Hygiene im Privatbereich

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Hände waschen
Quelle: Uta Herbert / pixelio.de

Hygiene ist wichtig zum Schutz vor Infektionskrankheiten. Dabei ist immer abzuwägen, welche Maßnahmen sinnvoll und notwendig sind. In den meisten Fällen ist beispielsweise die Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privatbereich nicht notwendig. Neben praktischen Tipps für die umweltbewusste Hygiene im Privatbereich, werden Hinweise auf „versteckte“ Biozidprodukte und Tipps zu Ökolabeln gegeben.

Inhaltsverzeichnis

 

Was ist Hygiene?

Hygiene umfasst Maßnahmen, die dazu dienen, die Gesundheit einzelner Personen oder der Allgemeinheit zu erhalten oder zu verbessern. Sie dient auch dem Wohlbefinden und der Vermeidung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten und Epidemien. Beseitigt oder abgetötet werden sollen Krankheitserreger wie bakterielle Keime und Pilze. Ziel kann auch die Inaktivierung von Viren oder verschiedener Sporen sein.

 

Wirkungsweise von Hygienemaßnahmen

Grundsätzlich sind folgende Bereiche zu unterscheiden:

  • Reinigung: Mechanisches Entfernen von Mikroorganismen, keine Abtötung erforderlich
  • Desinfektion: Dekontamination (Entseuchung), Reduzierung der Anzahl krankmachender Keime, so dass von dem behandelten Gegenstand keine Infektionsgefahr mehr ausgeht.
  • Sterilisation: Abtötung aller Mikroorganismen und Inaktivierung aller Viren, auch Sporen

 Im Privatbereich dürften am häufigsten die beiden Maßnahmen Reinigung und Desinfektion angewendet werden. Seltener wird Sterilisation genutzt, zum Beispiel wenn Flaschen und Gläser zum Einkochen von Lebensmitteln vorbereitet werden.

 

Ist Desinfektion im Privathaushalt anzuraten?

Hygiene ist wichtig zum Schutz vor Infektionskrankheiten. Dabei ist immer abzuwägen, welche Maßnahmen sinnvoll und notwendig sind, um eine ausreichende Hygiene sicherzustellen. Weitere Informationen: https://www.bfr.bund.de/cm/350/verbrauchertipps-zu-lebensmittelhygiene-reinigung-und-desinfektion.pdf

In Privathaushalten wird der Einsatz von Desinfektionsmitteln als in der Regel nicht erforderlich angesehen. Dies ist die übereinstimmende Einschätzung des ⁠UBA⁠ (Umweltbundesamtes), des ⁠BfR⁠ (Bundesinstitut für Risikobewertung) und des ⁠RKI⁠ (Robert Koch-Institut). Weitere Informationen: https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/2000/262JbldPV4pks.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Es besteht die Gefahr, dass Desinfektionsmittel im Haushalt falsch angewendet werden, sich Resistenzen bilden und zusätzliche Risiken durch Vergiftungen mit Desinfektionsmitteln hinzukommen. Bei vielen im Haushalt eingesetzten antimikrobiellen Zusätzen in Reinigungsmitteln ist die Wirksamkeit nicht erwiesen und die Konzentrationen und Einwirkdauer reichen für eine effektive Desinfektion nicht aus. Die Risiken der Desinfektion im Haushalt sind somit höher als der Nutzen. Desinfektionsmittel sollten sinnvoller Weise nur nach ärztlicher Anweisung bei speziellen Fällen angewandt werden. Letztlich besteht sogar die Gefahr, dass sich die Anwender von Desinfektionsmitteln im Haushalt in falscher Sicherheit wiegen und klassische Hygienemaßnahmen, wie das Händewaschen, vernachlässigen.

Eine Untersuchung von Stiftung Warentest mit antibakteriell ausgerüsteten Allzweckreinigern und Waschmitteln ergab im Vergleich zu konventionellen Produkten keine verstärkte antibakterielle Wirkung der Produkte im Praxistest. Weitere Informationen: http://www.test.de/themen/gesundheit-kosmetik/meldung/Hygiene-im-Haushalt-Antibakterielle-Ausruestung-Ueberfluessig-18010-18010/

Zu ähnlichen Ergebnissen kam Ökotest im Jahr 2015: kein Hersteller der 24 getesteten antibakteriellen Produkte konnte Nachweise vorlegen, dass Verbraucher durch die Nutzung solcher Produkte gesundheitliche Vorteile gegenüber einer normalen, regelmäßigen Hygiene erlangen. Weitere Informationen: https://www.oekotest.de/kosmetik-wellness/Antibakterielle-Produkte-im-Test-Ist-Nutzung-von-Tuechern-Gelen-Co-sinnvoll-_106283_1.html

 

Hygienetipps für den Alltag

Persönliche Hygiene

Achten Sie auf regelmäßiges Händewaschen, denn die meisten Keime werden mit den Händen übertragen. Etwa eine halbe Minute mit hautfreundlicher Seife unter fließendem Wasser waschen bei Verschmutzungen, nach jedem Toilettenbesuch, vor jedem Zubereiten von Speisen, nach dem Kontakt mit Türen oder Türklinken in öffentlichen Gebäuden, und nach dem Kontakt mit Tieren oder erkrankten Menschen.

Reinigung von Flächen

Reinigen Sie regelmäßig Küche, Bad, WC und andere Flächen im Haushalt mit einfachen Reinigungsmitteln. Vermeiden Sie das Ansammeln von Spezialreinigern. Einfache Putzmittel wie ein milder Allzweckreiniger, ein saurer Reiniger auf Basis von Zitronensäure gegen Kalk, Scheuermilch gegen stärkere Verschmutzung sowie ein hautfreundliches Spülmittel reichen aus. Durch die Tenside in den Mitteln werden Bakterien im ausreichenden Umfang beseitigt. Waschen Sie regelmäßig die Putzlappen bei 60°C mit Waschpulver in der Waschmaschine und wechseln Sie Putzschwämme regelmäßig aus, spätestens wenn sie beginnen unangenehm zu riechen.  Nach dem Gebrauch sollten die Putzutensilien immer sofort gut ausgewaschen und getrocknet werden. Bürsten können im Geschirrspüler gereinigt werden. Halten Sie Bad und Küche stets trocken, denn Bakterien und Schimmelpilze vermehren sich besonders gut bei hoher Luftfeuchtigkeit.

Weitere Tipps zum umweltfreundlichen Reinigen finden Sie auf der ⁠UBA⁠ Themenseite "Frühjahrsputz".

Übrigens: antibakteriell ausgerüstete Gegenstände sind auch Biozid-Produkte. Beispiele sind als antibakteriell ausgelobte WC-Brillen, Telefonhörer, Heimtextilien, Spültücher und Abwaschschüsseln. Tatsächliche hygienische Vorteile dieser Gegenstände für die Nutzenden sind zu bezweifeln. Da solche Produkte die Umwelt unnötig belasten, sollten sie vermieden werden.

Hygiene in der Küche

Beachten Sie bei Nahrungsmitteln das Verfallsdatum und die richtige Lagerung und Kühlung. Entsorgen Sie regelmäßig alte, nicht mehr genießbare Lebensmittel aus Kühlschrank und Tiefkühltruhe und reinigen Sie die Geräte mit Spülmittel oder Essigreiniger. Kühlschränke mit antibakterieller Beschichtung sind überflüssig, so die Position des Bundesinstituts für Risikobewertung: 

Link zur ⁠BfR⁠-Presseinformation (03/2006)

Link zur BfR-Stellungnahme (007/2006)

Entleeren, reinigen und trocknen Sie regelmäßig den Abfalleimer. Achten Sie auf das Einhalten ausreichender Kochzeiten und Kochtemperaturen beim Zubereiten von Speisen – auch beim Gebrauch der Mikrowelle. Essensrückstände und Fettspuren können ein guter Nährboden für Keime sein, deshalb sollten Sie diese sofort nach dem Kochen entfernen und die Arbeitsfläche reinigen.

Reinigung von Wäsche

Das Waschen bei Niedrigtemperaturen von 20 oder 30 °C schont die Umwelt. Achten Sie jedoch auf geeignete Waschmittel. Nach jeder fünften Wäsche oder alle zwei Wochen sollten Sie einen 60°C-Waschgang mit einem bleichmittelhaltigen Vollwaschmittel durchführen. Dies ist erforderlich, damit durch die Niedrigtemperatur-Waschgänge in der Waschmaschine kein Bakterienbelag entsteht. Manche Wäschestücke brauchen aus Hygienegründen höhere Temperaturen von 40 oder 60°C, z. B. Unterwäsche, Servietten, Bettwäsche, Spüllappen und Handtücher sowie Textilien, die mit Haustieren in Berührung kommen.

Weitere Tipps finden Sie bei der Verbraucherzentrale Hamburg https://www.vzhh.de/themen/umwelt-nachhaltigkeit/wasch-reinigungsmittel/wie-wird-waesche-richtig-umweltschonend-sauber und auf der UBA Themenseite https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/wasch-reinigungsmittel/umweltbewusst-waschen-reinigen/waschtemperaturen.

Im „gesunden“ Privathaushalt und bei normal verschmutzter Wäsche ist keine zusätzliche Wäschedesinfektion mit „Hygienespülern“ erforderlich. Bei der üblichen Haushaltswäsche kann und wird im Normalfall ein ausreichendes hygienisches Gesamtergebnis erzielt. Im September 2010 hat Ökotest einige Vollwaschmittel für niedrige Temperaturen getestet und die meisten mit „gut“ bewertet. Zum Test: https://www.oekotest.de/bauen-wohnen/Waschmittel-Test-Loesliches-Plastik-in-fast-jedem-Mittel_10810_1.html

Im medizinischen Bereich, z.B. in Krankenhäusern werden nur auf Wirksamkeit geprüfte Verfahren nach der VAH-Liste angewendet. Dafür sind technischen Standards notwendig, die in der Regel von üblichen Haushaltswaschmaschinen gar nicht erreicht werden können, beispielsweise aufgrund zu hoher Abweichungen bei der Temperatureinstellung. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/3521/dokumente/hm_2010_12_479_vah.pdf (Verband für Angewandte Hygiene e.V.) 

Desinfektion in Wassertanks

Für mobile Toiletten in Wohnmobilen, Sportbooten und Gärten stehen Sanitärzusätze und Spülwasserzusätze zur Verfügung. Sie haben die Aufgabe, das Spülwasser frisch zu halten und die technische Funktion und die Hygiene in der mobilen Toilette zu gewährleisten. Achten Sie auf Produkte mit dem Blauen Umweltengel., denn diese Mittel sind kläranlagenverträglich und verursachen bei ihrer Entsorgung keine schädlichen Auswirkungen (RAL-UZ 84a, RAL-UZ 84b).

Tipps gegen Schimmelbefall in Räumen finden Sie hier:

https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/schimmel#was-sind-schimmelpilze

Wann sind Desinfektionsmaßnahmen notwendig?

Die Verwendung von Desinfektionsmitteln und antibakteriellen Reinigern kann notwendig werden, wenn im Haushalt eine Person mit einer ansteckenden Erkrankung (z. B. Salmonellen-Dauerausscheider) einer Immunschwäche bzw. einer Allergie lebt. Ob und welche Desinfektionsmaßnahmen sinnvoll sind, sollte immer von Fall zu Fall mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Bei behördlich angeordneten Entseuchungen (Desinfektion) und Entwesungen (das Vernichten tierischer Schädlinge) dürfen nach § 18 Infektionsschutzgesetz nur Mittel und Verfahren verwendet werden, die vom ⁠RKI⁠ (Robert-Koch-Institut) als zuständiger Bundesoberbehörde in einer Liste im Bundesgesundheitsblatt veröffentlicht wurden.

Gemeinschafts- und ähnliche Einrichtungen müssen nach dem Infektionsschutzgesetz die „Infektionshygiene“ einhalten. In Hygieneplänen werden dazu innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festgelegt und vom Gesundheitsamt überwacht. Entsprechende Einrichtungen sind beispielsweise: Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen sowie vergleichbare Behandlungs-, Betreuungs- oder Versorgungseinrichtungen, Obdachlosenunterkünfte sowie Gemeinschafts- und Massenunterkünfte.

Wie lassen sich antibakterielle von herkömmlichen Reinigungsprodukten unterscheiden?

In den Verkaufsregalen der Drogerien und Supermärkte stehen althergebrachte Reinigungsmittel neben solchen, die auf besondere biozide Eigenschaften verweisen, um Bakterien, Pilze oder Viren abzutöten oder in ihrer Vermehrung zu hemmen. Bei manchen Inhaltsstoffen entscheidet nur die Konzentration darüber, ob der ⁠Stoff⁠ als Konservierungsmittel das Produkt länger haltbar machen soll oder ob er eine Hygienewirkung für den Verwender erzielen will. Beispielsweise wirken die in den meisten Reinigungsmitteln enthaltenen Tenside auch antibakteriell.

Bei anderen Produkten steht unter der Liste der Inhaltsstoffe nur „Desinfektionsmittel“, ohne die genaue chemische Bezeichnung wiederzugeben. Die Unterscheidung ist dennoch möglich. Achten Sie auf eines dieser Erkennungsmerkmale:

  • Achten Sie auf die Art der Werbung und der Auslobung der Produkte. In der Regel werden Produkte, die Desinfektionsmittel enthalten, mit ihrer antibakteriellen Wirksamkeit beworben. Beispielsweise gibt es Werbeaussagen wie „antibakteriell“, „antimikrobiell“, „bakterizid“, „desinfizierend“ „entfernt zu 99,9% Bakterien, Pilze und Viren“ oder ähnliches. Biozidzusätze für die Waschmaschine werden oft als „Hygienespüler“ und antibakterielle Handseifen als „Hygieneseifen“ deklariert. Vergleichbares gilt für Mittel gegen Schimmel, die mit dieser Eigenschaft besonders ausgelobt werden, z.B. „Anti-Schimmel!“, „Schimmelstopp“ oder „besitzt fungizide Wirkung“.
  • Antibakterielle Biozidprodukte sind in Deutschland an einer Kennzeichnungsnummer, bestehend aus einem N und vier Zahlen (N-xxxx) erkennbar. Das „N“ steht für „Notifizierung“ oder „Meldung“. Diese Nummer gilt so lange, bis das gemeldete Produkt in der Zukunft entweder geprüft und behördlich zugelassen wird oder dem Produkt die Zulassung verweigert und damit auch die Vermarktung untersagt wird. Bei einer Zulassung wird sodann die N-Nummer durch die entsprechende Zulassungsnummer auf dem Produkt ersetzt. Diese setzt sich aus einer der Kennungen „DE-„ oder „EU-„ und einer Zahlenfolge zusammen.
  • Bei antibakteriellen Biozidprodukten müssen nach dem Biozidgesetz die Hersteller bzw. die Anbieter folgenden Warnsatz in der Produktwerbung veröffentlichen: „Biozide sicher verwenden. Vor Gebrauch stets Kennzeichnung und Produktinformation lesen“.
 

Informationen zu Ökolabeln

Die Umweltzeichen „Blauer Engel” (nationales Umweltzeichen) und „Euroblume” (EG-Umweltzeichen) bieten die Möglichkeit, sich für das umweltverträglichere Produkt zu entscheiden. 

Das EG-Umweltzeichen für „Allzweckreiniger und Reinigungsmittel für sanitäre Einrichtungen“ schließt den Einsatz quaternärer Ammoniumverbindungen, Glutaraldehyd und anderer giftiger und sehr giftiger Inhaltsstoffe mit längerfristig schädlicher Wirkung für die Umwelt aus.  Ähnliche Anforderungen gelten auch für die EG-Umweltzeichen zu Maschinen- und Handgeschirrspülmittel sowie für das EG-Umweltzeichen für Waschmittel.

In den Bereichen Wäschedesinfektion und Abfalldesinfektion (Kläranlagenverträgliche Spülwasserzusätze) werden nationale Umweltzeichen vergeben. Der „Blaue Engel“ für „Nassreinigungsdienstleistung“ wird z.B. für Betriebe vergeben, in denen bei der Textilreinigung auf organische Lösemittel verzichtet und ausschließlich Wasser als Lösemittel verwendet wird. 

Mehr Informationen zu den Umweltzeichen für Wasch- und Reinigungsmitteln auf der ⁠UBA⁠ Themenseite "Umweltzeichen"

 

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 Biozide  Desinfektion  Hygiene  Minimierung Biozideinsatz