Disclaimer: Dieser Artikel ist ein Beitrag im Rahmen der Konferenz "Innenraumluft 2024" und spiegelt nicht die Meinung des Umweltbundesamtes wider. Für die Inhalte sind die genannten Autoren und Autorinnen verantwortlich.
Autorin
Martina Clemens-Ströwer
Sachverständigenbüro für Baubiologie, Welver
www.clemens-stroewer.deEmpfohlene Zitierweise: Clemens-Ströwer, M. (2024). Gerüche in Innenräumen: Neue Fallbeispiele. Beitrag A16 zur Fachtagung „Innenraumluft 2024 - Messen, Bewerten und Gesundes Wohnen“, 6.-8. Mai 2024, Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/irl2024-a16
Gerüche in Innenräumen: Neue Fallbeispiele
Anlass für die Beauftragung unseres Sachverständigenbüros sind in ca. 50% der uns erreichenden Anfragen auffallende Geruchsentwicklungen in Innenräumen. Die Gerüche, die wir in diesen Fällen vorfinden, haben eine geruchliche Bandbreite, die nahezu die gesamte Palette der im Geruchsrad der AGÖF aufgeführten Gerüche umfasst. Die Gerüche variieren von muffig-modrig, aldehydisch, holzig, stechend, chemisch, kunststoffartig, teerig bis hin zu Gerüchen nach organischer Zersetzung und Tierbesiedlungen. In dem vergangenen Geschäftsjahr kam es ungewöhnlich häufig zu Beanstandungen durch Abwassergerüche. Bei den geruchsintensiven Stoffen dieser Gerüche handelt sich um verschiedene Schwefelverbindungen und Ammoniak. Der Anteil dieser Verbindungen im Abwassersystem ist abhängig von diversen Faktoren, wie z.B. dem Sauerstoffgehalt, dem ph-Wert des Abwassers, der Temperatur, der Standzeit des Abwassers in den Kanälen und der Zusammensetzung der eingeleiteten Substanzen. Gerüche aus Abwassersystemen werden von den meisten Menschen als unangenehm empfunden.
Kommt es in Innenräumen zu Geruchsbelästigungen durch Abwassergerüche, so wird die Geruchsproblematik in der Regel als unregelmäßig auftretend beschrieben, so dass an manchen Tagen sehr intensive Geruchsauffälligkeiten beobachtet werden, während an anderen Tagen keinerlei Gerüche von den Raumnutzern wahrgenommen werden.
Luftdruckschwankungen sind die Hauptursache für das sporadische Auftreten der Abwassergerüche. Diese Luftdruckschwankungen sind nicht nur witterungsbedingt, sondern können in Gebäuden z.B. durch den Betrieb einer Lüftungsanlage verursacht werden oder durch Winddruck auf dem Gebäude. Grundvoraussetzung für die Freisetzung der im Abwassersystem unvermeidbaren Gerüche in Innenräume sind jedoch Undichtigkeiten im Rohrleitungssystem. Liegt aus den o.g. Gründen ein Unterdruck im Gebäude vor, werden die Gerüche aus den Undichtigkeiten in die Innenraumluft befördert und sind dort wahrnehmbar. Dabei reichen kleinste Haarrisse oder fehlerhafte Dichtungsringe in den Leitungen aus, ohne dass es zum Austritt von Wasser kommt. Diese Undichtigkeiten treten sowohl in Einfamilienwohnhäusern, Büroräumen, Gewerbebetrieben sowie in mehrgeschossigen Hochhäusern auf und führen durch die Geruchsentwicklung zu Nutzungsbeeinträchtigungen, die bis zu Rechtsstreitigkeiten führen können.
Da das unregelmäßige Auftreten eine Überprüfung der Geruchsproblematik vor Ort erschwert, wird mit Hilfe eines Ventilators ein Unterdruck im Gebäude erzeugt. Damit können unabhängig von den vorherrschenden natürlichen Luftdruckverhältnissen Abwassergerüche aus Undichtigkeiten im Abwassersystem in die Innenräume gezogen werden. Liegen keine Undichtigkeiten im Abwassersystem vor, kommt es mit Hilfe dieses Verfahrens auch nicht zur Freisetzung von Abwassergerüchen.
Die Erkundung des Gebäudes hinsichtlich des Verlaufs der Abwasserleitungen und der Belüftungsleitungen des Abwassersystems sind eine Grundvoraussetzung, um die Ursachensuche erfolgreich zu gestalten. Im Vortrag werden Fallbeispiele vorgestellt, um die Bandbreite der Geruchsursachen aufzuzeigen.