Bei alten Wolldecken, Wollteppichen, Pelzmänteln oder Stofftieren können Etiketten als Hinweis dienen, die beispielsweise den Mottenschutz des Produktes betonen. Dieser Mottenschutz wird in der Regel durch eine chemische Behandlung erreicht. So tragen alte Textilien manchmal ein Etikett mit dem Hinweis „Mottenecht durch Eulan“, „Immuna – lichtecht, mottensicher, bakterienfest“ oder „Mottenecht durch Woguman“. Die Namen stehen dabei allerdings nicht für einen bestimmten Wirkstoff, vielmehr verbergen sich hinter den Namen viele verschiedene Chemikalien bzw. Produkte, die zum Mottenschutz eingesetzt wurden.
Häufig stößt man bei alten Wollprodukten auf Etiketten mit dem Hinweis auf eine Behandlung mit „Eulan“. Unter diesem Überbegriff waren früher verschiedene Mottenschutzmittel zeitgleich auf dem Markt, sodass eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Wirkstoff aufgrund des Etiketts heutzutage leider nicht möglich ist. Weit verbreitet war laut einer Publikation von Martina Homolka „Eulan® U 33“, das 1988 vom Markt genommen wurde. Eulan® U 33 enthielt als Wirkstoff Polychlor-2-(chlormethylsulfonamid)-diphenylether (PCSD) mit dem Nebenprodukt Polychlor-2-aminodiphenylether (PCAD). Umfassende Risikobewertungen für die Gesundheit und die Umwelt dieser Stoffe liegen nicht vor, weil es dafür in dem Zeitraum, in dem Eulan® U 33 eingesetzt wurde, keine gesetzliche Verpflichtung gab (ausführlichere Informationen zu gesetzlichen Grundlagen am Ende des Textes). Laut einer Bewertung der ARGUK Umweltlabor GmbH basierend auf den chemischen Strukturen und vorhandenen Daten handelt es sich bei PCSD/PCAD um sehr langlebige Chemikalien. Bei thermischer Belastung können laut dieser Bewertung aus PCSD/PCAD-Gemischen Verbindungen vom Dioxin-Typus entstehen. Wie langlebig die Chemikalien sind, zeigt eine Veröffentlichung des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2008. Mehr als 15 Jahre nachdem die Produktion eingestellt wurde, waren die Stoffe noch in 15 % aller Hausstaubproben zu finden. Zu möglichen langfristigen toxikologischen Auswirkungen und der potentiellen Exposition aufgrund von behandelten Wollprodukten liegen zu wenig belastbare Daten vor, um eine Bewertung vorzunehmen. Substanzen mit einer ähnlichen Struktur (sogenannte aromatische Amine) wie PCAD können jedoch bei entsprechender Exposition zu langfristigen Schäden führen. Auch heutzutage gibt es noch Produkte zum Mottenschutz, die in ihrem Namen den Begriff „Eulan“ tragen. Das aktuell zugelassene „Eulan SPA 01“ enthält jedoch mit Permethrin einen anderen Wirkstoff und ist mit früher eingesetzten Produkten nicht vergleichbar. Aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung ist der Einsatz von Permethrin zum Schutz von Wollteppichen ohne gesundheitliche Risiken.
Was tun?
Grundsätzlich ist es aus Gründen des Ressourcenschutzes nachhaltig alte Gegenstände möglichst lange weiter zu nutzen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es dabei jedoch schwierig zu erkennen, ob, und wenn ja welche, Konservierungsmittel in den Gegenständen enthalten sein können. Nicht jedes Produkt, das mit „Eulan“ gekennzeichnet ist, muss zwingend den Wirkstoff PCSD/PCAD enthalten. Wenn erkennbar ist, welche Chemikalie zur Konservierung eingesetzt wurde, muss in der jeweiligen Situation abgewogen werden, ob und wie eine Weiternutzung sinnvoll ist. Bei Produkten aus Wolle, die vor 1988 hergestellt wurden und einen Hinweis auf Mottenschutz tragen, sollte auf eine dauerhafte Nutzung in bewohnten Innenräumen nach Möglichkeit verzichtet werden. Sollen behandelte Gegenstände nicht weiter verwendet, sondern entsorgt werden, sollte Kontakt mit der örtlichen zuständigen Behörde aufgenommen werden, da die Abfallentsorgung Sache der Länder ist und es zudem unterschiedliche Vorschriften für die Entsorgung bestimmter Abfälle von Bundesland zu Bundesland und sogar von Kommune zu Kommune gibt.
Rechtlicher Hintergrund
Vor dem Jahr 2000 konnten konservierende Chemikalien, die Biozide genannt werden, in Deutschland relativ uneingeschränkt eingesetzt werden. Sie wurden in der Regel nicht umfassend auf ggf. negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt untersucht. Dies änderte sich erst mit der Europäischen Biozid-Richtlinie 98/8/EG und der nachfolgenden Biozid-Verordnung (EU) 528/2012. Dank dieser Regelungen werden die Wirkstoffe nun auf ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt überprüft. Nur wenn Wirkstoffe unbedenklich und gleichzeitig ausreichend wirksam sind, dürfen sie weiterhin in Produkten eingesetzt werden.
Die Stoffe, die vor 2000 zur Konservierung von Produkten eingesetzt wurden, wurden nicht so umfassend bewertet und so konnten auch Chemikalien eingesetzt werden, von denen erst im Nachhinein bekannt wurde, dass sie schädlich sein können. Das in Deutschland bekannteste Beispiel für schädliche Wirkungen waren die Gesundheitsschäden durch Wirkstoffe in Holzschutzmitteln, die im „Frankfurter Holzschutzmittelprozess“ aufgearbeitet wurden (Urteil des Frankfurter Landgerichts vom 25. Mai 1993). Produkte, die in der Zeit vor dem Wirksamwerden der Gesetzgebung zu Bioziden hergestellt wurden, enthalten aus diesem Grund unter Umständen Chemikalien, die unerwünschte Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt haben.
Weitere Informationen
https://www.arguk.de/infos/documents/Eulan-Wirkstoffe-und-Vorkommen-in-Hausstaeuben_000.pdf
https://www.arguk.de/infos/documents/Schadstoffinfo-Wollschutzmittel-Eulan.pdf
https://www.dhm.de/publikation/eulan-ein-biozid-gegen-keratin-schaedlinge-und-seine-relevanz-in-musealen-sammlungen-produktgeschichte/
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/kinder-umwelt-survey-200306-kus-0
https://www.bfr.bund.de/cm/343/keine_gesundheitliche_gefaehrdung_durch_permethrin_in_wollteppichen.pdf