PFAS werden in der Papierindustrie nur in wenigen Spezialfällen eingesetzt. Der Einsatz erfolgt zur wasser- und fettresistenten Ausrüstung von Papieren und Verpackungen für den Lebensmittelkontakt. In Einzelfällen werden wohl auch verschiedene Druckfarben mit PFAS-Wachsen versetzt um die Scheuer-, Abrieb- und Kratzfestigkeit des Druckerzeugnissens oder der Verpackung zu erhöhen.
Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wurde 2023 in den papierherstellenden Unternehmen eine Befragung zum PFAS Einsatz vorgenommen. Demnach spielt der Einsatz von PFAS in den mengenmäßig wichtigsten Papiersorten keine Rolle (Wellpappenrohpapiere, Faltschachtelkartons, grafische oder Hygienepapiere).
Nur für einige Produkte für den Kontakt mit heißen und/oder fettenden Lebensmitteln werden noch PFAS -Verbindungen als Fettdichtmittel (Butterwickelpapiere, Hamburgerschachteln) eingesetzt. Es werden nur Stoffe eingesetzt die auf der Positivliste der aktuellen BfR-Empfehlung XXXVI. eingesetzt.
Im Laufe der Zeit wurden auf dieser Liste immer wieder verschiedene fluorhaltige Beschichtungsmittel hinzugefügt und andere gestrichen. Seit 2018 werden keine neuen PFAS hinzugefügt und das BFR überprüft die vorhandenen Einträge mit dem aktuellen Stand des Wissens und den regulatorischen Anforderungen. Folgende Verbindungen sind in der Empfehlung gelistet:
- Phosphorsäureester von ethoxyliertem Perfluorpolyetherdiol, höchstens 1,5 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- Perfluorpolyetherdicarbonsäure, Ammoniumsalz, höchstens 0,5 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff. Entsprechend ausgerüstete Papiere dürfen nicht in Kontakt mit wässrigen und alkoholischen Lebensmitteln kommen
- Copolymer aus 2-Diethylaminoethylmethacrylat, 2,2’-Ethylendioxydiethyldimethacrylat, 2-Hydroxyethylmethacrylat und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylmethacrylat als Acetat und/oder Malat, höchstens 1,2 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- 2-Propen-1-ol, Reaktionsprodukt mit 1,1,1,2,2,3,3,4,4,5,5,6,6-Tridecafluor-6-Iodhexan, dehydrojodiert, Reaktionsprodukt mit Epichlorhydrin und Triethylentetramin, mit einem Fluorgehalt von 54 %, höchstens 0,5 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- Copolymer aus Methacrylsäure, 2-Hydroxyethylmethacrylat, Polyethylenglykolmonoacrylat und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylacrylat als Natriumsalz, mit einem Fluorgehalt von 45,1 %, höchstens 0,8 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- Copolymer aus Methacrylsäure, 2-Diethylaminoethylmethacrylat, Acrylsäure und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylmethacrylat, als Acetat, mit einem Fluorgehalt von 45,1 %, höchstens 0,6 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- Copolymer aus Methacrylsäure, 2-Dimethylaminoethylmethacrylat und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylmethacrylat, als Acetat mit einem Fluorgehalt von 44,8 %, höchstens 0,6 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- Poly(hexafluorpropylenoxid), Polymer mit 3-N-Methylaminopropylamin, N,N-Dimethyldipro- pylentriamin und Poly(Hexamethylendiisocyanat), mit einem Fluorgehalt von 59,1 %, höchstens 4 mg/dm2
- Reaktionsprodukt aus Hexamethylen-1,6-diisocyanat (Homopolymer), umgesetzt mit 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluor-1-octanol, mit einem Fluorgehalt von 48 %, höchstens 0,16 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff
- Copolymer aus Acrylsäure-2-methyl-2-(dimethylamino)ethylester und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylmethacrylat, N-oxid, Acetat, mit einem Fluorgehalt von 45 %, höchstens 4 mg/dm2
- Copolymer aus Terephthalsäuredimethylester, Ethylenglykol, Propylenglykol, Pentaerythrit, Polyethylenglykol und Polyethylenglykolmonomethylether mit einem Terephthalsäuregehalt von 24 %, höchstens 0,05 mg/dm²
- Copolymer aus 2-Hydroxyethylmethacrylat, Methacrylsäure, Itaconsäure und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylmethacrylat als Natriumsalz, höchstens 24 mg/dm2
- Copolymer aus 2-Hydroxyethylmethacrylat, Vinylpyrrolidon, Acrylsäure und 3,3,4,4,5,5,6,6,7,7,8,8,8-Tridecafluoroctylacrylat als Natriumsalz, mit einem Fluorgehalt von 41,9 %, höchstens 1,0 %, bezogen auf den trockenen Faserstoff.
Als Verunreinigungen können aber perfluorierte Carbon- und Sulfonsäuren im unteren Bereich enthalten sein. Da hier schon Konzentrationen im ng/l- bzw. µg/kg-Bereich als umweltrelevant angesehen werden, sind diese Spurenverunreinigungen nicht unerheblich. In geringeren Anteilen werden auch Perfluoralkylphosphate (PAP) eingesetzt, die sowohl in der Umwelt als auch im menschlichen Körper zu Fluortelomeralkoholen und schließlich zu verschiedenen perfluorierten Carbonsäuren abgebaut werden können, so dass PFOS-frei nicht PFAS-frei ist und die Substitutionsprodukte ähnlich kritisch sein können.
Nach der Beschränkung von Undecafluorhexansäure (PFHxA) ihrer Salze und PFHxA-Verwandter Stoffe (EU 2024/2462) vom 19. September 2024, werden erneut Verbindungen gestrichen werden.
Funktionsweise:
Die Fluorchemikalien für Papieranwendungen sind im Allgemeinen so aufgebaut, dass sie zwei unterschiedliche funktionelle Gruppen enthalten: eine polare Gruppe, die die Haftung zur Faser ergibt und Fluorkohlenstoffgruppen/-ketten, die die Wasser- und Öl-Abweisung bewirken. Die Funktionsgruppen sind produktabhängig teilweise an ein Polymergerüst gebunden.
Die Applikation erfolgt durch Zugabe der Fluorchemikalien in der Masse, in der Leimpresse oder beim Beschichten. Um eine hohe Applikationseffektivität in der Masse hinsichtlich Kosten / Nutzen zu erzielen, weisen die meisten Fluorchemikalien kationische Ladung auf und werden daher an die Papierfaser gebunden. Beim Einsatz von Fluorchemikalien in dem Bereich der Leimpresse und der Beschichtung ist keine Belastung des Abwassers zu erwarten, da hier geschlossene Produktionskreisläufe gefahren werden. Über die betriebsinterne Rückführung von Abfällen (u.a. Randzuschnitte) sind Verschleppungen und PFC-Einträge in das Abwasser nicht auszuschließen.
Zu den eingesetzten Fluorchemikalien existieren derzeit keine wirksamen Alternativen, um die geforderten Effekte zu erreichen.
Fluortelomerealkohole (FTOH) können in geringen Mengen zu Perfluorcarbonsäuren umgewandelt werden (z.B. 8:2 FTOH zu PFOA). Auch über das Altpapier können PFAS eingetragen werden.
Beispielsweise wird in der Druckindustrie zur Bedruckung von Papier PTFE eingesetzt, um die Brillanz und Abriebfestigkeit des Druckerzeugnisses zu verbessern. Diese Stoffe und deren Abbauprodukte werden als Altpapier in den Rohstoffkreislauf eingetragen.
Allgemeine Informationen zur Regulierung von PFAS finden Sie im Artikel "Regulierung von PFAS unter REACH, CLP und Stockholm Konvention".
In der Regel werden in der Papierindustrie nur Perfluorchemikalien eingesetzt, die in den Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung XXXVI „Papiere für den Lebensmittelkontakt“ und XXXVI/2 „Papiere, Kartons und Pappen für Backzwecke“ genannt sind. Für diese Empfehlungen lag der Augenmerk aber auf dem Übergang der Perfluorchemikalien auf die Lebensmittel und dieser ist gering. Typische Einsatzkonzentrationen liegen zwischen 0,5 und 1,5% bezogen auf die .
In der 8. Novelle der Abwasserverordnung wurde 2018 im Anhang 28 zur Herstellung von Papier und Pappe im Teil B Allgemeine Anforderungen, folgende Anforderung aufgenommen:
Abwasseranfall und Schadstofffracht sind so gering zu halten, wie dies insbesondere durch folgende Maßnahmen technisch möglich ist:
... 4. Verzicht auf den Einsatz von chemischen Additiven, die per- oder polyfluorierte Chemikalien enthalten oder zu deren Bildung beitragen. Ist ein Verzicht nicht möglich, sind die Einsatzmengen zu minimieren und die Emissionen entsprechend den technischen Möglichkeiten zu reduzieren, …
Eliminierung aus dem Abwasser
Aufgrund der Persistenz und der oberflächenaktiven Eigenschaften lassen sich einmal in das Abwasser gelangte Verunreinigungen wie z.B. PFOA nur sehr schwer eliminieren. Die meisten der per- und polyfluorierten Polymere sind nur sehr gering wasserlöslich. Allerdings stellt die Stabilität der Verbindungen und deren ubiquitäre Verbreitung in der Umwelt ein zunehmendes Problem dar.
Insbesondere aufgrund immissionsseitiger Anforderungen kann sich die Notwendigkeit ergeben, die Emissionen entsprechend den technischen Möglichkeiten zu reduzieren, z. B. durch Adsorption von PFAS an Aktivkohle oder mittels Ionenaustausch oder Aufkonzentrierung mit Nano- oder Ultrafiltration.
Jedenfalls ist mit Blick auf die im Anhang 28 der Abwasserverordnung Teil B (1) 4 genannten zunehmenden Beschränkungen und Reglementierungen hinsichtlich PFAS sowie der Umweltqualitätsnorm (UQN) von 0,00065 µg/l für PFOS in oberirdischen Binnengewässern die Notwendigkeit der Realisierung dieser Möglichkeiten zukünftig in Erwägung zu ziehen.