditionell gut auf Schadensereignisse beispielsweise durch extreme Wetter- und Sturmsituationen ausgelegt. Durch das (n-1)-Sicherheitskonzept in der Elektrizitätswirtschaft sind die deutschen Netze in der Regel so ausgelegt, dass im Falle des Ausfalls eines Betriebsmittels ein zweites dessen Funktion übernimmt. Das bedeutet, dass heute schon in der Regel immer eine Anlage mehr als nötig vorhanden ist, damit es nicht zu Stromausfällen kommt. In den Stromverteilnetzen der Mittel- und Niederspannungsebenen erweist sich die Erdverkabelung bei extremen Wettereignissen als weniger schadensanfällig und robust im Vergleich zu Freileitungen. Im Bereich der Hoch- und Höchstspannungsnetze bietet die vorherrschende Freileitungstechnik im Falle einzelner Betriebsstörungen und Schäden gute Voraussetzungen für die kurzfristige Störungsbeseitigung." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 101)
"Der Klimawandel birgt im Bereich der Energiegewinnung aus Biomasse Risiken, bietet aber auch Chancen. Dürre, Hitzestress und Extermereignisse wie Hagel, Starkregen oder Überschwemmung gehen mit einer Zunahme von Ernteverlusten auch beim Anbau von Energiepflanzen einher. Auf der anderen Seite können höhere Temperaturen und verlängerte Vegetationsperioden den Biomassezuwachs fördern und den Anbau neuer Biomassepflanzen ermöglichen [...]. Grundsätzlich besteht aber ein bisher ungelöster und zunehmender Flächennutzungskonflikt zwischen Energieerzeugung und Nahrungsmittelproduktion, sowie weiteren Flächennutzungsarten." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 102)
- Fischerei
"Die Einflüsse des Klimawandels auf die Fischvorkommen müssen vor dem Hintergrund der natürlichen Schwankungen und der anderen anthropogenen Einflüsse - Fischerei, Habitatverluste, Verschmutzungen und veränderte Meeresnutzungen - beurteilt werden. Da die zukünftige Entwicklung bei den meisten Faktoren sehr komplex und auch deren Zusammenwirken nur unzureichend bekannt ist, sind insgesamt Prognosen über die zukünftige Entwicklung von Fischbeständen extrem schwierig und ungenau. Aufgrund des Klimawandels sind neben einer Erwärmung auch Änderungen im Strömungssystem, eine Versauerung der Meere und ein Anstieg des Meeresspiegels zu erwarten. Alle Faktoren können sich auf Reproduktion, Wachstum und Sterblichkeit von Fischen, Krebsen und Weichtieren und auf das Ökosystem insgesamt auswirken. Zumindest in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und in den Küstengewässern ist ein Trend zu höheren Temperaturen erkennbar, insbesondere in den Sommermonaten.
Sollte sich dieser Trend fortsetzen, wären folgende Szenarien möglich:
- Arealverschiebungen im Meer: Durch die Temperaturveränderung könnten Werte erreicht werden, die außerhalb der ökologischen Präferenz von Arten wie dem Kabeljau liegen. Hierdurch ergeben sich Veränderungen in der Verteilung der Arten. Beim Kabeljau in der Nordsee haben Auswertungen von Daten, vor allem des International Bottom Travel Survey (IBTS), gezeigt, dass in der mittleren Verteilung eine Verschiebung nach Norden hin erfolgt ist. Eine Hypothese für die Verschiebung ist die Erwärmung der Nordsee, aber auch der Rückgang des Kabeljau-Bestands könnte eine Rolle für die Verschiebung spielen. Ob der Klimawandel Auswirkungen auf die Nordseekrabbenbestände und die Miesmuschelbestände hat, lässt sich derzeit nicht abschätzen.
- Die Temperaturerhöhung, insbesondere das Fehlen der kalten Eiswinter, ermöglicht Arten die Einwanderung, deren Temperaturpräferenz vorher in südlicheren Meeresgebieten lag. Die Streifenbarbe entwickelte sich seit Beginn dieses Jahrhunderts zu einer Handelsart der Nordsee: Ihre Fangmenge stieg von 10 Tonnen im Jahr 1985 auf 700 Tonnen im Jahr 2005. Südlich von Helgoland kommen bereits regelmäßig laichreife Sardellen vor. Durch die verstärkte Einwanderung kann es zu einer Verdrängung der „heimischen“ Arten, aber auch zu einer Koexistenz kommen. Diese Entwicklung lässt sich zum Beispiel an der Verbreitung der Pazifischen Auster im Wattenmeer beobachten. Der Klimawandel kann durchaus eine Chance für die Fischerei darstellen. Allerdings ist noch nicht einschätzbar, ob hieraus eine ökonomische Kompensation für die zurückgehenden Kabeljaufänge resultiert. Die veränderten Umweltbedingungen könnten überdies exotische Krankheitserreger und Parasiten begünstigen.
- Veränderung des Planktons: Bei einer Erwärmung des Meerwassers könnten sich die Artenzusammensetzung innerhalb des Planktons ändern und sich die Phytoplanktonblüten jahreszeitlich nach vorne verlagern. Sofern sich die vom Phytoplankton lebende Fauna dem nicht anpassen kann, kann es zu einem Auseinanderreißen des Nahrungsnetzes kommen und die in der Nahrungskette höher stehenden Organismen werden aus diesem Gebiet entweder auswandern oder aussterben.
- Zunahme von Stürmen: Die Fischerei könnte durch die Zunahme von Starkwindlagen beeinflusst werden. Grabemann und Weisse (2008) diagnostizieren eine Zunahme extremer Seeganghöhen in der Deutschen Bucht um etwa 5 bis 10 Prozent (15 bis 46 cm) zum Ende des 21. Jahrhunderts. In der offenen Nordsee weichen die Details der Ergebnisse der einzelnen Experimente jedoch zum Teil erheblich voneinander ab, so dass die mit den Projektionen verbundenen Unsicherheiten sehr hoch sind. Die Untersuchung ergab außerdem, dass die beschriebene Erhöhung der extremen Seegangshöhen im Wesentlichen durch eine Zunahme in der Anzahl von Extremereignissen verursacht wird, während längere Andauer und höhere Intensität nur eine geringe Rolle spielen." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 72 f.)
- Industrie und Gewerbe
"Extremwetterereignisse wie Starkniederschläge, Hitzeperioden, Stürme oder Hochwasser könnten Industrie- und Gewerbeanlagen und deren Betrieb unmittelbar betreffen. Dies kann für Unternehmen zu erhöhten Versicherungsprämien führen. Niedrigwasser aufgrund ausbleibender Niederschläge kann zudem die Kühlwasserversorgung bestimmter Industrieunternehmen gefährden. Die Rückleitung von Kühlwasser kann in Sommermonaten durch Einleitungsverbote zum Schutz der Flussökosysteme eingeschränkt werden. Kraftwerke, die ihr Kühlwasser aus dem Grundwasser beziehen, sind ebenfalls betroffen. Die sinkenden Wasserstände während anhaltender Trockenperioden begrenzen auch hier den Zugang zu ausreichender Wasserversorgung. Produktionsausfälle bis hin zu Umsatzverlusten sind die Folge für Unternehmen. [...] Die Folgen des Klimawandels können Einfluss sowohl auf die Verfahren und Produkte als auch das Personal eines Unternehmens nehmen. Engpässe im Wasserangebot könnten z.B. wasserintensive Herstellungsverfahren verändern. Stromausfälle aufgrund von Extremereignissen würden viele Unternehmen empfindlich treffen. Durch vielgliedrige Wertschöpfungsketten und komplexe Lieferkettenbeziehungen verbinden sich mehrere Risiken: Marktrisiken, veränderte Standortbedingungen, Transport von Rohstoffen und Fertigprodukten und Konsumverhalten. Der Klimawandel gefährdet auch die Ertragssicherheit bei landwirtschaftlichen Produkten [...]. Dies könnte neue Anforderungen an die Ernährungswirtschaft und an Betriebe stellen, die nachwachsende Rohstoffe verarbeiten. Insbesondere die im Nordwesten Niedersachsens vertretene Fischwirtschaft muss mit einer Veränderung der Ressourcenverfügbarkeit rechnen [...]. Bei Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Transport von Lebensmitteln - insbesondere leicht verderblichen Lebensmitteln - bestehen erhöhte Anforderungen." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 99)
- Küsten-und Meeresschutz
"Zentrale Aufmerksamkeit bei der Betrachtung von Klimaänderungsfolgen hat bisher der Meeresspiegelanstieg gehabt. Entsprechend den großen Unterschieden in den Eingangsszenarien bei globalen Klimamodellierungen hinsichtlich des zukünftigen weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen ergeben sich Variationen für Größenordnungen des zukünftig zu erwartenden Meeresspiegelanstiegs (IPCC 2007). Der globale Charakter der IPCC-Studie schließt derzeit deren unmittelbare Nutzung als Grundlagen für technische Ausführungsplanungen aus. Für regionale Differenzierungen fehlen noch weitgehend belastbare Grundlagen. Wesentliche Unsicherheiten im Nordseeküstengebiet sind dabei neben den Auswirkungen der Eisschmelze u.a. mögliche Änderungen im Verhalten des nordatlantischen Golfstroms. Für den Küstenschutz wesentliche Absenkungen von Niederungsgebieten können zudem insbesondere in Folge von Erdöl- und Gasentnahmen relevant sein. Die Wasserstandsaufzeichnungen an der deutschen Nordseeküste lassen bisher keine signifikanten Trendänderungen erkennen. Nach jüngeren Erkenntnissen wird der relative statistische Meeresspiegelanstieg durch zusätzliche dynamische Klimaänderungsfolgen überlagert:
- Herunterskalierungen globaler Klimamodelle auf die Nordatlantik-Nordsee-Region weisen auf zunehmende Sturmstärken auch bei stauwirksamen Windrichtungen für die deutsche Nordseeküste hin. Als Folge davon sind höhere Stauwerte in einer Größenordnung von einem bis drei Dezimetern bei Sturmfluten im niedersächsischen Küstengebiet zu erwarten (Woth 2005; Weisse et al. 2011).
- Das Mitwachsen der Watten mit dem Meeresspiegelanstieg in den letzten Jahrhunderten wird sich bei dessen Beschleunigung zumindest verlangsamen (Müller et al. 2007).
Beide Effekte führen zu größeren Wassertiefen vor den Küstenschutzwerken entlang der südlichen Nordseeküste und somit mittelbar zu stärkerem Seegang, dessen Längen und Höhen grundsätzlich durch die Wassertiefen begrenzt sind (Niemeyer 1983). Damit erhöht sich die Gefahr größeren Wellenüberlaufs, durch den bei der Sturmflut vom Februar 1962 die gefährlichsten Deichschäden an der Nordseeküste entstanden sind (Ingenieurkommission 1962).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die zu erwartenden Klimaänderungsfolgen die Belastungen von Küstenschutzwerken an den Niederungsküsten des Festlands zum einen statisch durch den relativen Meeresspiegelanstieg und zum anderen dynamscih durch tiefenabhängig stärkeren Seegang wesentlich erhöhen werden. Damit wird die Sturmflutgefährdung in den geschützten Niederungsküsten erheblich steigen, worauf vorsorgliche Planungen im Küstenschutz rechtzeitig auszurichten sind." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 50)
- Landwirtschaft
"Für die landwirtschaftliche Produktion ist die Wasserversorgung der Pflanzen von zentraler Bedeutung. Dabei spielen nicht nur die Klimabedingungen und Bodenverhältnisse eine Rolle, sondern auch die Grundwassernähe oder -ferne. Insgesamt wird die potenzielle Bewässerungsbedürftigkeit steigen. Eine genaue Prognose über Höhe und die resultierende Beregnungsmenge ist aufgrund der Klimaprojektionen bisher noch unsicher. Durch die beschriebenen Veränderungen des Klimas erhöht sich das Risiko von Bodenerosion, Nährstoffauswaschung, gasförmigen Nährstoffverlusten und Bodenverdichtung. Eine Temperaturerhöhung kann zu einem Problem werden, wenn sich die übrigen Produktionsfaktoren, insbesondere Wasser, nicht im produktionstechnisch optimalen Bereich befinden. Dies könnte bei zunehmender Sommertrockenheit besonders auf leichten Standorten Niedersachsens der Fall sein. Höhere CO2-Konzentrationen und höhere Temperaturen fördern die Fotosynthese. Wie sich diese auf die Pflanzenerträge und den Wasserverbrauch auswirken, bedarf noch der Quantifizierung. Die Tierproduktion ist u.a. über den Futterbau und die Weidewirtschaft direkt an die Wirkmechanismen von Klimaerwärmung, Sommertrockenheit und CO2-Erhöhung auf Pflanzen gekoppelt. Hitzestress und Neuverteilungen von Krankheitserregern sind zusätzliche Faktoren, auf die sich Betriebe einstellen müssen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass kurz- und mittelfristig die landwirtschaftliche Produktion in Niedersachsen von den direkten Auswirkungen des Klimawandels sogar profitieren könnte. Voraussetzung dafür ist, dass die Landwirtschaft auch weiterhin ihre Anpassungsfähigkeit im Bereich Pflanzenbau, Düngung, Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung oder Tierhaltung umsetzt oder sogar ausbaut, und diese z. B. durch Sensibilisierung, Qualifizierung, Beratung, Diversifizierung, nachhaltige Beregnungssysteme oder Versicherungsangebote erhalten oder sogar verbessern kann." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 63 f.)
"Die Landwirtschaft ist grundsätzlich sehr anpassungsfähig. Sie kann relativ schnell auf Klimaänderungen reagieren. In vielen Bereichen kann sie es von einem Jahr zum andern, in anderen Bereichen benötigt sie nicht mehr als 25 Jahre. [...] Vor diesem Hintergrund scheint es ratsam mit der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen in der Landwirtschaft abzuwarten, die sich auf die 2. Hälfte des Jahrhunderts beziehen. Es ist außerdem davon auszugehen, dass es in den kommenden Jahren Fortschritte bei der Klimamodellierung über die 2. Hälfte des Jahrhunderts geben wird, so dass die Anpassung auf eine bessere Grundlage gestellt werden kann." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 65 f.)
- Menschliche Gesundheit
"Gesundheit wird in vielfältiger Weise direkt und indirekt von meteorologischen Faktoren geprägt und beeinflusst. Die erwarteten starken und anhaltenden Veränderungen in den Sommermonaten
mit längeren Hitzeperioden und höheren mittleren Temperaturen werden zu intensiveren körperlichen Anpassungsbelastungen für die Allgemeinbevölkerung, aber insbesondere für empfindliche Gruppen wie alte Menschen und pflegebedürftige Personen führen. Auch im Arbeitsschutz sind häufiger auftretende Hitzetage und Extremwetter zu berücksichtigen. Die klimatischen Veränderungen treffen auf demographische Veränderungsprozesse; das Durchschnittsalter der niedersächsischen Bevölkerung steigt und damit wächst die Zahl gesundheitlich anfälligerer Personen. Die Ansiedlung und Verbreitung neuer Pflanzen mit hohem allergenem Potenzial wie Ambrosia sowie neuer tierischer Krankheitsüberträger (Vektoren, hier vor allem Stechmücken) und mit ihnen assoziierter, gesundheitlich relevanter Viren wird über die Veränderung der ökologischen Lebensbedingungen voraussichtlich befördert. Die Veränderung der ökologischen Lebensbedingungen wird vermutlich auch eine Ausbreitung bereits bekannter vektorgebundener Erkrankungen wie FSME-Übertragung durch Zecken nach sich ziehen. Die Zunahme länger anhaltender Hitzeperioden führt zu einer Zunahme der Hitzebelastung. Hierdurch sind bei entsprechend vorbelasteten Personen vermehrte hitzebedingte Gesundheitsschäden (Dehydration, Hitzeschlag etc.), Klinikaufenthalte und Todesfälle zu befürchten. [...] Mehr Hitzetage im Sommer könnten über eine verstärkte Sonneneinstrahlung das Hautkrebsrisiko erhöhen. Häufigere sommerliche Hochdruckwetterlagen begünstigen zudem die Bildung von bodennahem Ozon, ein Reizgas, das in höheren Konzentrationen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. [...] Durch den Klimawandel verlängert sich die Pollenflugsaison, so dass es zu höheren Pollenkonzentrationen kommt. Infolgedessen verlängern sich das jahreszeitlich bedingte Auftreten und die Dauer allergischer Erkrankungen. Damit erhöht sich die Zahl der Allergiker und auch der Leidenszeitraum der Allergiker wird verlängert." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 112 f.)
"Bei Extremereignissen wie Starkniederschlägen, Hochwasser oder Stürmen werden auch Menschen verletzt, mit zum Teil tödlichem Ausgang. Akute Katastrophen können sich auch psychisch auswirken. Bei Überschwemmungen oder Starkregen können durch die Überflutung von Abwasseranlagen Krankheitserreger freigesetzt werden. Durch sommerliches Niedrigwasser, d. h. fehlende Verdünnung im Wasserkörper, erhöht sich die bakterielle Kontaminierung von Gewässern [...]. Höhere Wassertemperaturen können in Binnenseen in Kombination mit einem erhöhten Nährstoffeintrag z. B. durch die Landwirtschaft zu vermehrten Blaualgenblüten (Cyanobakterien) führen. Da bestimmte Blaualgen Giftstoffe produzieren, sinkt die Qualität betroffener Gewässer insbesondere für die Nutzung als Badegewässer deutlich. Der Kontakt mit dem verunreinigten Wasser kann zu Haut-, Magen- und Darmirritationen sowie Leber- und anderen schweren Gesundheitsschäden führen." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 114)
- Tourismuswirtschaft
"Tourismus und Klimawandel stehen in einer vielfältigen Wechselbeziehung. Einerseits ist der Tourismus ein Verursacher des Klimawandels, vor allem durch den Reiseverkehr, aber auch durch andere energieintensive Komponenten wie Beschneiungsanlagen in Wintersportgebieten, beheizte Swimmingpools, Hallenbäder, Ski- und Eislaufhallen, Klimaanlagen etc. Andererseits sind viele Urlaubsarten direkt durch veränderte Klimafaktoren betroffen (z.B. Strand- und Badeurlaub, Wander-, Fahrrad- und Wintertourismus). Für die langfristige Tourismusentwicklung eines Zielgebietes (Destination) spielt ein intaktes und herausragendes Umfeld eine große Rolle, um den Gästen Erholung, aber auch Erlebnisse oder eine gesundheitsfördernde Umgebung zu bieten. Landschaften wie Küsten- und Gebirgsregionen haben dabei eine hohe Bedeutung. Selbst wenn bestimmte Angebote, wie z. B. ganzjährig nutzbare wetterunabhängige Ferienanlagen, immer wichtiger werden, ist davon auszugehen, dass auch zukünftig die Sehnsucht nach intakter Landschaft sowie der Aufenthalt in einem angenehmen humanbiometeorologischen Klima zu den Hauptmotiven gehören, eine Reise in eine bestimmte Region zu unternehmen. Entsprechend haben auch die Nationalparks Wattenmeer und Harz für den Tourismus eine große Bedeutung. Mit dem fortschreitenden Klimawandel können sich die Landschaften und die klimatischen Faktoren jedoch verändern. So werden schneearme Winter deutliche Spuren bei Tourismusanbietern in Mittelgebirgsregionen hinterlassen und temperaturbedingtes Algenwachstum oder Stranderosion Probleme in Küstengebieten nach sich ziehen. Außerdem verursachen Extremwetterereignisse, wie Stürme, Hitzeperioden oder Hagelschauer, neben materiellen Schäden auch Imageschäden für eine Tourismusregion." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 109)
- Verkehr
"Extreme Wetterlagen wie Schnee, Eis, Stürme, Hoch- und Niedrigwasser oder Hitze beeinträchtigen bereits heute den Verkehr auf Straße, Schiene, Wasser und in der Luft. Der Klimawandel kann sich sowohl negativ als auch positiv auf die einzelnen Verkehrsträger auswirken. Häufigere oder stärkere Niederschläge verringern zum Beispiel die Sicherheit im Verkehr durch schlechte Sichtverhältnisse und nasse Fahrbahnen. Hangrutsche und Unterspülungen können zur Destabilisierung und Zerstörung von Straßen- und Bahntrassenabschnitten führen, Stürme direkt oder über Windwurf Straßen, Gleise und Stromleitungen schädigen. Auch durch Hitzewellen in den Sommermonaten können die Unfallzahlen steigen, da bei hohen Temperaturen in der Regel die Konzentrationsfähigkeit sinkt. Bei steigenden Temperaturen im Winter werden hingegen möglicherweise Unfallgefahren aufgrund von Schnee- und Eisglätte auf Straßen abnehmen.
Straßeninfrastruktur: Bei lang anhaltender Hitze weichen hohe Temperaturen die Oberfläche des Straßenbelags auf. Es können Spurrillen und langfristig Schäden an Straßen entstehen. Die Auswirkungen von Hitze und vermehrten Niederschlägen werden als beherrschbar eingeschätzt, denn modifizierte Baustoffe können Straßen zukünftig hitzebeständiger machen und ergiebigere Niederschläge lassen sich durch vergrößerte straßeneigene Entwässerungssysteme ableiten.
Schieneninfrastruktur: Direkt durch Sturm gefährdet sind hoch ragende Anlagen der Stromversorgung sowie Signalanlagen. Gegen umstürzende Bäume muss insbesondere vorgesorgt werden, etwa indem sie zurück geschnitten werden. Bei der Anpassung des rechtlichen Rahmens muss beachtet werden, dass viele solcher Bäume auf Privatgrund stehen. Auch Hoch- und Niedrigwasserperioden wirken sich auf den Schienenverkehr aus. Hier besteht vor allem Gefahr durch die Überschwemmung von Bahnanlagen, insbesondere in Gebieten mit geringen Höhendifferenzen zwischen Schienen und Wasserflächen. Forschungsbedarf besteht insbesondere darin, ob hohe Temperaturen neue Instandhaltungstechnologien erforderlich machen, also ob etwa die inneren Spannungen bei lückenlos verschweißten Schienen gefährlich ansteigen könnten. Gleiches gilt für Maßnahmen zur Klimatisierung von Fahrzeugen und Gebäuden.
Schifffahrt: Klimaänderungen, und damit Veränderungen der Luft- und Wassertemperatur, des Niederschlags, der Eisbedeckung, des Wasserstandes, der Windstärke, der Windrichtung oder des Seegangs, haben unmittelbaren Einfluss auf Seeschifffahrt und Seeschifffahrtsstraßen. Insbesondere sind Veränderungen im Zusammenhang mit Extremwetterereignissen von Bedeutung. Seeschiffe und Navigation hängen ebenso wie Ausbau, Unterhalt und Betrieb der Seeschifffahrtsstraßen von den ozeanografischen, hydrologischen und meteorologischen Bedingungen in der offenen See und in der Küstenzone ab. Durch den projizierten Meeresspiegelanstieg sind unter anderem Häfen und andere maritime Infrastruktur betroffen. Es ergeben sich ebenfalls Veränderungen der Strömungen, Erosion und Sedimentation in den Ästuaren und Seeschifffahrtsstraßen, die näher untersucht werden müssen. Für die Schifffahrt könnten sich aber auch neue Schifffahrtswege eröffnen, wie die arktischen Seewege, deren optimale Nutzung frühzeitig überprüft und koordiniert werden muss.
Häfen: Die Hafeninfrastrukturen könnten häufiger und mit einem höheren Wasserstand überflutet werden. Dieses Szenario stellt nicht nur einmalige Belastungsproben für die Hafenanlagen dar, die kurzfristige Betriebsunterbrechungen und temporäre Reparaturen zur Folge haben. Langfristig kann auch zum Beispiel durch die häufigere Überspülung der Kaianlagen der hydrostatische Druck hinter den Spundwänden (Ebbephase nach Überflutung) ansteigen und zu einer geringeren statischen Belastbarkeit der Hafenanlagen führen. Zudem sind durch die höheren Wasserstände auch größere Wellenbelastungen zu erwarten." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 106 f.)
- Wald- und Forstwirtschaft
"Der Klimawandel setzt die niedersächsischen Wälder zusätzlichen Risiken aus, die nachhaltig negative Auswirkungen auf alle Funktionen des Waldes haben können. […] Warme und trockene Sommer begünstigen Massenvermehrungen wärmeliebender Käfer, blatt- und nadelfressender Schmetterlinge und Blattwespen, die bei ausbleibender Bekämpfung zu großflächigem Kahlfraß führen können. Das natürliche Artenspektrum kann sich zugunsten dieser Schädlinge und durch mögliche Arealerweiterungen fremdländischer Schadorganismen aus Südeuropa oder Asien verschieben. Warme und niederschlagsreiche Winter begünstigen bestandsbedrohende Pilzerkrankungen, insbesondere wenn auf Perioden mit Wasserüberschuss (Starkregen) ausgeprägte Trockenphasen folgen. In den zu erwartenden milderen Wintern wird die Zahl der Frosttage abnehmen. Dies in Verbindung mit einer größeren Feuchte/Nässe kann die Holzernte erschweren und birgt das Risiko von Befahrungsschäden an den Waldböden. [...] Generell wirken sich längere Vegetationszeiten positiv auf das Wachstum der Bäume aus. Sie können aber in Verbindung mit höheren CO2- Konzentrationen in der Luft und den weiterhin hohen Stickstoffeinträgen das Konkurrenzverhalten der Bäume und das der anderen Pflanzen deutlich verändern. Die Folgen dieser komplexen Wirkungen für die Strukturen und Funktionen der Waldökosysteme sind noch nicht absehbar. Durch den früheren Beginn der Vegetationsperiode erhöht sich darüber hinaus die Spätfrostgefahr, die das Wachstum wirtschaftlich wichtiger Baumarten wie Buche und Douglasie einschränken kann. Die Verlängerung der Vegetationszeit (höhere Transpiration) in Verbindung mit geringeren Niederschlägen kann gerade auf kritische Böden auch zu einer verringerten Grundwasserneubildung unter Wald führen. [...] In den vergangenen Jahrzehnten hatte Niedersachsens Forstwirtschaft wiederholt Auswirkungen schwerer Stürme zu bewältigen (Quimburga 1972, Wiebke 1990, Lothar 1999, Kyrill 2007). Bei einer wahrscheinlichen Zunahme der Sturmhäufigkeit mit hohen Windgeschwindigkeiten und Turbulenzen ist künftig mit steigenden Schäden durch Windwurf und -bruch zu rechnen. Betroffen sind vorrangig labile und strukturarme Nadelholzbestände auf flachgründigen Böden. Aber auch Laubholzbestände können betroffen sein. Verbleibende Bestände können aufgerissen und dadurch weiter geschwächt werden. Es kann in Fichtenbeständen verstärkt Borkenkäferbefall folgen, weil Sturmwürfe und -brüche viel bruttaugliches Material hinterlassen. Unplanmäßige Hiebe und Schadholzmassen nach Extremereignissen in Verbindung mit anschließendem Schädlingsbefall können Störungen des Holzmarktes verursachen und die Planungssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe gefährden." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 78 f.)
- Wasser
"Trendanalysen aus historischen Klimadaten belegen, dass der Klimawandel bereits das Hoch- und Niedrigwasser niedersächsischer Gewässer beeinflusst. Vor allem im Norden und Süden von Niedersachsen ist eine Zunahme der (Extrem-) Niederschläge im Winter, Frühjahr und Herbst zu beobachten. Die Zahl und die Größe mittlerer Hochwässer im Winterhalbjahr nimmt zu (KliBiW 2009, S. 2f). Bislang lässt sich nur schwer vorhersagen, wie sich die Abflussverhältnisse regional und lokal in Niedersachsen durch den Klimawandel verändern. Hierzu sind Modellierungen mit höherer zeitlicher und räumlicher Auflösung erforderlich. Für das Aller-Leine-Gebiet haben Untersuchungen hierzu eine Zunahme der mittleren Abflüsse im Winter verdeutlicht sowie eine generelle Zunahme der Häufigkeit kleinerer Hochwässer. Zudem kann es zu einer Erhöhung der Scheitelabflüsse bei Hochwasser kommen, insbesondere in kleinen Einzugsgebieten (KliBiW 2012). Weitere Ergebnisse sind nur für regional begrenzte Räume belastbar (LAWA 2010: 14). Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass vor allem stark versiegelte Flächen, die heute noch sicher sind, künftig von Hochwasser betroffen sein werden." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 42)
"Insbesondere in der Mitte Niedersachsens ist bereits während der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Zunahme der Dauer von Trockenperioden im Sommer zu verzeichnen gewesen (KliBiW 2009 und 2012). Für die Zukunft geht die Klimaforschung u.a. von wärmeren und trockeneren Sommern aus. Untersuchungen für Ostdeutschland haben ergeben, dass bis Mitte des Jahrhunderts die Abflüsse um 10-20 Prozent und bis Ende des Jahrhunderts bis zu 30 Prozent abnehmen können. Die Dauer der Niedrigwasserabflüsse nimmt hingegen zu. Je nach Grundwasserverhältnissen muss es aber auch bei wärmeren und trockeneren Sommern nicht zwingend zu geringeren mittleren Monatsabflüssen kommen, wenn sich die Niederschlagsmenge ganzjährig nicht verändert (LAWA 2010a).
Gewässergüte: Niedrigwasser- und Hitzeperioden führen auch zu Problemen bei der Wasserqualität. Niedrige Wasserstände sowie längere Sonneneinstrahlung und steigende Lufttemperaturen erhöhen den natürlichen Wärmeeintrag in die Gewässer und bewirken, dass der Gehalt biologisch lebenswichtig gelöster Gase wie Sauerstoff im Wasser sinkt. Für die Tiere und Pflanzen bedeutet das zusätzlichen Stress, denn sie leiden bereits unter der hohen Wassertemperatur und dem verringerten Wasservolumen. Die mögliche Zunahme extremer Wind- und Niederschlagsereignisse verstärkt weiterhin die Gefahr von Erosion, was möglicherweise dazu führt, dass Dünge- und Pflanzenschutzmittel und Schadstoffe aus anderen Quellen in Grund- und Oberflächengewässer gelangen. Geringe Sauerstoffgehalte und höhere Wassertemperaturen begünstigen während Niedrigwasserperioden außerdem Rücklösungen aus Sedimenten und können so einen Stoffeintrag ins Gewässer nach sich ziehen. Darüber hinaus belasten Einleitungen, beispielsweise aus Kläranlagen, aber auch diffuse Einträge wegen des verschlechterten Verdünnungsverhältnisses die Gewässer. Häufigeres Auftreten von Trockenperioden in den Sommermonaten lassen ebenfalls Feuchtgebiete und Moore verstärkt austrocknen, was sich wiederum negativ auf die Fähigkeit intakter Feuchtgebiete und Moore auswirkt, Starkregenereignisse abzupuffern. Das häufigere Auftreten von Niedrigwasserperioden könnte in der Konsequenz zu stärkeren Einschränkungen bei der Wasserentnahme und Einleitungen für Industrieanlagen und Kraftwerke, Kühl- und Brauchwasser, Bewässerungswasser, Kläranlagen und Fischteiche führen. Das Unterschreiten kritischer Wasserstände beträfe damit nicht nur die Binnenschifffahrt, sondern auch diejenigen Wirtschaftszweige, die auf einen kostengünstigen Transport von Massengütern angewiesen sind [...]." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 43 f.)
"Grundwasserdargebot: Das Klima beeinflusst ganz wesentlich die Bildung des Grundwassers. Für die Grundwasserneubildung sind Niederschlagshöhe, jahreszeitliche Verteilung und Intensität sowie die temperaturabhängige Verdunstung von Wasser durch Pflanzen, Tiere und die Bodenoberfläche (Evapotranspiration) entscheidend. 86 Prozent des Trinkwassers werden in Niedersachsen aus dem Grundwasser gewonnen. Im Allgemeinen verfügt Niedersachsen über einen großen Grundwasservorrat. Bisher gibt es nur in wenigen Regionen Probleme mit dem verfügbaren Dargebot.[...] Das Grundwasserdargebot in Regionen mit schlecht durchlässigen Böden und Böden mit geringer Speicherkapazität wird hingegen wahrscheinlich zurückgehen. Dies kann vor allem in heißen Sommern, in denen sich der Wasserbedarf der Vegetation zum Teil deutlich erhöht, zu Versorgungsproblemen führen. Denn insbesondere bei Böden mit geringerer Wasserspeicherkapazität und damit auch Fruchtbarkeit ist zu erwarten, dass die Landwirte ihre Anbauflächen stärker beregnen und ihre Beregnungsflächen ausweiten. [...]
Grundwasserqualität: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Grundwasserqualität lassen sich derzeit nur vage abschätzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Zunahme der Luft- und Bodentemperatur auch zu einer Zunahme der oberfl ächennahen Grundwassertemperatur führt. Diese Wirkung ist insbesondere bei der Erdwärmenutzung zu berücksichtigen. Höhere Temperaturen führen zu Veränderungen der chemischen, physikalischen und biologischen Prozesse wie Stofftransport und Stoffumsatz. In Trockenperioden könnte sich mehr Stickstoff im Boden anreichern, da Pflanzen aufgrund eines eingeschränkten Wachstums weniger Nitrat aufnehmen als erwartet. Durch erhöhte Winterniederschläge würde es verstärkt vom Boden ins Grundwasser verlagert. Sollte das Grundwasser unter die derzeit bekannten Niedrigwasserstände sinken, könnte sich durch die Konzentration von geogenen und anthropogenen Stoffen die Qualität des Grundwassers verschlechtern. Die Tierarten in der bislang wenig erforschten Grundwasserfauna (Stygofauna) sind damit ebenfalls veränderten Lebensbedingungen ausgesetzt. Im Bereich der Küsten ist eine fortscheitende Versalzung des Grundwassers zu beobachten, da sich die Vermischungszone zwischen Süß- und Salzwasser aufgrund höherer Meereswasserstände vergrößert." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 45 f.)
"Im Bereich der Siedlungsentwässerung können folgende Änderungen des Klimas von Bedeutung sein:
- Zunahme der Häufi gkeit und Intensität von Starkregenereignissen
- Zunahme der Niederschlagssummen im Winterhalbjahr
- Zunahme der Häufi gkeit und Dauer sommerlicher Trockenwetterperioden
- Zunahme der mittleren Jahrestemperatur
Eine Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen wird eine stärkere hydraulische Belastung der Kanalnetze und der Anlagen zur Regenwasserbehandlung und -rückhaltung bewirken. Überstau- und Überflutungsereignisse werden in bestehenden Kanalnetzen zunehmen. Neben bereits bekannten leistungsschwachen Teilen des Kanalnetzes werden sich neue Schwachpunkte einstellen. Der für die Bürger gewohnte Entwässerungskomfort kann zumindest in Teilbereichen der Kanalnetze abnehmen. Der bislang nicht durchgängig geübten Praxis, geordnete Überflutungswege für das auf die Oberfläche austretende Wasser nachzuweisen, wird erhebliche Bedeutung zukommen. Abwassereinleitungen werden nach Misch- und Trennsystemen unterschieden. Im Mischwasser fließen Schmutz- und Regenwasser gemeinsam ab. Die Emissionen aus Misch- und Trennsystemen werden zumindest hinsichtlich des Abflusses zunehmen und zu einer höheren hydraulischen Gewässerbelastung ('hydraulischer Stress') führen. Häufigere Entlastungen von Mischsystemen werden auch eine höhere Frachtbelastung der Gewässer nach sich ziehen. Regenrückhaltebecken werden häufiger und intensiver beschickt, so dass mit häufigeren Notentlastungen zu rechnen ist. Kleinere, siedlungsgeprägte Fließgewässer mit Einleitungen aus Kanalisationen können bei lokalen Starkregen sehr schnelle Sturzfluten mit nennenswerten Schadenssummen entwickeln. Eine Zunahme dieser Ereignisse ist wahrscheinlich. Eine Zunahme der Niederschlagssummen im Winter, ggf. auch im Frühjahr und Herbst wird das Abflussvolumen in Mischsystemen erhöhen und zu einer höheren hydraulischen Belastung der Kläranlagen führen. Die Abbauleistung der biologischen Stufe kann infolge geringerer Konzentrationen und niedrigerer Abwassertemperaturen reduziert werden. Eine Zunahme sommerlicher Trockenwetterperioden wird zu abnehmenden Niedrigwasserabflüssen und höheren Gewässertemperaturen führen. Dies kann die Belastbarkeit der Fließgewässer als Vorfluter für Anlagen der Siedlungsentwässerung verringern und Einleitungsbeschränkungen infolge immissionsbedingter Anforderungen nach sich ziehen." (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: 46 f.)
Methodischer Ansatz
Klimafolge/ Indikationsfeld: aus allen Handlungsfeldern
Methodischer Ansatz: Klimaprojektionen anhand regionaler Klimamodelle (REMO, CLM, WETTREG) und fachspezifische Untersuchung als Basis für die Betrachtung sektoraler Klimafolgen und die Ableitung von Handlungsfeldern und Maßnahmen
Wer war oder ist beteiligt?
Auftraggeber: Land Niedersachsen
Auftragnehmer: Regierungskommission Klimaschutz, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2012: Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Hannover