2023

Auf hellem Hintergrund sind zwei Windraeder, eine Solaranlage, zwei Personen, die Weltkugel, Pflanzenblaetter und Diagramme zur Illustration der Themenfelder des KI-Labs abgebildet.zum Vergrößern anklicken
Künstliche Intelligenz kann auch für Umwelt und Nachhaltigkeit nutzbar gemacht werden.
Quelle: © Irina Strelnikova / Adobe Stock (verändert)

Die neuen Möglichkeiten der „Künstlichen Intelligenz“ sind 2023 in aller Munde. Das UBA eröffnet ein eigenes „KI-Labor“ und einen klimaneutralen Bürobau, wirkt an der umfassendsten Bewertung von Nord- und Ostsee mit, ist Coronaviren im Abwasser auf der Spur und rät, die „Ewigkeitschemikalien“ ⁠PFAS einzuschränken. Es gibt eine globale Chemikalienvereinbarung und Diskussionen um Klimaprotestformen.

Inhaltsverzeichnis

 

Labor für Künstliche Intelligenz am UBA startet

Die neuen Möglichkeiten durch Künstliche Intelligenz, kurz „KI“, sind immens und sollen auch für das Ressort des Bundesumweltministeriums genutzt werden. Deshalb geht 2023 am Umweltbundesamt das Anwendungslabor für Künstliche Intelligenz und Big Data (KI-Lab) an den Start. Es soll unter anderem Grundlagen schaffen, um mit KI die Analyse großer Mengen von Umweltdaten stärker zu vereinfachen. Erste Anwendungsbeispiele: Wind- und Photovoltaik-Anlagen in Satellitendaten identifizieren und illegal in Online-Handelsplattformen angebotene geschützte Tier- und Pflanzenarten aufspüren.

 

UBA eröffnet klimaneutralen Erweiterungsbau in Dessau-Roßlau

Futuristisch sieht es aus und zukunftsweisend ist es: das neue Bürogebäude des ⁠UBA⁠ am Hauptsitz in Dessau-Roßlau. Durch seine Fassade aus Photovoltaik-Modulen und eine Wärmepumpe soll es übers Jahr gerechnet mehr erneuerbare Energie erzeugen, als es selbst benötigt. Zudem wurden umweltverträgliche Baustoffe wie Recyclingbeton und eine Dämmung mit nachwachsenden Rohstoffen verwendet. Der Weg zum Ziel wurde in einer Baudokumentation samt Fotos und Videos festgehalten.

modernes Gebäude mit Fassade aus Photovoltaik-Elementen
Erweiterungsbau des Umweltbundesamtes am Hauptsitz Dessau-Roßlau
Quelle: qatsi.tv
 

Nord- und Ostsee: Bisher umfassendste ökologische Bewertung zeigt schlechten Zustand

Zu viel Kunststoff-Müll, zu hohe Nährstoff- und Schadstoffeinträge, Überfischung und dann noch der ⁠Klimawandel⁠ – menschliche Aktivitäten setzen Nord- und Ostsee trotz Schutzbemühungen weiterhin stark zu, wie im Jahr 2023 die bisher umfassendsten Bewertungen des ökologischen Zustands von Ostsee und Nordostatlantik zeigen, an denen auch das ⁠UBA⁠ mitgearbeitet hat. Es bleibt noch viel zu tun, um einen „guten Zustand“ zu erreichen. Dazu hat sich auch Deutschland mit den anderen Anrainerländern im Rahmen des Helsinki-Übereinkommens zum Schutz der Ostsee (HELCOM) und des Oslo-Paris-Übereinkommens zum Schutz des Nordostatlantiks (⁠OSPAR⁠) verpflichtet. Das ⁠UBA⁠ arbeitet weiter an der Erreichung dieses Ziels, insbesondere über die Ergreifung effektiver Maßnahmen, mit.

Ein Bild vom Strand der Insel Helgoland, Robben liegen am Strand
Die sich erholenden Kegelrobbenbestände auf Helgoland sind noch immer vielen Belastungen ausgesetzt.
Quelle: Manuela Krakau / UBA
 

Coronaviren per Abwassermonitoring auf der Spur

Die Corona-Pandemie wurde für beendet erklärt, aber das Coronavirus zirkuliert weiter in der Bevölkerung. Wo genau es wie stark vorkommt und welche Virusvarianten auftreten, kann das ⁠UBA⁠ am Abwasser erkennen. Im Projekt „Abwassermonitoring für die epidemiologische Lagebewertung (AMELAG)“ erhebt es zusammen mit dem Robert Koch-Institut und anderen Partnern die Viruslast von SARS-CoV-2 und anderen Erregern im Abwasser von knapp 170 Kläranlagen deutschlandweit. Die Ergebnisse liefern einen Beitrag, um Maßnahmen für den Gesundheitsschutz abzuleiten und die Politik zu beraten.

 

Weltweiter Fahrplan zum nachhaltigen Umgang mit Chemikalien verabschiedet

Ein Planet frei von Schäden durch Chemikalien und Abfälle – das ist die ehrgeizige Vision des 2023 auf der fünften Internationalen Konferenz zum Chemikalienmanagement (ICCM5) in Bonn vereinbarten „Global Framework on Chemicals“ (GFC). Im GFC sind Regierungen und ⁠Stakeholder⁠ aus allen Sektoren gehalten, zum weltweit nachhaltigen Umgang mit Chemikalien über deren gesamten Lebenszyklus aktiv beizutragen. Dabei sollen sie sich an den fünf strategischen Zielen und 28 Unterzielen (targets) des GFC und den darin aufgeführten Aufgaben und Fristen orientieren. Zu den Zielen zählt, in allen Ländern die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen zum Chemikalien- und Abfallmanagement zu schaffen, Daten verfügbar zu machen, sichere und nachhaltige Alternativen zu Gefahrstoffen und risikoreichen Anwendungen zu nutzen, behördliche Kapazitäten aufzubauen und eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Die meisten Ziele sollen bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden.

Die das GFC beschließende Weltgemeinschaft erkennt die Verschmutzung durch Chemikalien und Abfall ausdrücklich als dritte planetare Umweltkrise an, neben ⁠Klimawandel⁠ und Biodiversitätsverlust. Sie verpflichtet sich zur Umsetzung des GFC.

Fahnen der Konferenz vor dem Konferenzgebäude
Die fünfte Weltchemikalienkonferenz (ICCM5) fand vom 25. bis 29. September 2023 in Bonn statt.
Quelle: Photo by IISD/ENB | Mike Muzurakis
 

UBA warnt vor „Ewigkeitschemikalien“ ⁠PFAS und schlägt EU Beschränkung vor

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (⁠PFAS⁠) sind praktisch, da wasser-, schmutz- und fettabweisend. Deshalb werden sie in den verschiedensten Produkten eingesetzt, zum Beispiel in Outdoor-Kleidung, Pfannen mit Antihaft-Beschichtung oder Nahrungsmittelverpackungen. Die Kehrseite des massiven Gebrauchs: Die Chemikalien sind so stabil, dass sie lange in der Umwelt verbleiben und sich in Nahrungsketten anreichern können. PFAS werden weltweit in Gewässern, Luft und Böden nachgewiesen. Auch im Blutserum von Menschen können sie vorkommen und gesundheitliche Effekte haben.

Das ⁠UBA⁠ legt im Jahr 2023 vier neue Studien zur Belastung der Wasserressourcen vor und schlägt Alarm: Schwer abbaubare und mobile Chemikalien wie PFAS kommen in der Umwelt deutlich häufiger vor, als bislang bekannt. Einmal im Abwasser oder der Umwelt können sie kaum mehr entfernt werden. Das UBA ruft die chemische Industrie deshalb zum sofortigen Handeln auf und reicht zusammen mit weiteren Behörden einen Vorschlag bei der Europäischen Chemikalienagentur ein, den Einsatz von PFAS in der EU einzuschränken.

Ebenfalls 2023 tritt eine Novelle der Trinkwasserverordnung in Kraft, die erstmals die chemische Überwachung des Trinkwassers auf PFAS ausweitet.

 

Mit Sekundenkleber & Kartoffelpüree gegen die Klimakrise?

Schon seit Jahren geht „Fridays for Future“ auf die Straße und hat Einiges in Sachen ⁠Klimaschutz⁠ erreicht. Doch schnell genug geht es noch längst nicht, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Teile der Klimabewegung, wie die „Letzte Generation“, gehen neue Wege. Sie kleben sich auf viel befahrenen Straßen mitten im Berufsverkehr fest, besprühen das Brandenburger Tor in Berlin mit Farbe oder werfen Kartoffelpüree auf Gemälde in Museen. Legitime Protestformen angesichts der immer schneller voranschreitenden Klimakrise oder radikaler Aktivismus, der die Politik erpressen soll? Die Meinungen gehen weit auseinander. Mehrere Landeskriminalämter der Bundesländer gehen 2023 mit einer Razzia unter dem Vorwurf der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ gegen Klimaaktivisten vor. Die Klimabewegung in Deutschland verliert an Rückhalt. Auch die Geschwindigkeit der Politik beim Klimaschutz polarisiert: Den einen geht es viel zu langsam, den anderen zu schnell oder das Thema rückt angesichts anderer Krisen, wie Krieg und Inflation, in den Hintergrund. In einer repräsentativen Befragung junger Menschen von 14 bis 22 Jahren im Auftrag des Umweltbundesamtes und Bundesumweltministeriums im Jahr 2023 glauben 70 Prozent der Befragten, dass radikale Protestformen die Mehrheit der Gesellschaft nicht erreichen.

Gleichzeitig schlagen Klimaforschende weltweit angesichts immer dramatischer Zukunftsszenarien Alarm und die globale Erwärmung schreitet weiter voran: Die globale Durchschnittstemperatur lag 2023 erstmals zwölf Monate lang über 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.