Das Umweltbundesamt hat den gesetzlichen Auftrag, die Umweltrisiken von Human- und Tierarzneimitteln im Rahmen ihrer Marktzulassung zu bewerten. Mit diesem Internet-Portal möchte das Umweltbundesamt über seinen gesetzlichen Auftrag hinaus über Umweltaspekte von Arzneimitteln aufklären. Das Portal richtet sich an Patienten*Patientinnen sowie an die Ärzte- und Apothekerschaft.
Arzneistoffe gelangen in die Umwelt und haben dort unerwünschte Wirkungen
Arzneimittel gehören zu den wichtigen Werkzeugen der Medizin und sind in unserem Leben allgegenwärtig. Wir alle nehmen bei Bedarf oder regelmäßig Medikamente ein und unser Arzneimittelverbrauch steigt meist mit zunehmendem Alter. Viele Arzneistoffe werden in veränderter (metabolisierter) Form und zum Teil unverändert vom menschlichen Körper wieder abgegeben und gelangen über die Ausscheidungen sowie durch Abwaschen nach Anwendungen auf der Haut über das Abwasser in die Kläranlagen. Auch die unsachgemäße Entsorgung nicht verbrauchter Medikamente über Abfluss und Toilette trägt dazu bei. Kläranlagen können nicht alle im Abwasser enthaltenen Substanzen zurückhalten. Das gereinigte Wasser enthält oft noch Arzneimittelrückstände, die mit dem Kläranlagenablauf in die Gewässer gelangen. Dort stellen sie eine Gefahr für Lebewesen wie Fische, Algen, Amphibien und viele weitere dar. Zum Beispiel beeinträchtigt der künstliche hormonelle Wirkstoff der Verhütungspille (17α-Ethinylestradiol) bereits in sehr niedrigen Konzentrationen die Vermehrungsfähigkeit von Fischen und Amphibien.
Patienten*Patientinnen: Medikamente umweltbewusst anwenden und entsorgen
Auch in Gesundheitsfragen ist es wichtig, umweltbewusst zu handeln. Patienten*Patientinnen können helfen, negative Umwelteffekte von Arzneistoffen zu vermeiden. Beispielsweise tragen die Vorbeugung von Krankheiten, die Erwägung nicht-medikamentöser Behandlungen und der verantwortungsvolle Umgang mit Medikamenten zum Schutz der Umwelt bei. Arzneimittel sind ein kostbares und oft teures Gut, mit dem wir sorgsam umgehen. Dennoch kann es vorkommen, dass abgelaufene oder nicht mehr benötigte Medikamente im Haushalt anfallen. Für den Schutz von Mensch und Umwelt sollten diese umweltgerecht entsorgt werden. In Deutschland werden regional unterschiedliche Entsorgungsoptionen für Altmedikamente angeboten. Am häufigsten wird die Entsorgung über die Hausmülltonne oder Schadstoffsammelstellen empfohlen. Unter arzneimittelentsorgung.de können Sie über Ihre Postleitzahl abfragen, welche Entsorgungswege lokal empfohlen werden. Überall gilt jedoch: Medikamente NIEMALS über Toilette oder Spüle entsorgen!
Ärzte- und Apothekerschaft: Umweltaspekte bei Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln
Durch die Integration umweltorientierter Ansätze in die ärztliche Verschreibungspraxis können Medizinerinnen*Mediziner aktiv dazu beitragen, den Eintrag von Arzneistoffen in die Umwelt zu verringern - selbstverständlich ohne die Gesundheit der Patienten*Patientinnen zu gefährden oder die ärztliche Therapiefreiheit einzuschränken. Ein Ansatzpunkt liegt in der Vorsorge und in der Stärkung aller Körpersysteme und des Immunsystems. Hierbei geht es vor allem um präventive Maßnahmen wie Impfungen, Bewegung auf Rezept, Einladung zu Vorsorgeuntersuchungen und Ernährungsberatung. Zudem können nicht-medikamentöse Behandlungen in Erwägung gezogen werden, sofern dies möglich und angemessen ist. Es versteht sich von selbst, dass es auch die Umwelt schont, wenn Über- und Fehlverschreibungen vermieden werden. Dies kann durch sehr gründliches Vorgehen bei der medizinischen Diagnostik und Behandlung erreicht werden. Darüber hinaus bietet die Verschreibung alternativer Applikationsformen eine Möglichkeit, die Menge an Wirkstoffen, die in die Umwelt gelangen, zu verringern. Die Verwendung von Wirkstoffen, die besser in Kläranlagen und in der Umwelt abgebaut werden können oder eine geringere Umwelttoxizität aufweisen, ist ein weiterer Ansatzpunkt. Auch die Verschreibung kleiner Packungsgrößen kann dazu beitragen, das Entstehen von zu entsorgenden Arzneimittelresten zu verringern. In der Apotheke als dem zentralen Ort, an dem Arzneimittel abgegeben und professionell dazu beraten wird, besteht die Möglichkeit, bei der Minimierung des Umwelteintrags von Arzneistoffen entscheidend mitzuwirken. Um die Beratung zu Umweltaspekten von Arzneimitteln zu unterstützen hat das Umweltbundesamt Informationsmaterialien (z. T. mehrsprachige) entwickelt, die kostenfrei bestellt oder heruntergeladen werden können. Zusätzlich können Apotheker*Apothekerinnen z. B. Medikationsanalysen durchführen, sich mit Medizinerinnen*Medizinern austauschen und über die umweltgerechte Entsorgung von Altmedikamenten informieren. Damit heutige und zukünftige Medizinerinnen*Mediziner und Apothekerinnen*Apotheker Interessantes zu Umweltaspekten von Arzneimitteln lernen können, hat das Umweltbundesamt freie Lehrmaterialien erstellt. Diese sollen es Lehrenden z. B. an Universitäten, berufsbildenden Schulen oder Fort- und Weiterbildungseinrichtungen ermöglichen, Umweltaspekte bei vertretbarem Aufwand in ihre Lehrveranstaltungen zu integrieren.
Wissenschaftlicher Hintergrund zu Arzneimitteln und Umwelt
Die Rubrik „Wissenschaftlicher Hintergrund“ dieses Portals bietet tiefgehende Einblicke in die Umweltbelastung durch Humanarzneistoffe. Sie beleuchtet die Entwicklung der Verbrauchsmengen von Arzneistoffen, zeigt auf, wie viele Substanzen als umweltrelevant gelten, und erklärt vertiefend die verschiedenen Eintragswege in die Umwelt. Auch Funde von Arzneistoffen in Gewässern, Böden und im Trinkwasser werden thematisiert. Zudem wird die Toxizität bestimmter Arzneistoffe für Umweltlebewesen anhand konkreter Beispiele veranschaulicht. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Kläranlagentechnik und die Frage, inwieweit moderne Anlagen mit 4. Reinigungsstufe Arzneimittelrückstände aus dem Abwasser entfernen können. Der rechtliche Rahmen der Umweltrisikobewertungen von Arzneimitteln wird ebenfalls erläutert. Abschließend werden Maßnahmen zur Reduzierung des Arzneistoffeintrags in die Umwelt im Zulassungsprozess und darüber hinaus dargestellt.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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