Mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz in Verbindung mit der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung wurden bundeseinheitliche Voraussetzungen für einen wirksamen Schutz des Bodens und eine nachhaltige Sanierung von Altlasten geschaffen, die Pflichten zur Gefahrenabwehr und zur Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten bestimmt und die hierzu notwendigen Anforderungen geregelt.
Ob und in welchem Umfang dabei eine Überwachung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten erforderlich ist, liegt im Ermessen der zuständigen Behörde und wird vom jeweiligen Gefahrenpotential sowie von Art und Umfang der durchgeführten Maßnahmen bestimmt. Derzeit wird die Überwachung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten in den Bundesländern noch unterschiedlich und nach Maßgabe verschiedenartigster einzelfallgeprägter Kriterien gehandhabt. Zielstellung des vorliegenden Berichtes ist es, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des Gefahrenpotentials Mindestanforderungsprofile für systematische Überwachungsprogramme zu konzipieren.
Dazu werden fachtechnische Grundlagen der Überwachung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten erarbeitet und diskutiert: Die die Überwachungsstrategie bestimmenden und modifizierenden allgemeinen Kriterien und die Art und Umfang der Überwachung beeinflussenden Parameter werden identifiziert, so weit wie möglich systematisiert und darauf aufbauend modellhafte Überwachungsprogramme für praxisrelevante Schadstoffgruppen und Umweltmedien unter Berücksichtigung von standortspezifischen Rahmenbedingungen und Nutzungen dargestellt. Die bei sanierten Altlasten in der Nachsorgephase zusätzlich erforderlichen technischen Prüfungen und Kontrollen sind nicht Gegenstand dieses Berichtes. Zusammen mit den vorliegenden Überwachungsprogrammen können sie als weitere "Module" problemlos in Nachsorgeprogramme integriert werden.
Neben den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten werden als Zielgruppen die zuständigen Fachbehörden sowie Sachverständige und Untersuchungsstellen angesprochen. Die Überwachung von altlastverdächtigen Flächen, Altlasten und sanierten Altlasten beinhaltet sowohl die Überprüfung der von einem kontaminierten Gelände ausgehenden Schadstoffemissionen über die relevanten Wirkungspfade zu Schutzgütern als auch eine qualifizierte Prognose hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Emissionsverhaltens und der Immissionsbelastungen.
Des weiteren umfaßt die Überwachung die regelmäßige Prüfung der bei der Planung der Überwachung zugrundegelegten Parameter des Standortes, die einen Einfluß auf die relevanten Wirkungspfade und damit das Gefahrenpotential haben können, wie z.B. der hydrogeologischen Standortbedingungen und des Versiegelungsgrades.
Die regelmäßige Kontrolle der planungsrechtlich zulässigen sowie der realen Nutzung von Flächen bzw. des Grundwassers im Hinblick auf sich verändernde Expositionsbedingungen für die betroffenen Schutzgüter ist ein weiterer Bestandteil der Überwachung. Bei sanierten Altlasten umfaßt die Überwachung zusätzlich die wiederkehrende Kontrolle der dauerhaften Einhaltung festgelegter quantitativer und qualitativer Sanierungsziele. Bei gesicherten Altlasten ist die Überwachung ein Bestandteil der Nachsorge, die ggf. durch die wiederkehrende Prüfung der Wirksamkeit meßtechnischer Einrichtungen und Kontrollsysteme sowie den Langzeitbetrieb und die Langzeiterhaltung der Sanierungsanlagen und -bauwerke einschließlich der technischen Kontrolle ihrer Funktionsfähigkeit ergänzt wird. Nach Feststellung des Erfordernisses einer Überwachung besteht der erste Arbeitsschritt in einer gründlichen Bestandsaufnahme mit Identifizierung der im Einzelfall relevanten Wirkungspfade und Umweltmedien, der Parameter des Standortes und der Schadstoffquelle. Darauf aufbauend erfolgt die sorgfältige Planung der Überwachung für das erste Überwachungsintervall (den ersten Überwachungszyklus).
Es werden Empfehlungen für die zu überwachenden Umweltmedien als Bestandteil der Wirkungspfade, für Überwachungsparameter wie Schadstoffe, Nutzungen und Rahmenbedingungen sowie für geeignete Überwachungsintervalle und eine angemessene Dauer des 1. Überwachungszyklus gegeben und begründet. Angaben zu einer geeigneten Qualitätssicherung, Dokumentation und für eine sachgerechte Kostenschätzung runden die Planung ab. Diese gründliche Vorbereitung hat zum Ziel, den Aufwand der Überwachung bereits im voraus auf das unbedingt erforderliche Maß zu begrenzen sowie bis dahin nicht erkannte bewertungsrelevante Sachverhalte, wie beispielsweise neue Erkenntnisse zur gesundheitsschädigenden Wirkung standortrelevanter Stoffe, zu berücksichtigen.
Zur Durchführung der Überwachung werden praktische Hinweise bezüglich Probennahme, Meßmethoden und Analytik, Auswertung der Meßergebnisse und Prognose des weiteren Emissions- bzw. Immissionsverhaltens gegeben. Für verschiedene Szenarien, insbesondere Tendenzen im Konzentrationsverlauf relevanter Schadstoffe und Schadstoffgruppen, werden mögliche Konsequenzen aufgezeigt. Für die Bewertung der Ergebnisse des 1. Überwachungszyklus werden Hinweise gegeben und mögliche Folgerungen für das weitere Vorgehen (Sofortmaßnahmen, sanierungsvorberitende Maßnahmen, Fortsetzung, Modifizierung oder Ende der Überwachung) diskutiert.
Die Gesamtdauer der Überwachung ergibt sich aus dem jeweiligen Gefahrenpotential, das u.a. vom spezifischen Verhalten der relevanten Schadstoffe beeinflußt wird, sowie aus Art und Umfang der durchgeführten Maßnahmen (Sanierungsmaßnahmen, Gefahrenabwehrmaßnahmen). Die in allen Phasen der Überwachung erforderlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung werden benannt.
Die Schätzung der Gesamtkosten der Überwachung (Sach- und Personalkosten) mittels Barwerten wird anhand von Beispielen erläutert. Dabei ergibt sich, daß im Vergleich zu den anfänglichen Aufwendungen die für spätere Jahre vorzusehenden Kosten deutlich geringer ins Gewicht fallen.
Bei der Ableitung der modellhaften Überwachungsprogramme werden diejenigen Überwachungsparameter aufgezeigt, die bei der praktischen Planung der jeweiligen fallspezifischen Überwachungsprogramme bedacht werden sollten. Ein auf den Einzelfall bezogenes Programm wird also im allgemeinen weniger Parameter enthalten als standardisierte Listen. In begründeten Fällen kann jedoch auch eine Erweiterung sinnvoll sein; dies ergibt sich zumeist aus den vorangegangenen Maßnahmen.
Solche modellhaften Programme werden für leichtflüchtige Halogenkohlenwasserstoffe (LHKW), Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW), aromatische Kohlenwasserstoffe (AKW), polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Schwermetalle, Altablagerungen mit Hausmüll und eine komplexe Fallgestaltung mit mehreren Schadstoffgruppen (CKW, MKW und AKW) im Hinblick auf die jeweils relevanten Wirkungspfade und Umweltmedien (Grundwasser, Bodenluft, Boden, oberirdische Gewässer) konzipiert. Die Arbeitsschritte werden in Checklisten zusammenfassend dargestellt.
Erfahrungen in den Bundesländern zur Überwachung altlastverdächtiger Flächen und Altlasten gibt es bisher nur in geringem Umfang. Gespräche bei Sanierungsverbänden bzw. -gesellschaften in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen zeigten, daß, sofern überhaupt eine Überwachung vorgesehen ist, Einzelfallplanungen dominieren. Übereinstimmend wird eine Überwachung von Altlasten, insbesondere nach Durchführung von Sicherungsmaßnahmen, für erforderlich erachtet. Neben verbal formulierten Überwachungszielen und qualitativen Bewertungskriterien werden in einigen Fällen auch Kontrollwerte für relevante Schadstoffe festgelegt.
Die für stillgelegte Abfallentsorgungsanlagen konzipierten Nachsorgeprogramme gemäß TA-Abfall lassen sich nur bedingt auf die Überwachung von altlastverdächtigen Flächen oder Altlasten, nicht aber auf Altstandorte übertragen.
An vier praktischen Fallbeispielen wird schließlich gezeigt, daß die zuvor konzipierten modellhaften Überwachungsprogramme in der Praxis einsetzbar sind. Verallgemeinerbare Aspekte der dort zum Teil bereits erfolgten Überwachungsplanungen wurden in die modellhaften Überwachungsprogramme integriert.
Die dabei gewonnenen praktischen Erfahrungen haben gezeigt, daß eine qualifizierte Überwachung des Gefahrenpotentials als Funktion des Schadstoffpotentials und der konkreten Expositionsbedingungen neben der Kontrolle stoffbezogener Parameter (wie Kontrollwerte für relevante Schadstoffe und Schadstoffgruppen) auch die Erfassung und Prüfung sonstiger Parameter beinhalten sollte, welche die Expositionsbedingungen für die betroffenen Schutzgüter beeinflussen (aktuelle und zukünftige planungsrechtlich zulässige Nutzungen sowie weitere standortspezifische Parameter wie hydrogeologische Standortgegebenheiten, Versiegelungsgrad, besondere Vorkommnisse).
Abschließend läßt sich feststellen, daß die Überwachung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten nicht nur eine wesentliche Voraussetzung zur Beherrschung der Gefahrensituation und ein Mittel zur Qualitätskontrolle und -sicherung einer erfolgten Sanierungsmaßnahme darstellt. Sie kann in bestimmten Fällen, ebenso zur Einsparung von Sanierungskosten beitragen, wenn bei geeigneten Standortgegebenheiten das inhärente Abbaupotential von Schadstoffen in Verbindung mit einer angemessenen Überwachung - eventuell auch in Kombination mit einfachen, kostengünstigen Sanierungsmaßnahmen - genutzt werden kann. Die in diesem Bericht entwickelten modellhaften Überwachungsprogramme sind so gestaltet, daß sie sich problemlos auf eine konkrete Fallgestaltung anpassen lassen. Im Vergleich zu bisher verbreiteten Standardprogrammen verursachen sie einen deutlich geringeren Aufwand und tragen somit zur kostenbewußten Altlastenbearbeitung bei.
Wasser, Boden | Fläche
Erarbeitung von Programmen zur Überwachung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten
Reihe
Texte | 96/99
Seitenzahl
760
Erscheinungsjahr
Autor(en)
Dipl.-Geol. Günther Bartetzko, Dr. rer. nat. Gerd Rippen, Dipl.-Ing. Peter Wiesert
Sprache
Deutsch
Forschungskennzahl
296 77 816
Verlag
UBA
Dateigröße
22878 KB
Preis
0,00 €
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